Neues zum Thema Fotorecht

Fotografie und Recht: Was auf den ersten Blick wie zwei verschiedene Welten erscheint, ist doch vielfältig miteinander verquickt. Und auch wenn es kompliziert scheint: ein Fotograf tut gut daran, sich den rechtlichen Fragen seines schönen Hobbies zu stellen. Im Rahmen einer kleinen Serie hatte ich ja schon vor Längerem hier auf myheimat mich mit den grundsätzlichen Fragen zum Thema „Fotorecht“ beschäftigt - was ist Panoramafreiheit, wann darf ich andere Menschen fotografieren, gibt es Gebrauchsmuster- und Urheberrechte zu beachten, verletzte ich möglicherweise sogar Eigentums- und Persönlichkeitsrechte? Gerade wenn man seine Bilder im Internet zu Schau stellt, kann einen so mancher dieser Punkte durchaus schlaflose Nächte bereiten. Wer sich damit noch einmal näher beschäftigen möchte, sei auf diese alten (aber noch aktuellen) Beiträge verwiesen. Diese Serie habe ich schon mehrmals mit Berichten über neuere aktuelle Urteile ergänzt. Das soll sich auch im neuen Jahr nicht ändern. Bei Recherchen im Netz stieß ich nun wieder auf einige interessante Entscheidungen bundesdeutscher Gerichte. Drei davon sollen hier kurz vorgestellt werden.

Einen auch für myheimat-User ganz besonders interessanten Beschluss hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) am 23.09.2013 getroffen. Zwar ging es darin um die Veröffentlichung eines Videos bei YouTube. Aber abgesehen davon, dass inzwischen bei myheimat auch Videos eingestellt werden können, ist der (rechtliche) Unterschied zwischen einem „Stillbild“ (sprich Foto) und einem „bewegten Bild“ (sprich Video) nun auch nicht so groß. In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob im Internet über einen Verkehrsunfall mit Bildmaterial und Nennung des vollen Namens des Unfallverursachers berichtet werden darf.

„Das öffentliche Informationsinteresse kann eine identifizierbare Berichterstattung über einen Verkehrsunfall mit fahrlässiger Tötung durch auf YouTube hochgeladene Videos rechtfertigen“, heißt es in der Entscheidung aus Hamm (Az. I-3 U 71/13 und 3 U 71/13), bzw. vielmehr in einem vorausgehenden Beschluss des gleichen Gericht vom 07.08.2013, auf den in der späteren Abschlussentscheidung verwiesen wird. Jemand hatte ein Video bei YouTube hochgeladen, in dem - unter Nennung des Namens und einer (allerdings veralteten Adresse) des Täters über einen von diesem verursachten Verkehrsunfall mit zwei Toten berichtet wurde. Die Richter in Hamm kamen zu dem Ergebnis, dass dies zulässig ist. „Die Allgemeinheit hat ein berechtigtes Interesse, über Gerichtsverfahren und zumindest solche Straftaten informiert zu werden, die einen aktuellen Bezug haben und sehr schwer wiegen oder aus anderen Gründen ein besonderes öffentliches Interesse begründen. Je mehr sich die Tat in ihrer Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt, umso größer ist das Öffentlichkeitsinteresse. Es bezieht sich dabei grundsätzlich auch darauf, nähere Informationen über den Täter zu erlangen, zum Beispiel seinen vollständigen Namen oder sein Aussehen zu erfahren“, schreiben die Richter in ihrem Beschluss. „Wer die Rechtsordnung und damit den Rechtsfrieden bricht sowie Dritte verletzt, der ruft selbst ein öffentliches Informationsinteresse hervor und muss neben einer strafrechtlichen Sanktion daher hinnehmen, dass sich die Öffentlichkeit mit seiner Tat auseinandersetzt und sich über diese auf den üblichen Wegen umfassend informiert.“

Ein unbeschränkter Freibrief ist diese Entscheidung freilich nicht. Denn wie überall, wo Persönlichkeitsrechte mit im Spiel sind, tun sich die Richter mit eindeutigen Entscheidungen schwer. Immer ist es eine Abwägung im Einzelfall zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, jedes Urteil ist deshalb eine Einzelfallentscheidung und es fällt schwer, eine gerade Linie zu finden, die vorbehaltslos verallgemeinert werden kann.

Ein anderer Fall: Darf ein Polizeibeamter verlangen, dass Fotos von seinem Einsatz wieder gelöscht werden? Diese Frage beschäftigte das Verwaltungsgericht Meiningen und urteilt. „Die Anordnung der Löschung der Bilder war rechtswidrig.“

Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die die Anordnung des Polizeibeamten hätte rechtfertigen können, lag nach Ansicht der Richter nicht vor. Der Polizist hatte sich damit gerechtfertigt, er habe eine Straftat nach dem Kunsturhebergesetz - nämlich das unbefugte Verbreiten und Veröffentlichen der Fotos verhindern wollen. Die Verwaltungsrichter vermochten diesem Argument indes nicht zu folgen.

"Nach einer in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte vertretenen Auffassung … ist das Filmen und Fotografieren polizeilicher Einsätze grundsätzlich zulässig“, sagten sie in ihrem Urteil vom 13.03.2012 (Az.: 13.03.2012). Aber Vorsicht, hier geht es nur um die Aufnahme selbst. Was mit den Bildern später geschehen darf und was nicht, ist eine andere Sache. Das Veröffentlichen solcher Fotos ist auch nach diesem Urteil möglicherweise rechtlich kritisch. Da aber in dem von den Meininger Richtern zu entscheidenden Fall „konkrete Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Veröffentlichung der Bilder durch den Kläger“ nicht vorlagen, brauchte sich das Gericht mit dem Problem einer Veröffentlichung auch nicht weiter beschäftigen. Hier wäre dann wohl wieder eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des abgebildeten Polizisten und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu treffen gewesen, von der niemand mit Sicherheit voraussagen kann, wie diese ausgegangen wäre. Insoweit ist bei einer entsprechenden Bildberichterstattung auf myheimat weiterhin Zurückhaltung und Fingerspitzengefühl anzuraten.

