Die Aktionsgemeinschaft Neusäß hat das Geschehen in Neusäß maßgeblich geprägt - Interview mit Helmut Dotterweich von der Aktionsgemeinschaft Neusäß

Helmut Dotterweich, Inhaber von Augenoptik Dotterweich und 2. Vorstand der Aktionsgemeinschaft Neusäß | Foto: Helmut Dotterweich
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Die Aktionsgemeinschaft Neusäß (AN) hat es sich zum Ziel gesetzt, die Attraktivität von Neusäß zu steigern. Über das Jahr 2014 führte mh bayern ein Interview mit dem zweiten Vorstand Helmut Dotterweich.

mh bayern: Die Aktionsgemeinschaft Neusäß feierte 2014 ihr 30-jähriges Jubiläum. Was konnten Sie in dieser Zeit für Neusäß erreichen?

Helmut Dotterweich: Die AN hat sich innerhalb der letzten 30 Jahre aus einer kleinen Schar von Geschäftsleuten an der Hauptstraße zu einer bedeutenden Institution entwickelt, die das kulturelle Geschehen in Neusäß maßgeblich mit geprägt hat. Sicherlich sind sowohl der Weihnachtsmarkt als auch das Stadtfest mit die bekanntesten Veranstaltungen, die die AN Neusäß mit der Stadt zusammen ins Leben gerufen hat. Aber die vielen kleinen Aktionen, deren Aufzählung diesen Rahmen sprengen würde, sind auch unter der Schirmherrschaft der AN entstanden.

mh bayern: Im September veranstalteten Sie zum ersten Mal den Markt der Möglichkeiten. Ist Ihr Konzept aufgegangen und darf man sich auf einen weiteren Markt im nächsten Jahr freuen?

Helmut Dotterweich: Der Erfolg dieser Veranstaltung hat unsere Vorstellungen bei weitem übertroffen. Sicherlich war ein Grund das breit gefächerte Angebot, angefangen vom kulinarischen Bereich bis über vielseitige Präsentationen und Aktionen der teilnehmenden Firmen. Ein entscheidender Punkt war auch eine über den ganzen Tag andauernde Moderation und Animation, die von der Eventagentur Hartmann organisiert wurde. Der Erfolg war so groß, dass sich Firmen, die dieses Mal nur als Besucher anwesend waren, spontan für das nächste Jahr angemeldet haben. Wir hoffen, dass bei dieser großen Akzeptanz die Lokalität ausreichen wird.

mh bayern: Leerstände sind unattraktiv und auch in Neusäß ein Thema. Obwohl es genügend Anfragen dafür gibt, können die leeren Ladenflächen oftmals nicht vermietet werden. Wo liegt aus Ihrer Sicht das Problem und haben Sie auch einen Lösungsansatz parat? Welche Geschäfte vermissen die Neusässer und könnten für mehr Kundschaft im Zentrum sorgen?

Helmut Dotterweich: Natürlich sind Leerstände - egal an welchem Ort - eine unattraktive Angelegenheit. Auf der anderen Seite ist es den Vermietern nicht zu verdenken, dass sie bei der Auswahl der Branchen oftmals auf bestehende Konkurrenzsituationen Rücksicht nehmen bzw. sich die Vorstellung der Vertragsparteien nicht vereinbaren lassen. Die Geschäfte, die in Neusäß vermisst werden, sind oftmals so speziell, dass sie sich für einen Betreiber nicht rechnen.

mh bayern: Kritik an der Attraktivität des Neusässer Zentrums ist immer wieder zu hören. Die einen beklagen den Lärm in der Hauptstraße und wünschen sich eine Verkehrsberuhigung, die anderen sprechen generell von einer mangelnden Aufenthaltsqualität. Was sollte aus Ihrer Sicht geändert werden?

Helmut Dotterweich: Meines Wissens hält sich die Anzahl der Gegner und Befürworter dieser eben beschriebenen Problematik die Waage. Zu verstehen sind beide Seiten, aber eine Belebung eines Stadtzentrums ohne Quellverkehr und ohne Geschäfte und dem damit verbundenem kulturellen Leben bringt nun mal eine gewisse Verkehrsbelastung mit sich. Wir sollten doch froh sein, dass viele unsere Stadt so attraktiv finden, dass sie ihre Einkäufe und Erledigungen dort machen und nicht woanders.

mh bayern: Nach wie vor treibt die Stadt Neusäß die Stadtmitteentwicklung voran. Ist man aus Sicht des Einzelhandels auf dem richtigen Weg, um die vorher geschilderten Probleme zu lösen?

Helmut Dotterweich: Das Bestreben der Stadt Neusäß ist es immer schon gewesen, den Einzelhandel zu stärken und die Wege dafür zu ebnen. Es obliegt aber nicht einer Stadt Investitionen zu erzwingen und so wird sich ein Einzelhandel nur vergrößern können, wenn auch die Konsumenten bereit sind, das erweiterte Angebot anzunehmen und die Existenzgrundlage der Händler damit dauerhaft zu sichern.

mh bayern: Neusäß ist mit seinen acht Ortsteilen recht zerstückelt. Welche Rolle spielt der öffentliche Nahverkehr, um das Zentrum in Alt-Neusäß zu verstärken? Kommen Ihre Kunden aus allen Neusässer Ortsteilen zu Ihnen? Auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung ist dieser Aspekt sicherlich nicht unerheblich.

