Interview mit dem 1. Bürgermeister von Neusäß, Herrn Richard Greiner

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Meine Frage: Sie sind ja nun seit Anfang Mai 1. Bürgermeister der Stadt Neusäß und damit für das Wohl der Stadt verantwortlich. Wie war der Start für Sie und den Stadtrat?

Bgm. R. Greiner: Da ich seit 9. Oktober stellvertretend die Amtsgeschäfte geführt habe, handelte es sich für mich um keinen wirklichen „Neustart“. Es war eher ein gelungener, reibungsloser Übergang von der alten in die jetzt anlaufende neue Wahlperiode. Ein echter Start war es aber für unsere zehn neuen Ratsmitglieder. Um ihnen dabei zu helfen, sich schnell in ihre Rolle einzugewöhnen und rasch auf den gleichen Informationsstand zu kommen, wie ihn die Stadträte haben, die dem Stadtrat bereits in den vergangenen Jahren angehörten, werde ich die neuen Kolleginnen und Kollegen am 6./7. Juni zu einer Wochenendklausur einladen, in welcher sie in ihre neue Aufgabe eingeführt werden.

Meine Frage:
Von Ulrich Englaender wurden Sie in der konstituierenden Sitzung am 6. Mai vereidigt. Welche Position hat Ulrich Englaender? Wie lautet dieser Eid?

Bgm. R. Greiner: In der konstituierenden Sitzung nimmt entsprechend der Vorgabe des kommunalen Wahlbeamtengesetzes das älteste Stadtratsratsmitglied den Diensteid des Bürgermeisters ab. Im Falle des Neusäßer Stadtrates oblag diese Aufgabe dem Kollegen Ulrich Englaender. Die Eidesformel lautet: „Ich schwöre Treue dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Bayern. Ich schwöre, den Gesetzen gehorsam zu sein und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen. Ich schwöre, die Rechte der Selbstverwaltung zu wahren und ihren Pflichten nachzukommen, so wahr mir Gott helfe.“

Meine Frage: Konnten Sie schon erste eigene Akzente setzen?

Bgm. R. Greiner: In den vergangenen Monaten ging es vor allem darum, die laufenden Geschäfte und Planungen weiter zu führen und ich denke, das hat gut geklappt. Zusätzlich habe ich das Thema schnelles Internet vorangetrieben: Für acht Unternehmen im Zentrum von Neusäß konnte über unsere Wirtschaftsförderung ein Glasfaserkabelhausanschluss durch ein örtliches Telekommunikationsunternehmen vermittelt werden, sodass hier bereits seit Jahresanfang Bandbreiten von 50 Mbit zur Verfügung stehen. Auch unsere Stadtverwaltung profitiert davon, denn das Rathaus wurde vor wenigen Tagen ebenfalls angebunden.
Darüber hinaus ergaben diverse Gespräche mit der Deutschen Telekom in den letzten Monaten, dass noch 2014 in sieben von acht Stadtteilen Glasfaserkabel verlegt wird, sodass hier ebenfalls ab Anfang 2015 eine Versorgung mit schnellem Internet gegeben sein wird. Die städtischen Genehmigungen für die Arbeiten im öffentlichen Straßenraum wurden inzwischen erteilt, sodass die Arbeiten laut Telekom im Sommer beginnen können. Fehlt noch der Stadtteil Schlipsheim: In mehreren Gesprächen wurde uns erklärt, dass ein Glasfaserkabelausbau für das Unternehmen unwirtschaftlich und deshalb nicht vorgesehen sei. Das müssen wir so hinnehmen, wir suchen aber alternative Lösungen und bereiten den entsprechenden Förderantrag vor, damit auch in diesem achten Stadtteil so schnell wie möglich eine Versorgung mit schnellem Internet gewährleistet werden kann.

Meine Frage: Senioren in Neusäß sind auch ein wichtiges Thema für Sie, haben Sie schon genauere Vorstellungen, welche Angebote es speziell für demente Senioren und deren Angehörige geben soll?

