60plus besichtigt Zwangsarbeiterbaracken mit Gewölben aus Tonröhren

Zwangsarbeiterbaracke mit Gewölbe aus „Fusées Céramique“
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Landsberg Eine nicht alltägliche Auftaktveranstaltung für das Halbjahresprogramm 2016 hatte Werner Gutmann, der Leiter der Arbeitsgruppe 60plus der Landsberger SPD, ins Programm genommen. Besucht wurde die Europäische Holocaustgedenkstätte des ehemaligen KZ-Lagers Kaufering VII.

Fast alle Spuren des KZ-Lagerkomplexes Kaufering sind heute bis auf wenige Reste verschwunden. Nur im ehemaligen KZ-Lager Kaufering VII, südöstlich der Stadt Landsberg an der Erpftinger Straße, sind Bau- und Bodendenkmäler bis heute erhalten geblieben. Gut 20 Mitglieder und Freunde der 60plus-Gruppe führte Manfred Deiler, der Präsident der Europäischen Holocaustgedenkstätte Stiftung e.V. durch das Ehrenmal. Schnell stellte sich die Frage: sind die erhaltenen Bauwerke oder die Dokumentationen über die Gräueltaten des NS-Regimes die erhaltenswerten Hinterlassenschaften. Beides ist nicht voneinander zu trennen, so Manfred Deiler.

Im Winter 1944/45 wurde das ehemalige Arbeitslager VII zum Krankenlager. Aus anderen Außenlagern überstellte die SS schwache, kranke sowie nicht mehr arbeitsfähige Gefangene und überließ sie den grassierenden Typhus- und Fleckfieber-Epidemien. Eine Pflege gab es nicht, entsprechend stieg die Zahl der Toten. Rund 2.000 Tote aus dem KZ-Lager Kaufering VII werden in nahen Massengräbern vermutet. Am 24. April 1945 räumte die SS das Lager, die Überlebenden werden auf den Todesmarsch über Dachau nach Bad Tölz geschickt. "Vernichtung durch Arbeit" hieß das Programm einer selbstherrlichen "arischen Rasse", das die Juden dazu verdammte, wie Ungeziefer vernichtet zu werden. Der Todesmarsch führte vom KZ Dachau über Karlsfeld und Allach weiter nach Starnberg und Wolfratshausen, ehe er schließlich bei Bad Tölz von den amerikanischen Truppen eingeholt und die Häftlinge befreit wurden.

Im ehemaligen Lager VII konnte die Gruppe drei gut erhaltene Tonröhrenbaracken besichtigen. Ein Teil der verbauten Tonröhren sind mit dem Signum „Fusées Céramique“ versehen. 1940 entwickelte der französische Architekt Jacques Couëlle eine patentier-te Methode, um Bauten aus keramischen Wölbröhren zu errichten und beschrieb Konstruktionstechniken, die sich grundlegend von der seit der Antike im westlichen Mit-telmeerraum bekannten Bautechnik unterscheiden. Die Zwangsarbeiterbaracken mit Gewölben aus „Fusées Céramique“ im ehemaligen Konzentrationslager Kaufering VII sind nicht nur die letzten original erhaltenen Häftlingsbaracken aus der NS-Zeit, sondern sind auch die letzten sichtbaren Zeugnisse von Bauten mit Tonröhrengewölben die während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Grundlage der Patente von Jacques Couëlle in Deutschland errichtet worden sind.

Die Baudenkmäler auf dem ehemaligen KZ-Lager Kaufering VII wurden inzwischen als Bauwerke von nationaler Bedeutung bewertet. Durch die Übertragung des Eigentums an die Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung e.V. wurde die Grundvorausset-zung für die Erhaltung der denkmalgeschützten Tonröhrenbauwerke auf dem ehemali-gen KZ-Lager geschaffen. „Hauptaufgabe der Europäischen Holocaustgedenkstätte Stiftung e.V. ist vor allem die Europäische Holocaustgedenkstätte als Zeuge für die Verbrechen des Nationalsozialismus, als Ort der Erinnerung an die Leiden der Opfer und als Lernort für künftige Generationen zu erhalten, zu gestalten und dazu beizutragen, dass das Wissen über das historische Geschehen im Bewusstsein der Menschen wachgehalten und weitergetragen wird“.

Viele Fragen musste Manfred Deiler beantworten. Teilweise wurden die Informationen mit großer Betroffenheit wahrgenommen. Einem Besucher standen die Tränen in den Augen. Wohl weil er einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen ist.“

Zwangsarbeiterbaracke mit Gewölbe aus „Fusées Céramique“
Europäische Holocaustgedenkstätte
Bürgerreporter:in:

Hans Bucsek aus Landsberg am Lech

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