Islam und Demokratie – passt das zusammen?

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Religionswissenschaftler Peter Antes zu Gast beim Christlichen Seniorenbund Immanuel Laatzen

Angesichts der täglichen Nachrichten aus der arabischen Welt stellt sich die Frage, ob Demokratie in den islamischen Ländern funktionieren kann. Eine Antwort erhofften sich die 50 Besucher von dem emeritierten Professor Antes, der jahrelang Direktor des Seminars für Religionswissenschaften an der Leibniz Universität Hannover war und nicht nur Theologie sondern auch Islamwissenschaften studiert hat.

In seinem Eingangsstatement wies er darauf hin, dass weder die Bibel noch der Koran in einer demokratischen Gesellschaft entstanden sind.
Über die vorislamische Gesellschaft ist recht wenig bekannt und so weiß man nicht, ob es vorher eine extrem patriarchalische Gesellschaft oder ein Matriarchat gab.

Das Idealbild, das die Theologen von der Zeit Mohammeds zeichnen ist eine Einheit von Religion und staatlich-politischem Gesellschaftssystem.
Durch den Islam wurden die Blutsbande der arabischen Stammesgesellschaft durch eine gemeinsame Religion ersetzt.

Antes betonte, dass in den islamisch geprägten Ländern nicht mit einer vollständigen Übernahme westlicher Demokratiemodelle zu rechnen ist. Dafür nannte er mehrere Gründe:
So sieht die Scharia, das islamische Recht, keine Gleichberechtigung für Mann und Frau vor und auch nicht für Christen sowie Juden.
Ferner hat die Organisation für islamische Zusammenarbeit sich in der "Kairoer Erklärung der Menschenrechte" von 1990 zwar an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UN orientiert, aber die Unumstößlichkeit der Religionsfreiheit nicht anerkannt. Die Erklärung unterstützt die Gleichstellung von Mann und Frau nicht. Sie stellt vielmehr die Überlegenheit des Mannes fest. Der Artikel 6 garantiert Frauen gleiche Würde, aber nicht Gleichstellung in anderen Belangen. Weiterhin legt der Artikel dem Mann die Verantwortung für den Unterhalt der Familie auf, der Frau wird keine entsprechende Rolle zugewiesen.
Ein Grundpfeiler der Demokratie - so Antes - sei die Gewaltenteilung und die Kontrolle der Macht. Das werde in vielen islamischen Ländern jedoch von den alten Eliten abgelehnt, die um ihre Privilegien fürchten. als Legitimation diene dann der Islam. Das werde z.B. am Wächterrat im Iran deutlich, dem die Kontrolle der Gesetzgebung durch geistliche Führer obliege.
Antes betonte, dass den Kritikern der Situation in den arabischen Staaten häufig zu recht vorgeworfen werde, dass es ihnen an Einfühlungsvermögen in die Mentalität fremder Kulturen fehle, so werde auch die Gesetzgebung in Deutschland durch das Verfassungsgericht und europäisches Recht begrenzt. Es sei allerdings in der Demokratie zwingend erforderlich, dass alle Bürger an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Außerdem müssten Minderheiten geschützt und mit gleichen Rechten ausgestattet werden.
Die Regierungszeit der Muslimbrüder in Ägypten hat nach Auffassung von Antes deutlich gemacht, dass sie ihre Macht missbraucht haben, um Minderheiten auszugrenzen, statt sie zu schützen. Ähnliches gilt für die Salafisten, die auch vor Gewaltanwendung gegen Andersdenkende nicht zurückschrecken.

Ein Hoffnungsschimmer ist für Antes trotz mancher Rückschläge der Arabische Frühling. Er hat gezeigt, dass wachsende gesellschaftliche Gruppen nicht mehr bereit sind, die autoritären Regime der arabischen Welt und die bisherigen gesellschaftlichen Strukturen ihrer Länder zu akzeptieren.

Bürgerreporter:in:

Uwe Kaßen aus Laatzen

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