Fototipps: Aufnahmen aus der Froschperspektive

Ungewöhnlicher Blickpunkt: Verstärkt wird die perspektivische Wirkung durch die Weitwinkeleinstellung am Zoomobjektiv.
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  • Ungewöhnlicher Blickpunkt: Verstärkt wird die perspektivische Wirkung durch die Weitwinkeleinstellung am Zoomobjektiv.
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Das ist ganz normal: wenn wir fotografieren, bleiben wir stehen, nehmen den Sucher ans Auge (oder halten das Kameradisplay in Augenhöhe) – und drücken den Auslöser, Wie gesagt, ganz normal. Deshalb wird dieser Blickwinkel, der sich auf unseren Aufnahmen verewigt hat, auch Normalperspektive genannt. Aber was normal ist, ist nicht sonderlich spannend, meistens nur gewöhnlich halt. Deshalb könnte ab und zu eine andere Perspektive vielleicht zu neuen, interessanteren Bildern führen. Wie wäre es, wenn wir einmal die sogenannte „Froschperspektive“ ausprobieren?

Weil die Fotoszene nach meinem Geschmack bei myheimat etwas zu kurz kommt, will ich ab und zu mit Beiträgen zu Fotothemen den Fokus auch mal auf dieses schöne Hobby richten. Heute soll es um den Blick von unten gehen.

„Als Froschperspektive bezeichnet man die Betrachtung eines Gegenstandes von einem unter der normalen Augenhöhe liegenden Augenpunkt.“ Diese Definition steht bei Wikipedia. Damit wäre eigentlich schon alles gesagt. Eigentlich.

Bleiben wir erst einmal bei dieser Definition. Immer wenn wir mit unserer Kamera tiefer als unsere normale Augenhöhe gehen und dann abdrücken, fotografieren wir damit aus der Froschperspektive. Wie so häufig, es gibt es dann zwei Möglichkeiten.

Erstens: wir fotografieren zwar aus einem tieferen Blickwinkel, aber nach wie vor geradeaus. Das empfiehlt sich dann, wenn wir kleinere Models oder Gegenstände auf deren Augenhöhe fotografieren wollen.

Man findet das Gegenteil oft im Netz: da wird der eigene Nachwuchs gern „von oben herab“ fotografiert und auch auf den tierischen Liebling blickt Herrchen oder Frauchen gern aus luftiger Höhe hinab. Der Begriff „von oben herab“ sagt es schon. Wenn wir jemanden so behandeln oder ansehen, dann erhöhen wir uns bzw. den Bildbetrachter und erniedrigen unser Gegenüber. Ist dies eine beabsichtigte Bildaussage, ok. Aber meistens werden solche Bilder aus reiner Bequemlichkeit so fotografiert. Es macht ja Mühe, in die Hocke zu gehen oder sich selbst sogar mal auf den Boden zu legen. Deshalb der Tipp: Liebe myheimatler, geht bei Aufnahmen mit Kindern und Tieren möglichst auf deren Augenhöhe hinunter. Die Bilder wirken in der Regel viel besser.

Hinzu kommt: Nahe am Objektiv sich befindende Gegenstände wirken größer auf dem Foto als fernliegende. Fotografieren wir einen Menschen von oben, hat er damit automatisch einen dicken Kopf und kleine Füße. Gut, als lustigen Gag kann man das schon mal so knipsen, es sollte aber nicht die Regel sein.
Aber auch die normale Umgebung wirkt plötzlich anders, wenn wir uns mal wieder den Erdboden nähern. Blicken wir praktisch aus Kinder- oder Hundeaugen auf unser Wohnzimmer (oder was auch immer), ergeben sich plötzlich ungewohnte Perspektiven und neuartige Eindrücke. Und jeder ungewöhnliche, von der Norm abweichende Blickpunkt macht ein Bild interessant, weil es eben anders und ungewohnt ist.

Die zweite Möglichkeit bei der Froschperspektive ist der Blick von unten nach oben. Fotografieren wir einen Menschen so, dann wird unser Gegenüber erhöht und der Betrachter fühlt sich klein. Unser Model erscheint dominierend bis übermächtig (Chers und Manager lassen sich so gern fotografieren). Durch die verzerrte Perspektive können wir einem hübschen Model mit langen Beinen zudem noch längere hübschere Beine aufs Foto zaubern. Aber das alles will wohl dosiert sein. Denn riesige Füße (wir wissen ja, was nah am Objektiv dran ist, kommt im Bild größer und wuchtiger) und ein kleiner Kopf irgendwo hinten im Foto machen eine Aufnahme dann auch wieder nicht sooo künstlerisch wertvoll.

Fotografieren wir Architektur aus dieser Sicht, bekommen wir automatisch sogenannte stürzende Linien ins Bild. Früher waren die einmal verpönt und es gibt noch immer eine Reihe von Fotografen, die so etwas für einen Bildfehler halten. Dabei sind stürzende Linien nach den Gesetzen der Perspektive was völlig Normales. Nur unser Gehirn täuscht uns bei hohen Bauwerken. Achten wir aber bewusst darauf, dann sehen wir plötzlich, wie etwa die Geraden eines Turms nach oben immer enger zusammenlaufen. Ich nutze diesen Effekt gerne, um ein hohes Bauwerk dynamisch ins Bild zu setzen.

Statt „Froschperspektive“ sagen viele Menschen einfach „Untersicht“ dazu. Und da sind wir dann an den Grenzen der Definition von Wikipedia angekommen. Denn eine Untersicht können wir ebenfalls erzielen, wenn wir aus unserer normalen Augenhöhe schräg nach oben fotografieren, etwa ein hohes Gebäude, einen Vogel im Flug oder ein Fluggerät. Solche Aufnahmen würde ich ebenso zum Thema Froschperspektivezählen, auch wenn der Fotograf sich hier nicht klein wie ein Frosch gemacht hat.

Grundsätzlich kann jede Kamera die Froschperspektive. Besitzer von Amateurgeräten haben hier aber einen Vorteil gegenüber Profis. Denn bei den sau-teuren Profigeräten fehlt oft ein dreh- und schwenkbares Kameradisplay. Gerade wenn man älter wird, ist aber so ein Ding äußerst hilfreich für die Motivsuche, muss man damit dann doch nicht so weit hinunter, als wenn durch den Sucher geblickt wird. Und noch ein Tipp: verstärkt wird die Wirkung der Froschperspektive durch den Einsatz eines Weitwinkelobjektives, dass kann dann manchmal schon etwas ins Surreale gehen. Aber wie so oft in der Fotografie heißt es hier: Einfach ausprobieren und sehen, was einem gefällt und was nicht.

Die Froschperspektive hat – das sei nicht verschwiegen – auch ihre Tücken. Unsere Belichtungsautomatik kann durcheinanderkommen. Denn wenn wir von unten nach oben fotografieren, kommt zwangsläufig der meistens helle Himmel mit ins Bild. Das heißt, es gibt hohe Kontraste. Entweder werden die hellen Bildpartien ausgefressen oder das Objekt unserer fotografischen Begierde erscheint mehr oder weniger als Silhouette vor dem im Übrigen korrekt belichteten Himmelsblau. Hier hilft in der Regel nur eine manuelle Belichtungskorrektur.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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