Fototour zu Hildesheimer Burgen: Die Kapelle St. Magdalenen ist ein idealer Veranstaltungsort

Blick zur Burg Steuerwald in Hildesheim. Die Festung war früher Wasserburg mit breitem Burggraben.
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  • Blick zur Burg Steuerwald in Hildesheim. Die Festung war früher Wasserburg mit breitem Burggraben.
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Angelehnt an den Rest der dicken Burgmauer, verdeckt vom mächtigen Palas: Auf dem Gelände der Burg Steuerwald (Hildesheim) gibt es ein kleines Kirchlein: Die Kapelle St. Magdalenen. Während ein Großteil der früheren Burganlage heute durch einen Reiterhof genutzt wird, ist im Schatten starker Mauern aus dem lange Zeit zweckentfremdeten und heruntergekommenen Gotteshaus wieder ein schmuckes Kirchlein geworden. Vor allem dem Ehepaar Casper ist es zu verdanken, dass St. Magdalenen ein richtiger Geheimtipp für Hochzeiten, Taufen, Konzerte, Feiern und ähnliche Veranstaltungen wurde.

Die Burg Steuerwald mit dem kleinen Kirchlein entstand Anfang des 14. Jahrhunderts. Als 1310 die Hildesheimer Bürger dem Bischof Heinrich II. die Huldigung verweigerten, ließ er im Norden am sumpfigen Ufergelände der Innerste die Burg Steuerwald (bedeutet etwa „steuere die Gewalt“) errichten. Vom Bergfried aus lässt sich der Hauptturm der Marienburg auf der Südseite von Hildesheim erspähen, eine Verständigung durch Rauchzeichen war möglich. Die Burg Steuerwald, beeindruckt vor allem durch den mächtigen Palas und dem Bergfried. Der Palas beherbergte schon einmal hochrangige Gäste. So fand hier der russische Zar Peter I. 1667 Unterkunft. Der Bergfried könnte von ganz anderen "Gästen" erzählen: Als der Domprobst Eggert von Hahnensee 1403 das verschwenderische und „ungeistliche Leben“ seines Bischofs kritisierte, wurde er kurzerhand im Verlies des Bergfrieds eingekerkert, wo er 1405 auch starb. Umgebracht durch das Richtschwert wurde ein anderer, seinerzeit ebenfalls prominenter Häftling. Ein evangelische Pfarrer namens Johannes Bissendorf hatte jesuitenfeindliche Schriften verfasst. Weil er nicht widerrufen wollte, sperrte ihn der Bischoff hier erst ein und nach zwei Jahren beendete der Hildesheimer Scharfrichter Assmund Harnecke mit dem Schwert dann das Leben des Pfarrers hier in der Burg Steuerwald.

Nachdem der Stift Hildesheim als eigener deutscher Staat 1803 untergegangen war, gelangte die Domäne zunächst in den Besitz des Kurfürstentums Hannover (später Königreich Hannover und ab 1866 preußische Provinz), dann – 1912 – kaufte die Stadt Hildesheim die Anlage von Preußen. Obwohl spätere Autoren die Kapelle St. Magdalenen erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts datieren, entstand sie wohl schon zusammen mit der eigentlichen Burg, wie die ursprünglich romanischen Fenster verraten. 1607 ließ der damalige Bischoff Johann IV. (wegen seines Geizes als „Hans Magerkohl“ verunglimpft) die Kapelle umbauen, die Fenster vergrößern und mit spätgotischem Maßwerk versehen. Der neue ebenfalls spätgotische Eingang wurde mit dem Wappen des Bischofs und der Jahreszahl 1507 geschmückt. Bis 1804 war die Kapelle Pfarrkirche des Amtes Steuerwald. Nach dem 2. Weltkrieg nutzte das Gotteshaus zunächst die Michaeliskirchengemeinde bis zum Wiederaufbau der eigenen Kirche. Dann erlosch das kirchliche Leben in ihr, bis 1988 die katholische Kirche das Gebäude von der Stadt Hildesheim für „kirchliche Zwecke“ zu einem eher symbolischen Preis pachtete, die Verwaltung übernahm die zuständige Kirchengemeinde Mariä Lichtmess. Seither wurde mit Hilfe von Spenden und der Arbeit Ehrenamtlicher – allen voran Franz Casper und seiner Ehefrau – das alte Gemäuer wieder in Schuss gesetzt und als romantischer Veranstaltungsraum mit toller Akustik hergerichtet. Im Innern der Kapelle gibt es auch noch ein paar uralte Grabsteine und ein Modell der Burg Steuerwald zu bewundern.

Leider steht der Palas inzwischen leer und ist im Innern baufällig. Wünschenswert wäre eine neue Nutzung - denkbar wären Künstlerwohnungen und Ateliers oder als eine Art Veranstaltungszentrum. Aber das alles kostet Geld.

Ein paar Kilometer weiter auf der anderen Seite der Stadt liegt eine der Burg Steuerwald sehr ähnliche Burganlage, die Marienburg (nicht zu verwechseln mit dem Schloss Marienburg zwischen Nordstemmen und Pattensen-Schulenburg). Die Marienburg errichtete der Hildesheimer Bischof Heinrich III. ein paar Jahre später, ebenfalls zu dem Zweck, sich gegen die Hildesheimer Bürger abzusichern. Um 1349/50 sollen der mächtige Palas (das sogenannte „Hohe Haus“) und der starke Bergfried fertig gestellt worden sein. 1949 bis 1991 wurde im Gewölbekeller der Burg in einer Eisfabrik das „Muku-Eis“ hergestellt, älteren Lesern aus dem Raum Hannover-Hildesheim müsste der Name noch etwas sagen. Seit 1993 wird die Marienburg nun von der Universität Hildesheim als Lehr- und Forschungszentrum genutzt. Hier finden sich viele der kulturwissenschaftlichen Institute im Fachbereich Kulturwissenschaften und ästhetische Kommunikation der Hochschule. Seit Ende 2004 gibt es auch ein „Schulmuseum“ mit einer historischen alten Schulstube. Ach ja, nichts für jemanden, der schnell abnehmen will: die leckeren Torten im Hofcafé der Marienburg verleiten zum Sündigen. Lecke, da kann man nur schwer „nein“ sagen.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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