Bgm. R. Greiner: Hier werden wir die Angebote unseres „Demenzprojektes“, die ja besonders auf die Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen ausgerichtet sind, weiter verbessern. Ein Beispiel: Zuletzt konnten die ehrenamtlich engagierten Absolventen eines Kurses zur Betreuung von demenzkranken Patienten in Zusammenarbeit mit einer Gesundheitsberaterin und dem Freiwilligen-Zentrum Neusäß ihre Zertifikate erhalten und werden nun über das Freiwilligen-Zentrum vermittelt. So soll es den Angehörigen ermöglicht werden, Besorgungen zu erledigen oder auch einmal in Ruhe ein Konzert, Theater oder Restaurant besuchen zu können und den Patienten in guten Händen zu wissen.
Im Bereich Seniorenwohnanlagen und Pflegeheime haben wir in Neusäß bereits eine sehr gute Infrastruktur, es fehlen aber noch Pflegeplätze speziell für demenziell erkrankte Menschen. Mit dem Anbau einer gerontopsychiatrischen Abteilung in einem Pflegeheim wollen wir diese Versorgungslücke schließen. Wir haben mit den Planungen für das Bauvorhaben jetzt begonnen und ich hoffe, dass wir die Maßnahme im nächsten Jahr umsetzen können.

Meine Frage: Aber auch andere Senioren benötigen Hilfe und Unterstützung z.B. bei Behördengängen etc., wird das auch berücksichtigt?

Bgm. R. Greiner: Hier bauen wir weiter auf das Thema Vernetzung der Menschen und Förderung gegenseitiger Unterstützung. Die Stadt lädt regelmäßig zu Seniorenveranstaltungen ein, bei denen unsere Bürger Kontakte knüpfen oder wieder auffrischen können.
Wertvolle Arbeit leisten unsere „Pflegepartner“. Das Projekt besteht aus ehrenamtlich tätigen Mitbürgern, die kostenlose Besuche in Privatwohnungen, in Seniorenheimen und im betreuten Wohnen in Neusäß anbieten. Die Freiwilligen begleiten bei Spaziergängen, nehmen Aufsichten wahr, erledigen Besorgungen, machen kleine Handreichungen, lesen vor oder unterhalten hilfsbedürftige Menschen.
Schließlich: Im Wahlkampf haben wir angekündigt, einen Seniorenbeirat aufbauen zu wollen, in welchem die ältere Generation ihre Anliegen und Anregungen vorbringen kann. Um hier rasch voranzukommen, habe ich bereits am 14. Mai unseren „Sozialen runden Tisch“ eingeladen, über erste Vorstellungen zur Zusammensetzung und Aufgabe des neuen Gremiums zu sprechen. Ich bin zuversichtlich, dass wir nach weiteren ein, zwei Treffen die nötigen Eckpunkte definiert haben werden, damit der Seniorenbeirat gegründet werden und seine Arbeit aufnehmen kann.

Jetzt einige persönliche Fragen, die nichts mit Politik zu tun haben:

Meine Frage: Was erinnert Sie an Ihre Jugend?

Bgm. R. Greiner: Es war eine unbeschwerte, fröhliche Zeit, auch in der Schule. Im Winter spielten wir Eishockey auf dem Thalersee, der damals noch regelmäßig gefroren war. Im Sommer war zweimal die Woche Fußballtraining, einige Mitspieler treffe ich heute noch regelmäßig. Ende der Achtziger habe ich dann begonnen, Interrailfahrten mit dem Fahrrad im Gepäck quer durch Europa zu machen, das waren unvergessliche Erfahrungen wie auch die Ministrantenausflüge, z. B. nach Assisi.

Meine Frage: Welchem Fußballverein drücken Sie die Daumen?

Bgm. R. Greiner: Dem FCA und dem FC Bayern München.

Meine Frage: Sie haben immer wieder auch Beiträge zur Neusäßer Geschichte geschrieben?

Eher kleinere Beiträge zu jeweils aktuellen Jubiläen, zuletzt für unsere Chronik „25 Jahre Stadt Neusäß“.

Meine Frage: Ihre Hobbys?

Bgm. R. Greiner: Zur wirklich regelmäßigen Ausübung von Hobbys fehlt mir momentan einfach die Zeit, aber es gibt natürlich Dinge, die ich besonders gerne tue, z. B. Bergsteigen, Skifahren, Joggen; Bücher lesen, vor allem über Geschichte und Kultur; Reisen und andere Städte und Regionen sehen. Und im Sommer auch einfach mal mit Familie oder Freunden in einen Biergarten gehen.

