Herbstzeit im Von-Alten-Garten am Lindener Berg – Grünanlagen in und um Hannover

Herbstzeit im Von-Alten-Garten.
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Wie alt das Dorf Linden ist, weiß wohl niemand so genau. Aber im Jahr 1113 wurde es urkundlich erstmalig erwähnt. Entstanden ist es vermutlich aus einer Gerichtsstätte des Grafen von Roden. Und diese hat dem Dorf seinen Namen gegeben, denn unter Lindenbäumen wurde das Gericht abgehalten.
Im 13. Jahrhundert entstand an diesem Flecken vor den Toren Hannovers ein 56 Hektar großes Gut. Die Ritterfamilie von Alten waren die Besitzer. Dieser Name taucht in und um Hannover häufiger auf. Wohl in dem Dorf Ahlten, zwischen Anderten und Lehrte gelegen, hat die Familie ihren Ursprung. Begegnet bin ich dem Namen auch auf Rittergut Dunau westlich von Hannover, deren Besitzer um 1550 ein Familienzweig der von Altens waren. An anderer Stelle habe ich von einem Graf Carl von Alten berichtet, der als General bei der Schlacht von Waterloo beteiligt war. Die Mausoleumsruine seines Grabes findet man im Naturschutzgebiet Sundern in Hemmingen. Und nicht weit entfernt in Ricklingen liegt das ehemalige Rittergut der von Altens, auf dem der General zu Hause war.

Doch im Jahr 1688 musste die Familie das Gut in Linden aus wirtschaftlichen Gründen verpachten. Franz Ernst von Platen übernahm es, der Hofmarschall bei Herzog Ernst August war. Vier Jahre später ließ von Platen ein Lustschloss errichten, und dazu einen Barockgarten anlegen, der größer war als der heutige Große Garten in Herrenhausen (früher einmal war dieser allerdings doppelt so groß wie heute). Sein Sohn Ernst August ließ den Garten zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit einer vier Meter hohen Mauer umgeben. Teile davon sind noch übriggeblieben. Sie liegen an der Wachsbleiche auf der anderen Seite des Westschnellweges, der 1950 gebaut wurde. Größere Teile der Gartenanlage gingen dadurch verloren.
Nach einigen Gerichtsstreitigkeiten ging das Gut Anfang 1800 wieder in den Besitz der Familie von Alten über. Der französische Garten wurde in einen englischen Landschaftsgarten umgewandelt. Das war der neue Modetrennt. Natürlichkeit statt strenger Geometrie war nun die Devise. In Herrenhausen haben wir mit dem Großen Garten und den Georgengarten beides nebeneinander und können es gut vergleichen.
Der 2. Weltkrieg ließ ein zerstörtes Hannover zurück. Und auch Linden mit seinen vielen Fabriken war davon betroffen. Im letzten Kriegsjahr, 1945, fiel auch das Schloss im Von-Alten-Garten den Fliegerangriffen zum Opfer. Es brannte, da es bis auf die Grundmauern aus Holz errichtet war, vollkommen aus.
Im Jahr 1961 kaufte die Stadt Hannover den Großteil der noch vorhandenen Gartenanlagen, immerhin sieben Hektar, und machte sie der Öffentlichkeit zugänglich. Natürlich hat die Anlage heute ein anderes Aussehen als damals. Gut vorstellen kann man sich dieses aber im historischen nördlichen Bereich, der eineinhalb Hektar umfasst. Diesen, der bis dahin der Öffentlichkeit nicht zugänglich war, hat die Familie von Alten der Stadt Hannover 1997 verkauft. Durch eine Mauer mit zwei Eingängen darin, ist er von den anderen Grünflächen abgetrennt und bildet eine eigene Einheit.

