GELIEBTES SPANIEN – TEIL 4: AUF DEM LANDE ABSEITS DES TOURISMUS

Am Ufer des Río Duratón in Fuentidueña
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Spanien, das von den Vulkanen der Kanarischen Inseln über die endlosen Mittelmeerstrände, den hohen Sierras im Westen, dem riesigen Hochland Kastiliens, den grünen Auen der Nordküste bis zu den gewaltigen Pyrenäen reicht, hat eine bewegte Geschichte und eine faszinierende Multi-Kultur. Phönizier, Vasconen, Iberer, Römer, Westgoten, Mauren und Juden hinterließen ihre noch heute sichtbaren Spuren.Von all diesem Reichtum möchte ich hier in allwöchentlicher Abfolge berichten, um dem geneigten Leser meine Wahlheimat näher zu bringen. Ich lade sie zu einer Reise durch die Landschaften, Städte und Geschichte Spaniens ein.

Eine Nekropolis der Kelten? Geier? In Spanien? Im Freien? Das müssen wir uns anschauen. Der heute noch mittelalterliche Ort Fuentidueña liegt im äußersten Norden der Provinz Castillas y León auf fast 900 Meter ü.M. am Ufer des Flusses Duratón, der hier von einer steinernen romanischen Bogenbrücke überspannt wird. Die Landflucht in Spanien ging auch an diesem schönen Ort nicht vorbei, sodass sich seine Einwohnerzahl seit 1950 von damals 600 auf heute 140 verringerte. Trotzdem oder gerade deshalb ist das malerische Dorf einen Besuch wert.

Das Ortsbild wird geprägt durch teilweise überbaute Gassen mit auf Stützen ruhenden Balkonvorbauten. Auch die vielen „Bodegas“, Vorratskeller, die aus großen und kleinen Feldsteinen gemauert wurden sind allenthalben anzutreffen. Diese halb oberirdischen Keller, deren rückwärtiger Teil in das von Felsen durchsetzte Erdreich getrieben wurde, bieten sommers wie winters eine gleichmäßige Temperatur von etwa 10°C bis 15° C und sind somit seit Jahrhunderten ideale Vorrats- und Weinkeller.

Während die spätromanische Kirche Santa Maria früher dem Verfall anheim gegeben war, wird sie inzwischen wieder instand gesetzt, weil der gesamte Ort als nationales Kulturgut eingestuft wurde. Die oberhalb des Ortes am Hang stehende romanische Kirche San Miguel mit ihrer ungewöhnlichen mit Doppel- und Vierfachsäulen ausgestatteten Südvorhalle wird auch heute noch als Pfarrkirche genutzt.

Hoch über dem Dorf liegt auf einer riesigen Hügelkuppe eine Festung, die unter Alfons III. und dessen Nachfolgern immer mehr erweitert wurde, sodass noch heute eine weitläufige Ruine begangen werden kann. Dort befindet sich auch die Ruine der Kirche des Sankt Martin, die zu einem im 17. Jahrhundert aufgegebenen Zisterzienserkloster gehörte. Erhalten sind leider nur noch die aus Bruchsteinen gemauerten Außenwände des Kirchenschiffs. Denn trotz ihrer Einstufung als nationales Kulturgut wurde ihre komplette Apsis unter dem Franco-Regime im Jahr 1957 in die USA verkauft. In New York ist sie heute noch im Metropoliten-Museum zu sehen, wo der komplett erneuerte Kirchenraum für Gottesdienste und Konzerte genutzt wird.

Direkt neben der Ruine St.Martin ist unter freiem Himmel eine frühmittelalterliche Nekropolis erhalten. Im felsigen Boden sieht man hier die ausgemeißelten Körperumrisse der Toten und der Besucher kann gut zwischen den Gräbern der Erwachsenen und Kinder unterscheiden. Die Toten wurden mit dem Gesicht nach oben, den Kopf Richtung Osten ausgerichtet, beigesetzt und mit Steinplatten abgedeckt. Angeblich soll dieser Friedhof bereits seit dem 10. Jahrhundert von Kelten genutzt worden sein.

Ein Stück flussaufwärts, am gestauten Duratón, besuchen wir das Dorf San Miguel de Bernuy mit seiner spätromanischen Pfarrkirche San Miguel Arcángel (Erzengel Michael) aus dem 13. Jahrhundert. Hier entdecken wir oberhalb der hohen Flussufer des Duratón die Ruinen von mehreren verlassenen Einsiedlerkapellen. Darunter in weit offenen Höhlen leben Geier, die über dem Flusstal ihre Kreise ziehen. Am Ufer entsteht ein erster schüchterner Tourismus mit Ausflügen per Paddelboot bis zur nicht weit entfernten Staumauer des Río Duratón. Hier auf dem Lande scheint die (Um-)Welt noch in Ordnung.

Bürgerreporter:in:

Hans-Rudolf König aus Marburg

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