Netzwerk des Todes - Rezension

Buchcover: Netzwerk des Todes | Foto: © Heyne Verlag
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„Die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie und Behörden“ lautet der Untertitel des Heyne-Titels „Netzwerk des Todes“. Genau diese Machenschaften in Deutschland decken die Autoren Jürgen Grässlin, Daniel Harrich und Danuta Harrich-Zandberg auf. Im Fokus des Recherche intensiven Enthüllungsbuches stehen die Sturmgewehre von Heckler & Koch.

Wer den Spielfilm „Meister des Todes“ und die Doku „Tödliche Exporte: Wie das G36 nach Mexiko kam“ von Daniel Harrich gesehen hat, kennt im Prinzip schon den wesentlichen Inhalt von „Netzwerk des Todes“. Diesen eigentlich illegalen Waffenhandel zwischen Heckler & Koch und Mexiko, der sich über mehrjährige Lieferungen erstreckt, zeichnen die Autoren chronologisch auf. Bei drei konkreten G36-Gewehren beschreiben sie anhand der Seriennummer, Akten und der mexikanischen Polizeiprotokollen sogar konkret, welchen Weg diese Waffe gegangen ist und wer damit wen getötet hat.

Deutsche Behörden schauen weg
Das Trio arbeitet Fälle auf, die in die Hände der Staatsanwaltschaft gehören, wo sie inzwischen aufgrund von Strafanzeigen durch Rüstungsgegner Jürgen Grässlin auch gelandet sind. Eine interessante und unrühmliche Rolle bei den Waffendeals zwischen Mexiko und Heckler & Koch spielen die Wirtschaftspolitik sowie zahlreiche Bundesbehörden. Neben dem Bundeswirtschaftsministerium sind dies das Bundesverteidigungsministerium, das Auswärtige Amt mit unterschiedlichen Referaten sowie das für die Ausfuhrkontrolle zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Kontrolliert wird den Kenntnissen der Autoren zufolge übrigens nicht wirklich, was auch sehr plausibel klingt.

In Schutz genommen wird bzw. wurde das Unternehmen dabei den Ausführungen von „Netzwerk des Todes“ zufolge immer wieder von CDU-Mann Volker Kauder und Ernst Burgbacher (FDP, damals Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium), in deren Wahlkreis Rottweil Heckler & Koch zu den wichtigsten Arbeitgebern gehört. Nach Korruption riecht es, wenn das Unternehmen deren Parteien zu strategisch günstigen Zeitpunkten Spenden zukommen ließ, die knapp unter der Veröffentlichungsgrenze lagen.

Heikel: Bundeswehr-Gewehre untauglich?
Heckler & Koch ist auch Ausrüster der Bundeswehr. Da das G36 nicht deren Qualitätsansprüchen genügt, müsste der Hersteller in Regress genommen werden. Stattdessen bestellt die Bundeswehr weitere Waffen desselben Typs nach. Die Vorwürfe der Autoren, die sich auf Beweismittel auch aus Militärkreisen stützten, lauten Untreue, Betrug und Gefährdung des Lebens von Soldaten.

Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen beleuchten die drei Autoren in „Netzwerk des Todes“. Niemals beliefert werden dürfen hätte übrigens das Bürgerkriegsland Kolumbien. Doch sowohl Pistolen von Carl Walther als auch Kleinwaffen von Sig Sauer zählen im südamerikanischen Staat zu den beliebtesten Schießeisen. Aktuell liefern deutsche Rüstungsunternehmen Schusswaffen in Länder wie Brasilien (Olympische Spiele 2016), Katar (Fußball-WM 2022) und Algerien. Alles sogenannte „Drittstaaten“ (Länder außerhalb der NATO / EU), in denen die stark ausbaufähige Menschenrechtssituation einen Waffenhandel gemäß deutschen und europäischen Richtlinien nicht erlaubt.

Was ist „Netzwerk des Todes“ für ein Buch?
„Netzwerk des Todes“ ist in Buch, das Bezug auf die Dokus „Tödliche Exporte“ und „Waffen für die Welt – Export außer Kontrolle“ sowie den sehr realitätsnahen Spielfilm „Meister des Todes“ nimmt und dort detailliertere Informationen packt, als in einer halbstündigen TV-Dokumentation oder einem Spielfilm verarbeitet werden können. Ein Buch, das nur bedingt spannend geschrieben, gewöhnungsbedürftig strukturiert ist und das ohne Redundanzen auch etwas dünner sein könnte. Aber auf jeden Fall ein Buch mit brisantem und gründlich recherchiertem Inhalt. Ein Buch, das die Macht der deutschen Waffenindustrie belegt.

Titel: Netzwerk des Todes
Autoren: Jürgen Grässlin, Daniel Harrich, Danuta Harrich-Zandberg
Verlag: Heyne
Infos: Paperback, Klappenbroschur, 384 Seiten, 13,5 x 20,6 cm, 80 s/w Abbildungen, erschienen am 28. September 2015
ISBN: 978-3-453-20109-5

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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