Übrigens: Der Fotograf hatte seine Aufnahmen zwar auf Weisung des Polizeibeamten in der Kamera gelöscht, die Karte aber danach nicht mehr überschrieben. So konnte er später die Aufnahmen wieder herstellen.

Dass nach bundesdeutscher Rechtsordnung fremde Eigentumsrechte uns nicht das Fotografieren des Eigentums anderer Leute verbieten, nach Ansicht der obersten Richter beim BGH in gewissen Fällen aber doch, hatte ich ja schon in einem früheren Beitrag ausführlich dargestellt. Eine interessante Variante dieses rechtlichen Problems steuerte nun das Kammergericht Berlin in seinem Urteil vom 25.10.1012 (Az. 10 U 136/12) bei. Sehen wir einmal großzügig darüber hinweg, dass es wieder einmal um Filmaufnahmen und nicht um Fotos ging. Die rechtliche Fragestellung bleibt schließlich die gleiche.

Was war geschehen? Der Beklagte veröffentlichte einen Film, der auch Szenen enthielt, die ohne Erlaubnis auf dem Betriebsgelände eines öffentlichen Personennahverkehrsunternehmens aufgenommen wurden. Das wollte das Unternehmen nicht zulassen. Das Kammergericht wies die Klage der Verkehrsgesellschaft aber ab.

Wir erinnern uns: Grundsätzlich kann uns ein Eigentümer nicht verbieten sein Eigentum zu fotografieren. Davon machen die Gerichte zwei wesentliche Ausnahmen: 1.) Wir betreten zu der Aufnahme das fremde Grundstück und fotografieren das Haus oder ein anderes Objekt vom Grundstück des Hauseigentümers aus. Da im Rahmen des Hausrechts jeder Eigentümer oder Besitzer bestimmen darf, was auf seinem Grundstück geschieht, dürfen wir dann nach Auffassung vieler Juristen ohne seine Erlaubnis von dort auch nicht fotografieren. Verwerten wir dort gemachte Fotos ohne Einverständnis, könnten wir zum Schadenersatz herangezogen werden, weil der Fotograf - jedenfalls nach Auffassung des BGH - Früchte des Grundstückes genutzt hat. 2.) Wir verletzten mit dem Foto - unabhängig davon, ob wir auf dem Grundstück selbst stehen oder von außerhalb fotografieren - dass allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betreffenden (Beispiel: wir klettern auf einen Baum des Nachbargrundstücks und fotografieren von dort durch das Fenster das sonst nicht einsehbare Schlafzimmer des Hausbewohners - diese Aktion könnte sehr kritisch gewertet werden).

Die Berliner Richter sehen die eben beschriebenen Rechtslage zwar auch so, gaben aber trotzdem dem Beklagten Recht, der den Film mit den beanstandeten Bildern auf einer DVD vertreiben wollte. Erst einmal schloss sich das Gericht in diesem Urteil zwar grundsätzlich der Rechtsmeinung des Bundesgerichtshofes (BGH) an. „Das Eigentum an einem Grundstück kann durch das Aufnehmen und die Verwertung von Fotografien von auf ihm errichteten Gebäuden und auf ihm angelegten Gartenanlagen und Parks beeinträchtigt werden, wenn das Grundstück zur Anfertigung solcher Fotografien betreten wird“, schreiben sie von Karlsruhe ab. Das Kammergericht argumentiert dann weiter, das Recht des Eigentümers, auf seinem Grundstück das Fotografieren und Filmen zu verbieten, rühre daher, dass er allein die Früchte seines Grund und Bodens genießen oder verwerten darf. Dazu gehöre auch die Verwertung von Fotos und Filmen, die von Gebäuden und Gärten auf seinem Grundstück angefertigt wurden. Das liegt ebenfalls noch auf der Linie der BGH-Rechtsprechung. Danach wird es aber interessant. Der umstrittene Film, so das Urteil weiter, beschäftige sich indes mit Graffiti-Sprayer, die das Eigentum des Klägers beschädigen. Die kommerzielle Nutzung des Filmes beziehe sich daher gerade nicht auf die mit Schmierereien versehen Fahrzeuge des Klägers, ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Verkehrsunternehmens an der Nutzung der aufgenommenen Bilder bestehe deshalb nicht. Und aus diesem Grund könne sich der Eigentümer auch nicht gegen die Veröffentlichung der Bilder wehren.

Obwohl der Eigentümer der mit-abgebildeten Fahrzeuge keine natürliche Person ist, prüfen die Kammerrichter dennoch auch die Frage der Verletzung eines Persönlichkeitsrechtes. Sie billigen nämlich auch juristischen Konstruktionen ein sogenanntes „Unternehmerpersönlichkeitsrecht“ zu. Es kommt jetzt in der Entscheidung zu der üblichen Abwägung zwischen den Interessen des Unternehmens einerseits und der Meinungs- und Kunstfreiheit anderseits, die hier zugunsten des DVD-Vertreibers ausgeht. Bemerkenswert: „Heimliche Filmaufnahmen in nicht öffentlich zugänglichen Betriebsräumen (sind) nicht generell verboten“, stellen die Berliner Richter fest.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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