IT-Fachmann aus Kassel hilft Leukämiepatient mit Stammzellspende

Der 34-Jährige fuhr von Kassel nach Birkenfeld, um bei der Stefan-Morsch-Stiftung Stammzellen für einen Leukämiepatienten zu spenden.
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Ein kleiner Piek vor 10 Jahren war Thomas Bökers erster Schritt auf dem Weg zum Lebensretter. In Dalhausen (Kreis Höxter) ließ sich der 34-Jährige aus Kassel im Herbst 2004 als Stammzellspender bei der Stefan-Morsch-Stiftung registrieren. Vor fast einem Jahr hat der IT-Systemadministrator den zweiten entscheidenden Schritt getan: Er hat seinem an Leukämie erkrankten genetischen Zwilling, einem ihm völlig fremden Menschen, mit einer Stammzellspende die Chance gegeben, den Blutkrebs zu besiegen.

Die Stefan-Morsch-Stiftung, die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands, leistet seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist es, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender zu registrieren. Beinahe täglich sind Teams der Stiftung in ganz Deutschland unterwegs, um junge Menschen als Stammzellspender zu gewinnen. Vor rund 10 Jahren war ein solches Team in Dalhausen: Eine junge Frau aus dem Kreis Höxter war an Leukämie erkrankt. Damals haben sich meuhr als 2000 Menschen als potenzielle Lebensretter registrieren lassen. Thomas Böker war einer von ihnen: „Wenn ich weiß, dass ich was Gutes tun kann, bin ich gerne dazu bereit.“

Eine Sprecherin der Stiftung erklärt: „Als Typisierung bezeichnet man die eigentlichen Laborarbeiten, die für eine Aufnahme in die Stammzellspenderdatei notwendig sind. Aus einer Blutprobe – es genügt ein Fingerhut voll Blut – werden die für eine Transplantation relevanten Gewebemerkmale (HLA-Werte) im Labor bestimmt. Das gleiche funktioniert auch mit einem Abstrich der Mundschleimhaut.“ Damit hatte der 34-Jährige den ersten Schritt auf dem Weg zum Lebensretter getan.

Leukämie ist nur eine der bösartigen Erkrankungen, die eine Übertragung gesunder Blutstammzellen erfordern können. Mit der Transplantation von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System – seine einzige Chance auf Leben, wenn Chemotherapie oder Bestrahlungen nicht geholfen haben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn es Menschen wie Thomas Böker gibt, die sich typisieren lassen – sprich: als Stammzellspender einer Spenderdatei erfasst sind. Um Stammzellen transplantieren zu können, müssen die Gewebemerkmale von Spender und Patient übereinstimmen. So sind in den Knochenmark- und Stammzellspenderdateien wie der Stefan-Morsch-Stiftung zwar weltweit rund 25 Millionen Menschen registriert – trotzdem ist es immer noch ein Glücksfall, wenn sich für einen Patienten ein passender Spender findet.

Thomas Böker ist so ein Glücksfall. Als IT-Systemadministrator arbeitet er bei SMA Solar-Technology, einem Hersteller für Wechselrichter-Geräte speziell für Photovoltaikanlagen. Auch privat interessiert er sich für die neuste Technik: Zuhause ist er immer auf dem neusten Stand was PC, Stereoanlagen und Fernseher betrifft.

Bereits im Frühjahr 2013 meldet sich die Stefan-Morsch-Stiftung bei Böker: Er kam als Spender für einen Leukämiepatienten in Frage, ob er zur Spende bereit wäre. „Klar wollte ich helfen. Ich habe ein Helfersyndrom“, sagt er lächelnd. Dann hörte er lange nichts mehr von der Stefan-Morsch-Stiftung. Fast ein Jahr später rief ihn eine Mitarbeiterin der Stefan-Morsch-Stiftung auf der Arbeit an: Die Spende sollte doch noch stattfinden. Zwei Tage später hatte er schon einen Termin zur Voruntersuchung in der Stiftung in Birkenfeld. „Ich hatte das alles schon abgeschrieben. Es war erfreulich, dass ich dann doch noch helfen konnte“, erzählt Thomas Böker. Das fand auch seine Familie.

Bevor Thomas Böker Stammzellen spenden darf, wird er umfassend aufgeklärt und gründlich untersucht. Diese Voruntersuchungen dienen dazu herauszufinden, ob er wirklich der optimale Spender ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass der Spender ein gesundheitliches Risiko eingeht. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten den Spender während dieser ganzen Vorbereitungsphase. Jegliche Kosten für die Untersuchungen, die Versicherung sowie An- und Abreise zum Entnahmeort werden übernommen. „Ich hab mich gut betreut gefühlt“, bestätigt Böker.

Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation: Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird.

Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – entnehmen die Mediziner Knochenmark aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Weder der Spender noch der Patient erfahren zu diesem Zeitpunkt, wer der andere ist. Thomas Böker und sein Empfänger bleiben in jedem Fall bis zum Ablauf von zwei Jahren anonym. Erst danach besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass Spender und Patient einander kennenlernen können.

Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg: Parallel zur Vorbereitung von Thomas Böker wird in der behandelnden Transplantationsklinik der Patient vorbereitet. Das bedeutet: Sein Immunsystem wird stark unterdrückt oder sogar ausgelöscht – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Wenn er sich jetzt mit einem Virus infiziert oder es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist sein Leben massiv gefährdet. Emil Morsch, Vorstandsvorsitzender der Stefan-Morsch-Stiftung: „Eine Transplantation ist immer eine letzte Chance. Diese Chance hat er nur durch Thomas Böker.“

Der 34-Jährige hat per Apherese Stammzellen gespendet. Nach der Entnahme zieht er ein positives Fazit: „Ich hab mich gut betreut und versorgt gefühlt. Jetzt hoffe ich, dass der Empfänger wieder gesund wird und sein Leben ganz normal weiterführen kann.“

Die drei wichtigsten Fragen zur Typisierung:

Wie und wo kann man sich typisieren lassen?
Die aktuellen Termine für die Typisierungsaktionen der Stefan-Morsch-Stiftung findet man auf der Homepage. Zudem gibt es dort auch die Möglichkeit, sich online registrieren zu lassen. Über den Button „Online-Registrierung“ auf der Startseite kann man, die Einverständniserklärung ausfüllen und sich ein Entnahmeset zuschicken lassen. In dem Päckchen ist das entsprechende Material, um sich bei seinem Hausarzt eine kleine Blutprobe entnehmen zu lassen oder einen Abstrich der Mundschleimhaut durchzuführen. Dieses Päckchen wird einfach an die Stefan-Morsch-Stiftung zurückgesendet.
Jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren kann kostenlos als Stammzellspender registriert werden. Freiwillige die älter sind als 40 Jahre und Frauen mit mehr als zwei Schwangerschaften sollten sich vorab auf der Internetseite der Stefan-Morsch-Stiftung (www.stefan-morsch-stiftung.de) informieren. Dort lassen sich auch weitere Ausschlusskriterien nachlesen. Info: Stefan-Morsch-Stiftung, gebührenfreie Hotline (08 00 - 766 77 24)

Wie lange dauert eine Spendersuche?
Nach drei Monaten sind etwa drei Viertel aller Spendersuchen erfolgreich beendet. Natürlich gibt es auch Suchen, die erheblich länger dauern, und auch solche, die vergeblich bleiben. Daher werben die deutschen Spenderdateien – wie die Stefan-Morsch-Stiftung - immer neue Spender. Denn die Dateien können nur so gut sein, wie sie die Vielfalt der genetischen Merkmale einer Bevölkerung widerspiegeln. Deshalb ist es wichtig, dass sich auch Menschen mit Migrationshintergrund in die Spenderdateien aufnehmen lassen.

Soll man sich in mehreren Stammzellspenderdateien aufnehmen lassen?
Wer bereits typisiert ist, sollte sich nicht noch einmal registrieren lassen. In Deutschland gibt es insgesamt 30 Spenderdateien. Alle diese Spenderdateien und auch die Stefan-Morsch-Stiftung speisen ihre Daten in das deutsche Zentralregister der ZKRD in Ulm ein. Dort sind sie für weltweite Suchanfragen abrufbar. Deshalb genügt es, wenn Sie einmal in einer Datei registriert wurden. Um im Ernstfall einen passenden Spender ausfindig zu machen, sind wir darauf angewiesen, dass die Kontaktdaten auf dem aktuellen Stand sind.

Sollten Sie noch Fragen haben – die Stefan-Morsch-Stiftung ist unter der gebührenfreien Hotline 08 00 - 766 77 24 oder über info@stefan-morsch-stiftung.de erreichbar. Auf der Homepage www.stefan-morsch-stiftung.de oder via Facebook kann man sich ebenfalls informieren.

Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die gemeinnützige Stiftung seit 1986 Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. So werden täglich Stammzell- oder Knochenmarkspender aus der stiftungseigenen Spenderdatei von mehr als 400 000 potentiellen Lebensrettern weltweit vermittelt. Die Stiftung ist Mitglied der Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD).

Der 34-Jährige fuhr von Kassel nach Birkenfeld, um bei der Stefan-Morsch-Stiftung Stammzellen für einen Leukämiepatienten zu spenden.
Bei Fragen zum Thema Typisierung und Stammzellspende sind Mitarbeiter der Stefan-Morsch-Stiftung unter der gebührenfreien Hotline 0800-7667724 erreichbar.
Bürgerreporter:in:

Annika Zimmer aus Birkenfeld

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