Schmerz vergeht - Stolz bleibt

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Ein Erlebnisbericht von zwei „Flachlandradlern“ und ihrem Trip auf den Mont Ventoux.

Seit etwas mehr als drei Jahren bin ich nun Mitglied im Stahlradverein Laatzen und nur geringfügig länger sitze ich auf dem Rennrad. Trotzdem (oder gerade deswegen) wollten mein Sohn und ich den Mont Ventoux befahren.

Unser Ziel war der Berg.

Es sollten keine Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt werden, wir wollten einfach das Bergfahren erleben und diesen in Rennradfahrerkreise mystischen Anstieg bezwingen.

Le Géant de Provence – Gigant der Provence – wird der 1912 m hohe Mont Ventoux auch genannt. Und dieser Name ist auch berechtigt – während die Provenzalischen Alpen von Nordost nach Südwest immer mehr abflachen und das Terrain von bergig über hügelig allmählich ins flache Rhonedelta übergeht, erhebt sich an ihrem westlichen Rand im Département Vaucluse der Ventoux als letzter hoher Berg, der sozusagen die gesamte Provence überragt. Als einsamer Vorposten, mit seinem markanten kahlen, weißen Gipfel, einer kargen Fels- und Geröllwüste, ist er schon von weitem auszumachen. Entsprechend hat man von oben – entsprechende Sichtverhältnisse vorausgesetzt – einen hervorragenden Rundumblick, der vom Mittelmeer bis zu den Hochalpen reicht. – aus Wikipedia

Und so kam es: Wir packten unsere Sachen ins Auto und machten uns auf den langen Weg in die Provence. In der Nähe von Orange hatten wir unsere Ferienwohnung bezogen und waren voller Vorfreude auf „DEN“ Berg, welchen wir von unserer Ferienhausterrasse bewundern konnten.

Am 11.07. 2013 war es soweit. Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die 30° fuhren wir früh nach Sault, um von dort aus den Berg in Angriff zu nehmen. Nachdem das Auto geparkt, die Räder startklar und noch ein Erinnerungsfoto gemacht wurden ging es los.

Zu unserer großen Überraschung gingen die ersten 1,5 Kilometer bergab. Riesige Lavendelfelder sorgten nicht nur für eine interessante Optik abseits der Strecke sondern verbreiten auf den ersten Kilometern auch einen tollen Geruch.

Nach dem Einrollen folgte dann der Anstieg und die nächste Zeit ging es ziemlich moderat voran bzw. hinauf. Verwunderlich, denn der Gipfel dieses Giganten liegt immerhin auf 1.912 Meter und ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu sehen.

Die Suche nach dem Rhythmus bestimmte die nächsten Minuten. Die Steigung in diesem Bereich hat das Niveau unserer Marienburg und lässt sich toll fahren. Die Stimmung war prächtig bis übermütig – noch war es ja nicht richtig steil…und die Temperaturen im Wald sehr angenehm.

Nachdem man die waldige Landschaft der ersten Kilometer ohne große Schwierigkeiten hinter sich gelassen hat, ist bereits die Hälfte des Anstiegs geschafft.

Den Blick auf den Gipfel sucht man aber nach wie vor vergebens...

Ein großes Stück Extramotivation holten wir uns aus den immer wieder tollen Ausblicken an nicht ganz so dicht bewaldeten Streckenabschnitten, wo auch mal angehalten und ein Foto gemacht wurde.

Je höher es ging, umso mehr lichtete sich der Wald und die ersten Wohnmobile waren am Straßenrand zu sehen. Die drei Tage später stattfindende Tour de France Etappe warf bereits deutlich ihre Schatten voraus.

So weit so gut, doch obwohl schon knapp 20 Kilometer Anstieg und 725 Höhenmeter absolviert waren, war alles nichts gegen das was nun folgte.

Schlagartig lichtete sich der Wald und man erreichte Le Chalet Reynard. Für die Kenner beginnt hier eigentlich erst der „richtige“ Anstieg.

Adrenalinschübe hoben die Motivation, ein Blick, ungläubiges Staunen und alles bisher Gewesene war Makulatur, denn hier trifft man auf die Straße von Bedoin kommend. Bekannt aus vielen Tour de France Übertragungen kommt von dort der schwierigste Aufstiegsweg.

Die Steigungen wurden nun deutlich giftiger, der Rhythmus war weg, die Trittfrequenz sank in den Keller, aber immerhin hatte man das Ziel jetzt im Blick…an diesem Zustand änderte sich auch so schnell nichts, denn wir hatten plötzlich den Eindruck, der Gipfel würde kein Stück näher kommen.

Dafür entschädigten die unzähligen Wohnmobile, Zelte und Fans am Straßenrand, die wirklich jeden aufmunterten und anfeuerten.

Für uns war es auch motivierend zu sehen, dass die vielen anderen Fahrer ebenso litten. Gemeinsam geht eben doch vieles leichter.

Die nächste Pause folgte am Denkmal des verstorbenen Radprofis Tom Simpson. Hier merkte man dann auch sehr deutlich den Mistral – einen sehr kalt wirkenden Wind. Also hieß es Weste an und weiter.

Als wir schließlich die Ziellinie auf dem Gipfel erreichten, waren wir erschöpft, aber überglücklich und stolz. Welch ein unbeschreibliches Gefühl!

Und obwohl nun bereits wieder einige Zeit vergangen ist, zehren wir noch immer von den Erlebnissen und können mit Fug und Recht behauptet:

Schmerz vergeht – Stolz bleibt!

Bürgerreporter:in:

Thomas Hebecker aus Laatzen

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