Ein Funke brachte vor 300 Jahren großes Leid über Naumburg

Geht man vom Naumburger Lindenring aus durch den Steinweg zum Dom, findet man unmittelbar vor dem Erreichen des Domplatzes linkerhand das „Mohrencafé“. An der Fassade des Hauses ist eine Tafel angebracht mit der Inschrift „Auch nach dem großen Brand 22. Juni 1714 werd ich der Mohr genannt und steh in Gottes Hand“.
Auch wenn das Datum nicht exakt angegeben ist, erinnert diese Tafel doch an einen verheerenden Stadtbrand, der durch eine Unvorsichtigkeit am 29. Juni 1714 ausbrach und noch heute als „Pulverschlag von Naumburg“ bekannt ist.

In unserer Stadt fand gerade die Peter-Pauls-Messe statt, die wieder „Fremdlinge aus Rußland, England und Frankreich, polnische Juden und weitgereiste Kaufleute“ angelockt hatte. „Studenten aus Jena, adlige und gräfliche Familien, dazu Landleute und Kleinstädter belebten das Straßenbild oder stärkten sich in den Gasthöfen und Schankstätten“. Die Kaufleute handelten mit „russischem Flachs, Gewürzen und Farben, Tabak und Kaffee, Samt und Seide, Kattun und Batist, Schwefelfaden, Schwämmen und Pulver sowie Haushaltsgegenständen aller Art“.

Über der Stadt lag eine sommerliche Hitze, als gegen 14 Uhr die Nachmittagspredigt in der Wenzelskirche endete und das furchtbare Geschehen am Ende der heutigen Fischstraße, Ecke Postring seinen Lauf nahm.

An besagtem Platze hatten 11 Pulverhändler ihre Stände aufgebaut und boten neben Schießpulver Feuerschwamm und Schrot an. Unterschiedlichen Angaben zufolge waren es 40 bis 60 Zentner Pulver, die hier in Fässern lagerten.

Es war wohl der Jäger des Herrn von Berlepsch von Teuchern, der trotz einer Warnung beim Prüfen einer Pulverprobe zu nahe an dem leicht entzündlichen Material stand. Ein Funke flog in eines der Pulverfässer und mit „ungeheurem Getöse flogen sämtliche Pulverbuden und deren Besitzer in die Luft“. Diese Explosion war so heftig, dass sie noch „3. bis 4. Meilen und noch weiter gehöret worden“.

Der entzündete Feuerschwamm wurde hoch in die Luft getrieben und fiel auf die von der Sonne ausgedörrten Schindeldächer, die sofort entflammten. Ein heißer Glutwind trieb das Feuer nach Westen in das Gebiet der Domfreiheit und der Vorstadt (Othmar- und Moritzviertel). Als am späten Abend das Feuer erlosch, lagen 431 Häuser und ebenso viele Nebengebäude in Schutt und Asche und „nur die Gotteshäuser schauten aus den rauchenden Trümmern zum Nachthimmel empor“.

Wie viele Menschen Opfer diese Katastrophe wurden ist nicht genau bekannt. Man geht von etwa 28 Personen aus. Der Totengräber Jacob Rothe nennt in einem Bericht vom 4. Juli 1714 einige Namen, darunter Pulverhändler, Jäger, Mägde „sowie 12 andere Personen, die stückweise in 9 Särge gelegt und auf hiesigem Stadt-Gottes-Acker begraben worden“.

Die einzige Überlebende aus dem Zentrum der Explosion war eine Maria Schwartz, die für einen der Pulverhändler gearbeitet hatte. Man sagt, dass sie durch die Luft auf ein Dach in der Mühlgasse geschleudert wurde, von dem sie herunter auf einen „dicken ertödteten Cörper“ fiel. Sie raffte sich auf und lief in ihr Quartier in der Engelgasse, obwohl „ziemliche Stücke Holz in ihre Beine geschossen gewesen und ihre Kleider vom Leibe gantz weggebrannt“ waren. Nach ihrer Aussage sollen „gegen 40 Personen“ an den Pulverbuden gestanden haben, als die Explosion erfolgte.

Noch eine zweite Hausinschrift erinnert heute an das Geschehen. Im Hausflur des Hauses Fischstraße 19, also unmittelbar an der Stelle, wo die Explosion ausgelöst wurde, soll sich eine derzeit leider nicht zugängliche Tafel mit folgendem Wortlaut befinden: „Warf gleich ein Pulverschlag ohn lengst ins Haus hinein so wird uns doch forthin, mit Gott nicht schädlich sein. 1714 den 29. Juni."

Bürgerreporter:in:

Gerd Henschel aus Naumburg (Saale)

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