Zecken-Gefahr im heimischen Garten

Gartensaison ist auch Zeckensaison. Wenn die Sommersonne zu Hacke und Spaten lockt, sind Zecken nicht weit. Die Blutsauger machen sich überall dort auf Nahrungssuche, wo langes Gras und Büsche wachsen – auch im heimischen Garten.

Das hat eine Studie (1) der Universität Hohenheim bestätigt, welche die Zeckengefahr in Gärten im Großraum Stuttgart untersucht hat. Ein Zeckenstich kann Erkrankungen wie Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder Borreliose übertragen. Wer einer Erkrankung zuverlässig vorbeugen möchte, sollte sich gegen FSME impfen lassen.

Ob ein Grundstück gepflegt oder naturbelassen ist, macht keinen Unterschied. "Gartenbesucher sollten sich nach einem Gartenaufenthalt auf Zecken absuchen und vor allem in Süd- und Mitteldeutschland auch impfen lassen", rät Parasitologin Prof. Dr. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim. In Deutschland besteht ein Risiko für eine FSME-Infektion hauptsächlich in Baden-Württemberg, Bayern, Südhessen und im südöstlichen Thüringen. Zudem gibt es einzelne Risikogebiete in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, und seit 2014 auch in Sachsen. (2)

Zecken legen über andere Tiere weite Strecken zurück

Ein Grund für die Verbreitung der Zecken in Gärten sind vermutlich Wild- und Haustiere sowie Vögel. Zecken heften sich zum Beispiel an Rehe und Füchse und legen so weite Strecken zurück. Je näher ein Grundstück am Wald liegt, desto mehr Zecken gibt es. Aber auch in 500 Meter vom Wald entfernten Gärten sind noch viele Zecken zu finden, etwa 20 Prozent des Zeckenanteils von Waldrandgrundstücken. Gärten ohne Unterholz mit kurzem Rasen haben zwar weniger Zecken, sind aber auch nicht zeckenfrei.

Auch, wenn sich der Mythos hartnäckig hält: Zecken klettern nicht auf Bäume, um sich von dort herabfallen zu lassen. Sie werden von Gräsern oder Büschen ganz unbemerkt abgestreift. Eine erwachsene Zecke kann dabei bis auf eine Höhe von 1,50 Meter gelangen. (3) Deswegen sollten Hobbygärtner bei Arbeiten im eigenen Grün stets geschlossene Kleidung sowie Handschuhe tragen und sich nach jedem Aufenthalt im Freien gründlich absuchen. Eine FSME-Impfung ersetzen diese Schutzmaßnahmen allerdings nicht, denn das Virus wird sofort beim Stich der Zecke übertragen. (4,5)

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt allen Personen, die in FSME-Risikogebieten wohnen oder Urlaub machen, einer FSME-Erkrankung durch einen entsprechenden Impfschutz vorzubeugen. (6) Personen, die in Risikogebieten wohnen oder Aufenthalte und Reisen in FSME-Gebiete in Deutschland planen, haben bei den gesetzlichen Krankenkassen einen Anspruch auf Kostenerstattung der FSME-Impfung.

Wie hoch können Zecken klettern?

Es ist ein Mythos, der sich hartnäckig hält: Zecken klettern auf Bäume, um sich von dort auf Menschen und Tiere herabfallen zu lassen. Das stimmt nicht. Tatsächlich werden Zecken von Gräsern oder Büschen unbemerkt abgestreift, wo sie in der Lauerstellung auf einen Wirt warten. (7) Dieses Warten wird auch als "Questing" bezeichnet. Doch woher weiß das von Natur aus blinde Spinnentier, wann es sich auf der "richtigen" Questinghöhe befindet? Dieser Frage ist das Forscherteam um Dr. Hans Dautel von "Insect Services" in Berlin nachgegangen. (8) In Glaszylindern mit Holzstäben, die die Zecken erklimmen mussten, haben die Forscher das Verhalten der Spinnentiere untersucht.

Oft sitzen Zecken Tage oder Wochen unbeweglich an einer Stelle. Trotzdem sind sie aktiv und scannen ihre Umgebung auf Wirtstiere, welche sie am Geruch oder der Körperwärme erkennen. Bemerkt die Zecke einen Wirt, streckt sie das erste Beinpaar mit den Geruchsorganen wie Fühler nach vorne und wartet darauf, sich abstreifen zu lassen. (9)

In freier Natur krabbeln Zecken in Höhen zwischen 40 und 80 Zentimeter

Erwachsene Zecken finden sich vor allem in Höhen von 40 bis 80 Zentimeter; selten in Höhen von 80 bis 130 Zentimeter. (10) Frühere Studien (11) haben gezeigt, dass sie in der Regel einen Grashalm bis zur Spitze hochklettern, wo sie nach einigem Hin- und Herklettern Stellung beziehen. Dr. Dautel und sein Team haben nun untersucht, ob dies auch der Fall ist, wenn die "Vegetation" deutlich höher ist als die bevorzugte Questinghöhe der Zecken – in diesem Fall eine Arena aus Holzstäben. Zudem stellte sich die Frage, woran die Zecke erkennt, in welcher Höhe sie sich befindet und ob die relative Luftfeuchtigkeit sowie der CO2-Gehalt der Luft die Kletter-Höhe der Zecken beeinflussen.

