"Die Riesenschlacht in Flandern" - ein Marburger erlebt die Schlacht bei Waterloo.

Der zweite Theil des Epos eines unbekannten Soldaten und Dichters aus Marburg.
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  • Der zweite Theil des Epos eines unbekannten Soldaten und Dichters aus Marburg.
  • hochgeladen von Heinrich Rautenhaus

Im November 1815 veröffentlichten die "Marburger Anzeigen", das wöchentlich erscheinende Amtsblatt des Universitätsbuchdruckers Bayrhoffer, in fünf Teilen den Erlebnisbericht eines Marburgers,der als Angehöriger des "englischen Corps de Génie" die Schlacht bei Waterloo miterlebt hatte. Der hochgebildete Autor, er war wohl Angehöriger der "King´s German Legion", die auch über eine Pionierabteilung verfügte, goß seine Erlebnisse in die Form eines Epos, nur in Gedichtform konnte er dieses Ungeheurliche wiedergeben!

Aus seinem Gedicht erfahren wir, daß er nicht mit Wellington, sondern mit dem Preußischen Heer unter Blücher gezogen war. Eindringlich sind seine Schilderungen der Schlachten am Sambre-Fluß und am Ligny-Bach, in denen die Preußen durch starke französische Kräfte in schwerste Bedrängnis geraten waren. Die Schlacht am Ligny-Bach (16.6.) läßt er die Nymphe desselben erzählen. Starkes
Infanteriefeuer zerschmettert das Ufergehölz, in dem die Preußen Stellung bezogen hatten:

Donner rollen, und mein Bett erzittert,
Und ein Meer von Feinden wogt heran,
Kugeln pfeifen, das Gebüsch zersplittert,
Das mit grünem Schatten mich umspann.

Krachend stürzen die zerbrochnen Äste,
Scheu entflieht der Vögel banger Schwarm,
Sieht zurück nach dem zerstörten Neste,
Von der federlosen Brut noch warm.

Um die weichenden Preußen aufzuhalten, sprengt Blücher mit gezogenem Säbel den angreifenden Franzosen entgegen:

Aber plötzlich ballt der Feind die Reuter
Seines ganzen Heers in Einen Knäul,
Wirft sich auf des Mitteltreffens Streiter
Mit dem schweren ungeheuern Keil,

Weh! schon stürzen tausend Preußen, tausend
Stampft zu Boden schnell die Übermacht,
Und zermalmend wie ein Sturmwind brausend,
Sprengt der Feind den harten Kern der Schlacht.

Vater Blücher stürzt, die Rosse setzen
Ueber ihn hinweg mit ehrnem Huf,
Denn sie dürfen nicht den Mann verletzen,
Den das Loos zum Rächer Teutschlands schuf.

Diese Szene ist in dem Holzstich aus Adolphe Thiers "Histoire du Consulat et de l´Empire" sehr realitätsnah wiedergegeben, den ich hier abbilde. Blücher gelingt es, trotz verlorner Schlacht seine

Truppen zu sammeln. Die Nacht kommt:

Stiller wird es; nur das hohle Ächzen
Der Verstümmelten durchdringt mein Ohr,
Nur nach Einem, Einem Tropfen lechzen
Die Verlassnen an des Todes Thor.

Hingeschmettert auf des Ufers Rücken
Starren sie hinab in meine Fluth,
Trinken statt des Mundes mit den Blicken.
Und verschmachten schier von Höllengluth.

In ihr heis´res schauervolles Stöhnen
Fallen jauchzend Siegstrompeten ein,
Die von Wellington herübertönen,
Fernher, wild durchdringend Mark und Bein

Man erkennt: Der Autor glorifiziert, aber er beschönigt nichts! Für mich unbekannt war, daß die Preußen zu diesem Zeitpunkt (16.6. 1815) nach ihrer Niederlage in Hörweite der britischen Hornsignale waren, also wußten, daß Wellingtons Truppen den französischen Angriffen standgehalten hatten: Ein ungeheurer Ansporn für Blücher!

Fortsetzung

Bürgerreporter:in:

Heinrich Rautenhaus aus Marburg

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