Meine Frage::Spielen Sie auch ein Musikinstrument wie z.B. MdB Hansjörg Durz?

Bgm. R. Greiner: Ja, aber nicht Trompete. Als Schüler durfte ich ein paar Jahre Klavierunterricht nehmen, allerdings habe ich schon lange nicht mehr geübt und deshalb würde ich mein Klavierspiel zurzeit auch niemand zumuten.

Meine Frage: Was schätzen Sie an Neusäß?

Bgm. R. Greiner: Dass unsere Stadt gute Lebensbedingungen für alle Generationen bietet: Hervorragende Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder und Jugendliche, eine familien- und seniorenfreundliche Wohnlage, gute Infrastruktur, mittelständisch organisierte Betriebe und Arbeitsplätze vor Ort, optimale medizinische Versorgung und zentral gelegene Einkaufsmöglichkeiten, schließlich die reiche und wunderschöne Natur zur Naherholung direkt vor unserer Haustür. Mit der Wiederaufforstung in unseren Wäldern haben wir jetzt übrigens schnellstmöglich gehandelt, um die Zerstörungen aus dem Sturmereignis des letzten Jahres zu heilen.

Meine Frage: Sie sind 1. Vorsitzender des Partnerschaftsvereins Neusäß - Bracciano e.V., den Sie selbst gegründet haben - haben Sie noch Zeit, sich hier einzubringen?

Bgm R. Greiner: Diese Partnerschaft habe ich tatsächlich selbst angestoßen und sie ist mir daher wie die Verbindung zu unseren anderen drei Partnerstädten (Markkleeberg, Eksjö, Cusset) sehr wichtig. Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, wie wichtig die persönlichen Begegnungen mit Menschen aus anderen Städten, Ländern oder Kulturen sind, um den eigenen Blick zu weiten und welch wertvolle Erfahrungen man hier gewinnt.
Im Partnerschaftsverein Neusäß-Bracciano haben wir ein hervorragend eingespieltes Team, in welchem die Aufgaben sehr gut verteilt werden, die Zusammenarbeit macht sehr viel Freude. Am 12. Juli wird wieder der Coro polifonico mit 45 Sängern in Neusäß gastieren und mit dem Kammerorchester ein sicher wieder wunderschönes Konzert mit Arien aus der italienischen Opernliteratur präsentieren. Darauf freue ich mich im Moment ganz besonders.

Meine Frage: Nirgendwo ist alles hundertprozentig so auch in Neusäß, wie denken Sie darüber?

Bgm R. Greiner: Zuerst das Positive: Ich freue mich über alles, was in Neusäß schon annähernd hundertprozentig gut läuft – und das ist Vieles. Und dort, wo wir bei objektiver Betrachtung noch Verbesserungspotenzial haben, wollen wir jeden Tag engagiert für gute Lösungen arbeiten.

Meine Frage: Neusäß ist zwar ein Teil des westlichen Speckgürtels von Augsburg, aber es wohnen nicht nur gut betuchte Bürger hier, sondern auch Leute, die nachts in den Abfalltonnen der Einkaufsdiscounter nach Lebensmitteln suchen. Ist Ihnen das bekannt?

Bgm R. Greiner: Es ist leider unvermeidbar, dass es in einer freien Gesellschaft auch soziale Ungleichheit gibt. Ich bin jede Woche mehrmals bei Bürgern zu Hause und weiß, dass es auch bei uns Menschen gibt, denen es nicht so gut geht. Deshalb ist unsere städtische Sozialverwaltung sehr aufmerksam, spürt Notlagen auf, informiert über Hilfen und vermittelt Unterstützung. Unschätzbar ist aber vor allem das ehrenamtliche karitative Engagement in Neusäß und hier erwähne ich nur als ein Beispiel unsere „Tafel“, die Woche für Woche mit allergrößtem Engagement Lebensmittel an Bedürftige reicht.

Herr Bürgermeister Greiner, herzlichen Dank für das ausführliche Interview.

Bürgerreporter:in:

Erika Buschdorf aus Neusäß

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