Keine einzige Zecke begab sich im Rahmen der Untersuchung an der Spitze der Stäbe in 2 Metern Höhe in Lauerstellung. In einzelnen Fällen wurden Zecken in einer Höhe von mehr als 150 Zentimeter beobachtet, darunter zwei Weibchen und zwei Männchen, die einmalig auf 184 beziehungsweise 200 Zentimeter Höhe angetroffen wurden. Die Mehrzahl der Zecken hatte ihre Questingposition gefunden, ohne bis zur Stabspitze zu klettern.

Bei anhaltend hoher Luftfeuchtigkeit über 80 Prozent steigerten die Zecken ihre Höhe. Bei einer niedrigeren Konzentration von unter 60 Prozent bewegten sie sich nach unten. Da Zecken in der freien Natur bei anhaltend niedriger Luftfeuchtigkeit dehydrieren, klettern sie nach unten, um die feuchte Laubstreuschicht aufzusuchen.

Erhöhter CO2-Gehalt lässt Zecken rascher nach oben klettern

War der CO2-Gehalt erhöht, reagierten die erwachsenen Zecken rasch und kletterten weiter nach oben. Ein Männchen hielt sich für mindestens 24 Stunden auf einer Höhe von 184 bis 188 Zentimeter auf. Die Anzahl aktiver Zecken und auch die Questinghöhe waren mit erhöhtem CO2-Gehalt deutlich größer als im Versuch mit erhöhter Luftfeuchtigkeit.

Laut den Forschern ist CO2 möglicherweise ein starker Stimulus für Zecken. Entweder, weil es eine Dehydrierung "überdecken" oder den Zecken Informationen über ihre Höhe geben kann. Dies wäre nach Angaben der Forscher denkbar, da auch in freier Natur vom Waldboden CO2 produziert wird. Alternativ wäre möglich, dass die Zecke bei einer konstanten Laufgeschwindigkeit entweder die Zeit "misst" oder aber ihre Schritte "zählt", um eine Information über die erreichte Höhe zu erhalten.

In allen Versuchen zeigte sich, dass ein Großteil der Zecken in den Dunkelphasen ihre Position wechselte. Dies spricht dafür, dass Zecken überwiegend nachts laufaktiv sind und ihre Questingposition suchen. Denn nachts ist die Luftfeuchtigkeit generell höher als am Tag.

Quellen:
(1) Universität Hohenheim: Zecken im Garten: Studie belegt Zeckenaktivität auch auf waldfernen Grundstücken. 24.03.2015.
(2) Epidemiologisches Bulletin: FSME: Risikogebiete in Deutschland, 14. April 2014 / Nr. 15, Robert Koch-Institut.
(3) Dobler, Gerhard. Alles, was Sie zur FSME wissen müssen. MMW-Fortschr. Med. Nr. 12 / 2010.44-47.
(4) Hügli D., Moret J., Rais O., Moosmann Y., Erard P.,Malinverni R., Gern L., 2009. Tick bites in a Lyme borreliosis highly endemic area in Switzerland. Int J of Med Microbiol;299(2): 155-160.
(5) Süß J., Zecken: Was man über FSME und Borreliose wissen muss. Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen/München 2007. S. 27.
(6) Epidemiologisches Bulletin: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut, 25. August 2014 / Nr. 34.
(7) Dobler, Gerhard. Alles, was Sie zur FSME wissen müssen. MMW-Fortschr. Med. Nr. 12 / 2010.44-47.
(8) IS Insect Services GmbH, Dr. Hans Dautel: Untersuchung der Questing-Höhe von Ixodes ricinus Zecken unter Variation der relativen Luftfeuchte und des CO2-Gehalts. Berlin, 2014.
(9) Medlock, J.M. et al. Driving forces for changes in geographical distribution of Ixodes ricinus ticks in Europe. Parasites & Vectors 6:1.
(10) Mejlon, H.A., Jaenson, T.G.T. 1997. Questing behaviour of Ixodes ricinus ticks (Acari:
Ixodidae). Exp Appl Acarol 21, 747-754.
(11) Lees, A.D. 1946. The water balance in Ixodes ricinus L. and certain other species of ticks.
Parasitol 37, 1-20.

Bürgerreporter:in:

Christian Gruber aus Dortmund

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