Haushaltshilfen in Zwangsarbeit?

Mit unserer Anna und meiner Cousine Gisela, zwei Wochen jünger als ich, in unserem herbstlichen Garten.
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Das Geburtsjahr meines Bruders zu Kriegszeiten war nicht gerade angenehm verlaufen. Soweit sie nicht zu alt zum Kriegsdienst waren oder unabkömmlich gestellt, ihren zivilen Beruf weiter ausüben konnten, waren die Männer an der Front. Die meist noch jungen Frauen versorgten Familie, Haus und auf dem Land auch den Hof. Und obwohl die Familien - auch im weiteren Sinne, einschließlich der Onkel und Tanten, der Cousins und Cousinen - sehr viel engere Beziehungen pflegten als das heute der Fall ist und sich gegenseitig unterstützten, wurde das Fehlen der Abwesenden täglich bewusst.

In solch einer Situation wird der Tod eines daheim lebenden Familienangehörigen vielleicht noch schmerzlicher empfunden als zu Friedenszeiten. Am 04.04. starb meine Uroma mütterlicherseits, die mit im Haus gewohnt hatte, nach einem Oberschenkelhalsbruch; das war damals so gut wie gar nicht kurierbar. Am 07.07. war das Leben ihres Sohnes, meines Opas, beendet. Ihn raffte der Krebs dahin. Am 09.10. schließlich wurde mein Bruder geboren. Endlich ein positives Ereignis.

Zur Unterstützung der jungen Mütter im Haushalt wurden damals Hilfen gestellt, die einerseits behilflich sein sollten, wo es nötig war und andererseits ihre Ausbildung im Haushalt vervollkommnen konnten. Wir teilten uns eine solche Hilfe aus Polen, unsere Anna, mit einer Cousine meiner Mutter, die auch gerade ihr zweites Kind bekommen hatte. Auch unsere befreundete Nachbarin hatte eine entsprechende Hilfe, die ebenfalls in Teilzeit in ihrem Haushalt beschäftigt war.

Eines Tages war der Hilfsdienst der Haushaltshilfen dann beendet. Sie kamen nicht mehr. Ich habe mich schon als Kind oft gefragt, was wohl aus ihnen geworden sei und wie sie das Kriegsende wohl überstanden haben. Sind sie auch geflüchtet? Wurden sie in den Kämpfen der heran nahenden Front getötet? Wurden sie als "Kollaborateure" behandelt oder einfach nach Hause geschickt?

Die Schicksale sind genauso ungeklärt wie die Umstände ihres Arbeitseinsatzes in Deutschland. Heute spricht man gerne pauschal von Zwangsarbeit.

Mit unserer Anna und meiner Cousine Gisela, zwei Wochen jünger als ich, in unserem herbstlichen Garten.
Mit der polnischen Haushaltshilfe unserer Nachbarn und dem einjährigen Nachbarsjungen vor deren Haus (mit dem Spalier). Leider habe ich selbst auf dem Bild die Nase verloren.
Bürgerreporter:in:

Peter Perrey aus Neustadt am Rübenberge

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