Die Auferstehung des "Weißen Roßes" - Wirtschaftsgeschichte(n) aus Hohenhameln

Das alte Gasthaus in Hohenhameln
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Die "Wirtschaftsgeschichte" des Gasthauses "Zum weißen Roß" in Hohenhameln läßt sich aus alten Rechnungen, Fotos und Werbeartikeln rekonstruieren, die einst ein Entrümpeler auf dem Dachboden und im Keller der ehemaligen Gaststätte mit Kino, Biergarten und Hotel fand. Das passierte vor gut 20 Jahren, als ein Umbau anstand. Die Dokumente füllten einen Kleintransporter und stammten aus den Jahren 1880 bis um 1950. Sie befinden sich zum Teil im Peiner Kreisarchiv, aber viele Stücke landeten auch irgendwo in Privatbesitz, da sich in Hohenhameln niemand ernsthaft dafür interessierte.

Kaffee, Kino, Kohlensäure

Louis Jaenecke, der erste Inhaber der Gaststätte, hatte weitreichende Geschäftsbeziehungen im ganzen Deutschen Reich. Er war vermutlich ein aus Berlin stammender Hugenotte. Um 1900 bestellte er vor allem Kaffee in Unmengen. Der Wirt ging dabei äußerst geschickt vor und ließ sich regelmäßig Gratis-Proben von Röstereien aus Bremen und Hamburg schicken. Das belegen zahlreiche „Dankschreiben“ der Kaffeehandlungen, die nicht nur mit schönen Briefköpfen versehen sind, sondern auch reichlich mit den damals üblichen Höflichkeitsfloskeln ausgeschmückt sind und so um die Gunst des Bestellers buhlen.

"Wirt, 2 Stumpen für den Heimweg, Bitte!"

„Coffee to go“ war um 1900 noch unüblich, aber dafür konnte man im Lokal Zigarren einzeln erwerben und mitnehmen, wie kleine Tütchen für die sogenannten „Stumpen“ beweisen. Offenbar war das Dach des Gasthofes um 1899 etwas marode geworden, denn bei der Ziegelei Könnecker in Hohenhameln musste Material für 6,25 Mark gekauft werden. Auch kuriose Belege finden sich. So kaufte sich Jaenecke 1895 bei „Manufactur- und Modewaaren G. Burgdorf jun.“ eine Fahne. Im selben Geschäft kleideten sich die Wirtsleute auch regelmäßig neu ein. Schon Anfangs des 20. Jahrhunderts wurde aus vier Zapfstellen mit Kohlensäure gekühltes Bier gezapft, wie ein vollständig erhaltenes „Revisionsbuch für eine Bierdruckvorrichtung“ zeigt. Den Durst der Hohenhamelner besänftigte zu dieser Zeit aber nur noch die Witwe Lina Jaenecke als Wirtin, ihr Gatte Louis war schon einige Jahre zuvor verstorben.

Spurensuche

Die Spur der Jaeneckes verliert sich in Clauen. Auf dem dortigen Friedhof ist ein Verwandter mit dem sehr seltenen Nachnamen beerdigt worden. Der historische Grabstein wurde erst kürzlich entsorgt. Nach einem Brand wurde dann am 20. Dezember 1911 das Gasthaus "Zum weißen Roß" offiziell eröffnet. 3 Jahre später, im Ersten Weltkrieg, war der Saal ein Heimat-Lazarett mit 40 Betten (Foto). Unter dem Inhaber Carl Hoffmann wurde aus der Gaststätte auch ein Hotel. Das Haus war damals äußerst modern, hatte einen Kaffee-Garten (Foto) und eine Kegelbahn.

Tankstelle - Poststelle

Um vom stets zunehmenden Automobil-Verkehr zu profitieren, wurde ab 1928 auch eine Shell-Tankstelle betrieben, die ein altes Film-Plakat des "Lichtspiel-Theaters Hohenhameln" bewirbt (Foto). Im großen Saal war am Wochenende Kino-Unterhaltung angesagt: 6 Reichsmark kostete immerhin ein Leih-Film im Jahr 1940 – so steht es auf der Rechnung des „Film-Kuriers“ aus Berlin-Wilmersdorf.
Zu dieser Zeit war Hoffman bereits einige Jahre Kunde der Brauerei Langkopf aus Peine, wie Lieferscheine belegen, seine Brötchen bezog er beim Bäcker und Konditor Heinrich Grote aus Hohenhameln. Beliebt war auch der sogenannte „Rheinwein“, der wurde jedoch kräftig besteuert und natürlich Bier!

"Es werde Licht !"

1938 expandierte der Betrieb und der Hohenhamelner Klempnermeister Ernst Steinwachs verlegte eine Bierleitung auch in den Saal, was stolze 22,85 Mark kostete. Gleichzeitig beschaffte sich Hoffmann eine elektrische Türklingel bei Heinrich Meisoll in Hohenhameln, der auch gleich schöne, helle 100-Watt-Glüh-Birnen lieferte. Auch die Poststelle Hohenhameln befand sich einige Zeit dort. Später, als das Gasthaus längst geschlossen hatte, kaufte die Gemeinde den Saal und baute ihn zum Dorfgemeinschaftshaus um, das ist nun auch schon 20 Jahre her.

Und Heute ?

Jetzt ist das Gebäude ein modernes Gesundheitszentrum mit Apotheke. In den ehemaligen Hotelzimmern hat ein Zahnarzt seine Praxis, und der Projektorraum des früheren Landkinos ist nun eine Toilette.

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