Am besten betritt man den Von-Alten-Garten von der Posthornstraße aus. Früher lag der Haupteingang am Deisterplatz. Eine kurze Allee aus prächtigen Platanen führt zum Torhaus, das 1911 entstanden ist. Und das ist das einzige Gebäude, das von der gesamten Gartenanlage übrig geblieben ist. Aber es beeindruckt, vermutet man doch so ein romantisch wirkendes Ensemble nicht inmitten der Großstadt. Ansonsten findet man nur noch äußerst wenig übriggebliebene Elemente. Einige davon gleich links am Kinderspielplatz. Weiter hinten noch, zur St.-Martins-Kirche hin, das Hundeloch. Auch das sind nur kümmerliche Mauerreste mit einem vergitterten Fenster. Früher soll hier die Gerichtsstätte mit dem dazugehörigen Kerker gewesen sein.
Der größte Bereich der Anlage besteht aus einer Mischung von Wiesengelände und Baumbeständen. Ein Gelände für die Freizeit. Für Familien und Erholungssuchende attraktiv. Doch gleich, wenn man das Eingangstor passiert hat und sich nach ein paar Schritten nach rechts wendet, gelangt man in einer langgezogenen Mauer durch ein weiteres Tor in den Bereich des Von-Alten-Gartens, der noch historisch ist, und den die Stadt Hannover erst 1997 übernommen hat. Und dieser kleinere Bereich ist es, der den Von-Alten-Garten so interessant macht. Man merkt sofort, dass einem hier der Hauch der Geschichte umweht. Man steht an der Balustrade der langen Säulenreihe und blickt auf das Parterre hinunter. In der Mitte eine große Wiese, dahinter schöner, zum Teil alter Baumbestand. Zur Rechten hat man die Reste einer kleinen Grotte. Doch eindrucksvoller ist der Blick nach links. Dort steht die Von-Alten-Buche, eine prächtige Rotbuche mit weit ausladenden Ästen. Vor 200 Jahren wurden drei junge Buchen eng miteinander verflochten. Daraus ist ein einziger mächtiger Baum mit einem Stammumfang von über sechs Metern entstanden, ein Naturdenkmal. Unweigerlich geht man um ihn herum, betrachtet ihn von allen Seiten und staunt über die Schönheit des Baumes. Dabei sollte man die Wege nicht verlassen, denn die Wurzelbereiche unter der Krone sind sehr empfindlich.
Diesen historischen Gartenbereich muss man in aller Ruhe auf sich wirken lassen. Auch wenn er nur eineinhalb Hektar groß ist, so strahlt er doch viel Flair aus. Und mit ihm ist wenigstens ein Teil der früheren Anlage erhalten geblieben.
Danach der Spaziergang durch die ganze Parkanlage. Vorbei am Hundeloch und hinauf zum Lindener Berg. Nach links, wo der Sportplatz liegt, befanden sich früher Kalksteinbrüche. Aus diesem Gestein besteht der Berg, der zu den nördlichsten Ausläufern der deutschen Mittelgebirge gehört. Mit 99 Metern erreicht er allerdings nur eine bescheidende Höhe, und die Aussicht von dort oben ist ziemlich miserabel. Nur Richtung Deister hat man einen kleinen Panoramaausschnitt.
Kurz unter der Bergkuppe sieht man nach rechts hin eine prächtige Villa, die im Volksmund das Lindener Schlösschen genannt wird. Es ist die Villa Osmers, die 1903 errichtet wurde. In der nächsten Villa befindet sich im Keller der Jazz-Club. Es lohnt sich, dort in dichter Atmosphäre mal einen Abend zu verbringen, auch wenn man nicht unbedingt ein Jazz-Fan ist.
Auf der anderen Straßenseite blickt man auf ein großes, rötlich verputztes und sehr markantes Gemäuer. Das ist der Wasserbehälter, der 1878 erbaut wurde. Er versorgt Linden mit dem kühlem Nass aus Harz oder Heide.
Und natürlich gehört bei einem Rundgang am Lindener Berg auch ein Besuch des Bergfriedhofes dazu. Sehenswert ist dort unter anderem der von 1741 stammende Pavillon des einst herzoglichen Küchengartens, der damals allerdings im Bereich der Fössestraße stand. Und besonders sehenswert ist jedes Jahr im März die Scillablüte. Dann färben sich flächendeckende Bereiche des Friedhofgeländes leuchtend blau ein. Ein Muss für Naturinteressierte.
Wer nun noch Lust hat, der kehrt neben dem Wasserbehälter in lauschiger Umgebung im Biergarten unter dem alten Wartturm aus dem 14. Jahrhundert ein, der Mitte des 16. Jahrhunderts zu einer Windmühle umgebaut wurde.
Damit sind wir am Ende des Rundganges am Lindener Berg angekommen. Und natürlich werden wir den Von-Alten-Garten irgendwann mal wieder besuchen. Dann vielleicht im Frühling, oder eben im Vorfrühling zur Scillablüte.

Siehe auch: Parkanlagen und Grüngebiete in und um Hannover

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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