Damals in Döhren: Als die „Profi-Bau“ ein Wasserkraftwerk plante

Auf einer öffentlichen Veranstaltung des FDP-Stadtbereiches Süd wurden im April 1986 die Pläne der Profi-Bau für ein Wasserkraftwerk vorgestellt.
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Derzeit wird in Döhren wieder um ein Wasserkraftwerk gestritten. Doch Investoren brauchen einen langen Atem. Es ist mittlerweile der dritte Anlauf eines Unternehmens, nach dem Ende der Döhrener Wolle wieder die Wasserkraft am Döhrener Leinewehr zu nutzen. Den ersten Versuch unternahm ab Mitte der 80ger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Profi-Betreuungsgesellschaft und geriet mit ihren Plänen prompt zum Zankapfel der politischen Parteien. Denn die Anwohner der Döhrener Leineinsel, die sich ihre Eigentumswohnungen teuer erkauft hatten, wollten partout kein Kraftwerk vor ihrer Haustür. Egal, ob es ökologisch sinnvoll ist oder nicht, egal, ob es stört oder nicht. So votierten bei einem offiziellen Hearing, zu dem der FDP-Stadtbereich im April 1986 die Bürger eingeladen hatte, nur drei von fast 50 Besuchern für eine neue Turbinenanlage.

Dabei waren große Eingriffe in die Leine gar nicht notwendig. Bereits seit dem Mittelalter wird in Döhren der Fluss aufgestaut. Eine Wassermühle klapperte hier am rauschenden „Bach“. Anfang des 20. Jahrhunderts schaufelten Arbeiter im Auftrag der Döhrener Wollwäscherei (die die Mühle hatte abreißen lassen) dann einen Turbinenkanal - und trennten damit ein Stückchen von der Leineinsel ab. In dem seinerzeit errichteten Turbinenhaus wurde der Strom für das Werk erzeugt. Als die Wolle ihre Tore für immer schloss, war es allerdings mit der Nutzung der Wasserkraft vorbei. Etwas mehr als zehn Jahre später kam dann die Profi-Betreuungsgesellschaft mbH (kurz Profi-Bau genannt) nach Döhren und wollte den Leinestau wieder nutzen.

Der FDP-Stadtbereich Süd lud im Frühjahr 1986 in das Restaurant "Altes Pförtnerhaus" (heute ist hier Ecke Am Uhrturm/Am Lindenhofe ein chinesisches Speiselokal) Döhrener Bürger ein, um der Profi-Bau Gelegenheit zu geben, ihre Pläne zu erläutern und mit den Anwohnern zu diskutieren. Die aber lehnten zumeist das Projekt rundweg ab. „Wir fürchten einen Wertverlust für unsere Eigentumswohnungen“, hieß es, oder; „Da steht dann ein schöner Klotz in der Landschaft.“ Seitens der Stadt Hannover hingegen rieb man sich die Hände. Denn das historische Leinewehr, das auf die Zeiten zurückging, als der hannoversche Unternehmer Johann Duve die Mühle im 17. Jahrhundert übernahm, war dringend sanierungsbedürftig. Die Stadt hoffte, die Kosten dafür dem Kraftwerksunternehmen aufdrücken zu können. Dies interessierte die anwesenden Döhrener aber weniger. Die meisten Anwohner erklärten nur, neue Turbinen im alten Turbinenhaus würden sie akzeptieren. Doch die eigentlich neuwertigen Turbinen der Wolle waren längst ausgebaut und verscherbelt worden, zu allem Übel die Turbinenschächte zubetoniert. Eine Reaktivierung des Turbinenhaues wurde damit nahezu unmöglich, seither dient es nur noch als Brückenhaus für die Leineinsel.

Einen Fauxpas leistete sich damals der Vize-Bezirksbürgermeister Bernhard Wedler von der FDP. Er rügte ausdrücklich, dass die Stadtverwaltung dem Bezirksrat nicht über die Pläne der Profi-Bau informiert hätte. Das stimmte allerdings nicht, die Politiker hatten nur nicht richtig zugehört. Schon in der September-Sitzung 1985 erzählten Eckehard Klein vom Stadtplanungsamt und Ingomar Jokusch vom damaligen Garten- und Friedhofsamt von dem Vorhaben derProfi-Bau. Die CDU hatte nämlich in einer Anfrage sich nach einem geplanten, damals aber noch nicht gebauten Wanderweg auf der Leineinsel erkundigt. De Ausbau habe sich verzögert, so die beiden städtischen Mitarbeiter in der Antwort in jener Bezirksratssitzung, weil zuvor die Bauvoranfrage für ein Wasserkraftwerk am Leinewehr zu prüfen sei. Aber da wurde wohl keiner der Ortspolitiker hellhörig.

Die Profi-Bau schmiss dann später das Handtuch und auch ein weiterer Unternehmer (von ihm soll ein hohes Wasserrad geplant gewesen sein) verfolgte seine Ideen letztendlich nicht weiter. Nachdem sein Vorhaben zu den Akten gelegt wurde, erklärte der damalige Oberbürgermeister Stephan Weil in einer Bürgerversammlung im Freizeitheim Döhren sogar, damit hätten sich Pläne für ein Wasserkraft an der Döhrener Leine ein für alle Mal erledigt.

Die Stadtverwaltung selbst unternahm zur Sicherung des denkmalgeschützten Wehres überhaupt nichts, hoffte wohl weiterhin auf einen zahlungskräftigen Investor und ließ das Wehr aus dem Jahr 1668 verfallen. Erst als die Anlage nicht mehr zu retten war, erneuerte die Stadt auf eigene Kosten die Stauanlage und schuf das heutige moderne Wehr.

Mittlerweile ist aber wieder die Nutzung der Wasserkraft im Gespräch. Der jetzige Investor plante zuerst eine kleine Anlage am Wehr im Turbinenkanal (dem heutigen östlichen Leinearm), wechselte dann aber den geplanten Standort zum großen Wehr. Obwohl sich das Verfahren und die Bürgerdiskussionen darüber schon wieder seit Jahren hinziehen, ist bislang nicht viel passiert.

Seit weit über 30 Jahren gehe ich mit der Kamera auf Pirsch und begleite das Geschehen im heutigen Stadtbezirk Döhren-Wülfel fotografisch. Einige der Aufnahmen von damals scanne ich jetzt nach und nach ein, um sie ins digitale Zeitalter herüber zu retten. Unter der Überschrift "Damals in Döhren" bzw. "Damals in ..." möchte ich den myheimat-Usern kleine Einblicke in mein Fotoarchiv geben. Vielleicht erinnert sich ja der eine oder andere noch an die damaligen Ereignisse oder erkennt sich auf einem der alten Fotos sogar wieder.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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