Gedanken zur Fusion der Gemeinden Ilsede und Lahstedt

Aus Ilsede und Lahstedt wird Ilsede
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Es ist verschwunden, das Ortseingangsschild „Groß Lafferde, Gemeinde Lahstedt“, das bis vor kurzem an der L472 stand. Jetzt ist dort lediglich ein Geschwindigkeitsbegrenzungschild auf 50 km zu beachten.
War das schon eine Vorbereitungsmaßnahme zur bevorstehenden Gemeindefusion?
Nach langem Gerangel beschlossen die Gemeinderäte von Lahstedt und Ilsede am 10. Juli 2014 mit großer Mehrheit (Ilsede: 26 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme; Lahstedt :16 Ja-Stimmen, 2-Nein-Stimmen, 4 Enthaltungen) den Zusammenschluss zur neuen Gemeinde Ilsede zum 01.01.2015.

Die Lahstedter und Ilseder Gemeindeverbände von SPD und CDU haben bereits zu neuen Gemeindeverbänden fusioniert. Wobei laut Peiner Allgemeiner Zeitung die CDU im November 2014 auf die seltsame Idee kam, den neuen Gemeindeverband „Ilsede-Lahstedt“ zu nennen. Sie wollte, Zitat PAZ „ ..den Namen Lahstedt einfach bewahren und an die damit verbundenen Traditionen erinnern“. Das ist nicht gerade zukunftsweisend. Denn in diesem Falle bedeutet „Tradition“ nicht etwa, eine Flamme weiterzureichen, sondern Asche zu bewahren. Wen könnte der Namensbestandteil „Lahstedt“ in 10 Jahren noch interessieren? Die Gemeinde selbst war in der kommunalen Wirklichkeit lediglich ein kurzes Intermezzo. Und was ist der Name Lahstedt? Ein Kunstname, ein Kompromiss, der anlässlich des Gemeindezusammenschlusses von 1971 zusammengebastelt und aus der Taufe gehoben wurde.
Bei der Namensfindung hat die Bezeichnung „Lah“ Pate gestanden. Sie bedeutet eine Niederung oder Lichtung im Wald, steht auch für Wald. Der Ortsname Lafferde ist daraus entstanden. Einen „Lah“ und eine „Lahstraße“ gibt es in der Ortschaft Adenstedt, einen „Lahberg“ in der Ortschaft Oberg. Die Endung „stedt“ ist in den Ortsnamen Adenstedt, Gadenstedt und Münstedt enthalten.

Fremde, die den Namen Lahstedt auf der Landkarte fanden, suchten ihn in der Realität vergeblich. Sie fanden ihn nicht, konnten ihn auch nicht finden, denn es gab keinen Ort dieses Namens. Dass diese künstliche Bezeichnung nach rund 43 Jahren wieder verschwindet, ist eines der wenigen positiven Ergebnisse der Fusion.

Nicht zu verachten ist allerdings die Hochzeitsprämie des Landes Niedersachsen von 12,8 Millionen €. Hoffentlich wird sie in voller Höhe zur Schuldentilgung verwendet. Ihre Wirkung wäre schnell verpufft, wenn durch den geschaffenen finanziellen Spielraum sofort wieder neue Begehrlichkeiten geweckt und realisiert würden. Die neue Gemeinde wird auf absehbare Zeit weiterhin am Tropf hängen. Und dass es Gemeinwesen mit zunehmender Größe zwangsläufig finanziell besser geht als kleinen Gemeinden, ist eine offenkundige Illusion.

Während es den Gemeinden Lengede und Vechelde gelungen ist, lukrative Gewerbegebiete einzurichten und prosperierende Gewerbebetriebe anzusiedeln, dümpelt das Hüttengelände vor sich hin. Es hat den Steuerzahler bisher immenses Geld gekostet. So sind z.B. die Grundsteuerhebesätze in Lahstedt seit 1971 (Gründung) bis jetzt wie folgt gestiegen: Grundsteuer A: von 200 % auf 410 %, Grundsteuer B von 190 % auf 400 %.

Anfang der 1970er Jahre wurde vom Land Niedersachsen die kommunale Gebietsreform initiiert. Ihr Zweck war, die finanziellen Spielräume der Gemeinden zu vergrößern, deren Verwaltungskraft zu stärken und den Dienst am Bürger zu verbessern.
So gaben die Gemeinden Adenstedt, Gadenstedt, Groß Lafferde, Münstedt und Oberg ihre Selbständigkeit auf und schlossen sich auf freiwilliger Basis mit Wirkung vom 01.02.1971 zur neuen Einheitsgemeinde Lahstedt zusammen. Sie wurde mit heißer Nadel gestrickt, denn man wollte einen möglichen Zwangszusammenschluss mit ungewollten Kommunen unbedingt vermeiden. Das neue Gebilde hatte von vorn herein einen Geburtsfehler: Die Gemeinden Groß Lafferde und Klein Lafferde wurden aus persönlichen und politischen Animositäten unterschiedlichen Einheitsgemeinden zugeordnet.
Rückblickend betrachtet, hat Groß Lafferde dabei nur verloren. Steigende Realsteuerhebesätze waren die Folge. Chronische Finanznot der neuen Gemeinde führte zur Verwaltung des Mangels. Namhafte Zukunftsinvestitionen waren gleich null. Massenhaft entfallene Arbeitsplätze konnten durch Neuansiedlungen nicht kompensiert werden.
Der Bürgersinn erschlaffte. Während beispielsweise früher jeder Grundstückseigentümer sonnabends wie selbstverständlich die Gosse vor seinem Grundstück reinigte, ging dieses Engagement völlig verloren. Früher handelten viele Bürger im öffentlichen Bereich aus Eigenverantwortung. Die Gemeinde wurde nur in Anspruch genommen, wenn es nicht anders ging. Manches ließ sich ohne großen Aufwand auf dem Obergefreiten-Dienstweg regeln. Bürgernähe brauchte man nicht zu beschwören, sie war vorhanden. Dem stehen heute bürokratische Hindernisse im Wege. Je größer und anonymer ein Gemeinwesen ist, desto weniger identifiziert und engagiert sich mit ihm der Bürger. Das galt schon für die Gemeinde Lahstedt und wird sich in der neuen Gemeinde Ilsede noch verstärken.

Die Wirkung der jetzigen Fusion dürfte mit dem Zusammenschluss von 1971 vergleichbar sein:
Sobald die Fusionszuwendung verpufft ist, wird weiterhin Geldmangel herrschen. Die Personal- und Sachkostenersparnis der Verwaltung wird gleich null sein. Man wird kein Personal einsparen, denn die Aufgaben werden nicht geringer. Die Kosten für den einen entfallenen Bürgermeister werden anderweitig durch höhere Personalausgaben kompensiert. Investitionen in Verwaltungseinrichtungen sind unvermeidlich. Die Verteilungskämpfe unter der gestiegenen Zahl der Ortschaften werden härter. Das Gerangel unter den (sich ihren Herkunftsorten verpflichtet fühlenden) Ratsmitgliedern wird größer. Sparen und/oder Neuverschuldung ist angesagt.
Wer glaubt, dass in Groß Lafferde, einem Schulstandort mit Jahrhundertelanger Vorbildfunktion, langfristig die Grundschule erhalten bleibt, der irrt.
Für den Bürger wird nichts besser werden. Bürgerferne statt Bürgernähe. Der Euphorie wird bald die Ernüchterung folgen.

Bürgerreporter:in:

Wilhelm Heise aus Ilsede

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