Helmut Dotterweich: Der öffentliche Nahverkehr wird bedauerlichweise überregional gesteuert und somit hat die Stadt Neusäß wenig Einfluss auf eine in ihren Augen optimierte Verbindung zwischen den einzelnen Stadtteilen. Natürlich spielt die Wirtschaftlichkeit in diesem Falle eine wesentliche Rolle und wird bedauerlicherweise einer demographischen Entwicklung vorgezogen. Dank der optimalen Parkmöglichkeiten in Neusäß finden die Kunden, die aus den verschiedenen Stadtteilen kommen, immer eine Parktmöglichkeit vor den Geschäften ihrer Wahl.

mh bayern: Neusäß arbeitet an seiner Seniorenfreundlichkeit und die Stadt hat bereits einiges auf den Weg gebracht, zum Beispiel wurden die Bordsteine abgesenkt. Darüber dürfte sich auch der Einzelhandel freuen. Was wird von Seiten der AN getan, um gerade älteren Bürgern den Einkauf zu erleichtern?

Helmut Dotterweich: Die AN begrüßt das Projekt sozialer Fahrdienst, der vom Freiwilligenzentrum Neusäß organisiert wird. Die Einzelhändler der AN Neusäß erleichtern ihren Senioren durch die barrierefreien Zugänge und Parkmöglichkeiten bzw. die kurzen Laufwege das Erledigen ihrer Einkäufe. Manche Einzelhändler bieten Lieferungen nach Hause an bzw. führen telefonische Bestellungen aus.

mh bayern: Nach längeren Diskussionen steht nun fest, dass im Gewerbegebiet nördlich der Entlastungsstraße eine 24-Stunden-Tankstelle mit integriertem Shop- und Gastronomiebereich gebaut wird. Das einstige Argument, dass damit dem Einzelhandel zu viel Kunden verloren gehen könnten, wurde mittels eines Gutachtens entkräftet. Man sprach von einer Verschiebung von drei Prozent. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis?

Helmut Dotterweich: Eine Bewertung dieser Sachlage im Vorfeld wäre reine Spekulation. Ein Gutachten kann je nach Art der Fragestellung und der dabei berücksichtigten Fakten, die in das Ergebnis einfließen, immer von der späteren Realität abweichen. Dieses gilt es abzuwarten.

mh bayern: Internet-Shopping ist seit Jahren beliebt und ein Feind des Einzelhandels. Warum lohnt es sich dennoch, in Neusäß einzukaufen? Tragen Aktionen wie „Lass den Klick in deiner Stadt!“ zum Umdenken bei den Kunden bei?

Helmut Dotterweich: Das Internet ist aus unserem Geschäftsleben nicht mehr wegzudenken. Viele Kunden informieren sich vorab, um sich dann in den entsprechenden Fachgeschäften weiter beraten zu lassen. Sicherlich ist es verführerisch, danach die Ware anonym im Netz zu kaufen, nur bleiben Service und Reklamationen weitestgehend auf der Strecke. Wer schon mal über Reklamationsplattformen einen Kauf regulieren musste, ist oftmals davon geheilt.

mh bayern: Das Einkaufsverhalten hat sich geändert: Der Einzelhandel muss mit dem Internet konkurrieren, gerade junge Leute nutzen Apps, um Angebot zu vergleichen, gleichzeitig steigt die Zahl der Senioren. Außerdem geht der Trend zum Teilen und Tauschen. Wie begegnet die Aktionsgemeinschaft dem?

Helmut Dotterweich: Das Vergleichen von Angeboten im Internet ist sicherlich eine hilfreiche Sache. Nur muss man dabei beachten, dass oftmals der Vergleich „Apfel mit Birne“ stattfindet. In vielen Fällen ist bei der Formulierung der Angebote nicht alles erwähnt bzw. werden preisverzerrende Details nicht immer offen deklariert. Die steigende Zahl unserer Senioren hat mit dem Internet relativ wenig zu tun - es ist die demographische Entwicklung unseres Landes.

mh bayern: Was halten Sie vom Konzept der „netten Toilette“, das bereits in Aichach und Friedberg umgesetzt wird?

Helmut Dotterweich: In einer Stadt wie Neusäß obliegt es der Stadtverwaltung für öffentliche Bedürfnisanstalten zu sorgen und nicht dem Einzelhandel. Es steht außer Frage, dass Kunden während einem Einkauf in einem Geschäft die Toilette benutzen können, diese aber öffentlich auszuweisen wird nicht mal in Großstädten praktiziert.

mh bayern: Welche Pläne hat die Aktionsgemeinschaft für das kommende Jahr?

Helmut Dotterweich: Die Aktionen für das Jahr 2015 werden auf der Versammlung im Januar 2015 durch die Vorstände geplant und abgesprochen. Lassen Sie doch bitte den Überraschungseffekt auf unserer Seite.

mh bayern: Besten Dank für das Interview!

myheimat-Team:

Tanja Wurster aus Augsburg

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