Die Dorfgemeinschaft Waltershofen: Mittendrin statt nebenher

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„Freizeit“ – schon ein komisches Wort. Da stellt sie für viele doch die wertvollste Zeit des Tages dar und trotzdem ist sie meist ganz und gar nicht „frei“, soll heißen nicht „frei verfügbar“. Sie wird möglichst aufwendig und kostenintensiv (denn was nichts kostet, ist nichts Wert) optimiert und bestmöglich gestaltet. Heraus kommt: Eine regelrechte Terminflut. Sonst könnte man noch etwas verpassen, oder macht – noch schlimmer – einen schlechten „Deal“, verpasst ein besseres Angebot und quält sich stattdessen mit einem Zeitvertreib „2.Klasse“. All das um „Spaß“ (oder zumindest keine Langeweile) zu haben, er sollte unser Leben bestimmen, man lebt bekanntlich nur einmal. Weitere Verpflichtungen neben der Arbeit gleichen einer Art Freiheitsberaubung. Jegliche körperliche Anstrengung neben Sport scheint altertümlich. Samstag früh aufstehen? Wer hat da noch Zeit zu feiern?!
Das ist natürlich übertrieben. Es sind gesammelte Gedanken, wie sie im Moment jedoch nur allzu viele Ehrenamtler vorbringen. Und doch: Beim Durchlesen habe ich mich das ein oder andere Mal selbst ertappt - Sie sich auch?

Vereine als Anker – Institutionen der Beständigkeit in einer sich permanent verändernden Welt

Langfristige Zusammenarbeit, Bindung und Verantwortung verlieren in einer Welt deren Möglichkeiten sich permanent erweitern an Attraktivität. Vereine, die auf derartige Werte bauen werden aus dem Mittelpunkt der Dörfer und Gemeinden langsam an den Rand dieser verbannt, man lebt „nebenher“. Dies geschieht zwar kaum bewusst, wird aber nur allzu gleichgültig toleriert. Ein Sportplatz für die Kinder, selbstverständlich! Das Aufstellen eines Maibaums – bitte, bitte, wie jedes Jahr! Regelmäßige und aktive Beteiligung sind dagegen neben Arbeit und Familie kaum mehr tragbar – so der allgemeine Kanon. Gegenbeispiele sind der Grund, warum das Vereinsleben in Waltershofen noch intakt ist.

Dass es schwer ist, sich einer bestehenden Gemeinschaft anzunähern, ist klar. Eine eingeschworene Truppe die nach außen geschlossen auftritt, tut dies im positiven und negativen Sinne. Die Gemeinschaft der Dorfvereine Waltershofen soll hier angreifen: Veranstaltungen sollen offen sein, Kontakt zum Rest des Dorfes permanent vorhanden. Und dabei hat diese Dorfgemeinschaft einiges zu bieten:

Die Freiwillige Feuerwehr Waltershofen bietet mit ihrem Maifest eine Veranstaltung für Jedermann, die Tradition und Vergnügen zusammenbringt. Das „Guatzlaklauben“ am Maibaum, die Waltershofener Küche und die „Mai-Bar“ am Bürgerhaus bilden einen zünftigen Rahmen bis in die Nachtstunden. Ausflüge – wie die Besichtigung der Flughafenfeuerwehr in Stuttgart im Juni oder das Besuchen der Feste der Partnerfeuerwehren im Allgäu und im Breisgau - schaffen auch während des Jahres ein abwechslungsreiches Programm. Der Weizenstand am Meitinger Bürgerfest ist ebenfalls ein fester etablierter Anlaufpunkt für durstige Besucher!

Und nicht zuletzt erhält ihr Dienst an der Gemeinschaft – Retten, Löschen, Bergen, Schützen – die Sicherheit des Dorfes, was kein Mitgliedsbeitrag dieser Welt aufwiegen kann.

Die TSG „Lechbruck“ Waltershofen bietet mit ihrem Sommernachtsturnier das sportliche Highlight des Dorfjahres. Egal ob Familien, Sportbegeisterte oder einfach Nachtschwärmer, niemand ist hier fehl am Platz. Tagsüber findet ein Turnier mit Vereinen der Umgebung statt, am Abend kommt die Unterhaltung mit Barbetrieb und Live Band nicht zu kurz.
Der alljährliche Vatertagstreff am Sportgelände und der Weihnachtshof am Bürgerhaus im Dezember laden ebenfalls zum gemütlichen Miteinander ein – egal ob Mitglied oder nicht, ein jeder ist willkommen. Außerdem finden regelmäßig Spiele auf heimischem Rasen im Rahmen der Hobbyliga Augsburg statt, immer sonntags ist Volleyball und Fußballtraining.

Der Obst- und Gartenbauverein ist ebenfalls fester Bestandteil der Dorfgemeinschaft. Mit dem alljährlichen Osterbasar werden die Haushalte mit Osterkerzen, -kränzen, -deckchen und mit anderen in Handarbeit hergestellten Utensilien versorgt. Diverse Fachvorträge (diesen Oktober: Kräuterkunde) sorgen für interessante Fortbildungsmöglichkeiten, ein alljährlicher Ausflug rundet die Freizeitgestaltung ab.

Aber auch regionale Zusammenarbeit lässt sich hier bestaunen: Der OGV Waltershofen beteiligt sich wie viele andere beim Auslegen von Blumenteppichen für die Fronleichnamsprozession der Pfarrgemeinde Westendorf.

Die Lechspitzlöwen Waltershofen sind als Fanclub (gegr. 2006) das jüngste Mitglied der Gemeinschaft. Mit regelmäßigen Fahrten zu den Heimspielen und auch zu manchen Auswärtsspielen unterstützen sie die Mannschaft des TSV 1860 München, regelmäßige Ausflüge und gemeinsame Feste mit anderen Fanclubs der Umgebung sind auch auf dem Programm.
Wer Begeisterung sucht, findet sie hier!

Die Kapelle „Zu den sieben Schmerzen Mariens“ bildet das geistliche Zentrum des Dorfs. Ihr alljährliches Patrozinium im September wird jeweils von einem der drei Ortsvereine ausgerichtet, es findet ein festlicher Mittagstisch statt, der bisher noch jeden satt gemacht hat.

Auf ein solch ausgeprägtes Vereinsleben zurückzugreifen können ist alles andere als selbstverständlich in Zeiten, in denen das Schlagwort „Vereinssterben“ auf Google rund 2.500 Treffer zum Besten gibt. Die Entwicklung des „Wohnraums Waltershofen“ hin zur „Dorfgemeinschaft Waltershofen“ bedeutet viel Arbeit, viele Helfer, aber auch viele Verantwortliche. Entscheidend ist das unangenehm klingende langfristige Engagement. Doch gerade diese Art Engagement birgt umso mehr Möglichkeiten. Möglichkeiten zu gestalten, zu bewegen, zu vereinen, und nicht zuletzt: Zu begeistern!

Bürgerreporter:in:

Maximilian Braun aus Meitingen

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