„Inklusiver Sport – miteinander im Verein“ - Ein erster Schritt

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Die Veranstalter (SportRegion Hannover, Behinderten-Sportverband Niedersachsen, Landeshauptstadt und Region Hannover sowie Special Olympics Niedersachsen und Lebenshilfe Hannover) freuen sich über das rege Interesse in der SportRegion Hannover.

Mehr als 100 Teilnehmende nutzten am Samstag, 4.2.2017 die Impulsveranstaltung „Inklusiver Sport – miteinander im Verein“ in der Akademie des Sports, um sich dem Thema Inklusion im Sportverein zu widmen, auszutauschen, Anregungen einzuholen und gemeinsam Wege finden, Menschen mit Behinderung in bestehende Angebote zu integrieren bzw. neue Sportgruppen ins Leben zu rufen. Das Ziel der Veranstalter ist es, dabei zu helfen, die Zahl von Menschen mit Behinderung in den Sportvereinen zu erhöhen und ein nachhaltiges inklusives Netzwerk für Sportvereine in Stadt und Region Hannover zu schaffen.

Die Teilnehmenden erwartete ein spannender Impulsvortrag zum Thema „Behindertensport als Teil des (normalen) Sports, eine Interviewrunde zum Thema „Best-Practice“ sowie drei Workshops mit interessanten Diskussionen über und Impulsen zu den Themenpunkten Netzwerkbildung, Kreativwerkstatt für Vereine und Inklusive Sportstunde. Außerdem lud ein Inklusionscafé zum Informieren, Austauschen und Verweilen ein.

Mit diesem Tagesangebot wollten die Organisatoren einen ersten gemeinsamen Impuls setzen, um dabei zu helfen, die Zahl von Menschen mit Behinderung in den Sportvereinen zu erhöhen sowie Vereine beim Ausbau ihrer inklusiven Strukturen zu unterstützen.

Die Veranstalter sind froh über die Teilnahme und den konstruktiven Austausch:
„Im nächsten Schritt werden die Ergebnisse und Anregungen genutzt, um weitere unterstützende Maßnahmen zu planen und ein nachhaltiges inklusives Netzwerk für Sportvereine in Stadt und Region Hannover aufzubauen.“

Den Anfang machte Rainer Schmidt, 51, Paralympische Tischtennissieger, Buchautor und Theologe. Als Moderator der Veranstaltung und Referent über inklusiven Sport nahm er die Menschen mit und ohne Behinderung im Publikum ernst und brachte sie auf humorvolle Art auf Kurs. Ohne Unterarme geboren sei er als Kind zuweilen auf den Kopf gefallen, aber nie auf den Mund. Mit Aussagen wie dieser wurde schnell klar, dass er die Idealbesetzung für die Leitung der Veranstaltung war.

Zur besseren Verständigung haben die Ausrichter dem Moderator u.a. zwei Gebärdendolmetscherinnen an die Seite gesetzt sowie der Teilnehmermappe ein rotes Stopp-Schild mit der Aufschrift „HALT! – Leichte Sprache!“ beigefügt, um aus dem Publikum gegebenenfalls dem Sprechenden zu signalisieren, die letzte Aussage bitte zu wiederholen und möglichst einmal klarer den Kerninhalt zu formulieren.

Nach den Grußworten der Veranstalter durch den Vertreter der SportRegion Hannover, Ulf Meldau (Regionssportbund Hannover) und den Präsidenten des Behinderten-Sportverbands Niedersachsen, Karl Finke mit motivierenden Worten an die Teilnehmenden sich aktiv einzubringen und diesen Tag zu nutzen, um sich zu informieren und zu vernetzen, ging es unterhaltsam und kurzweilig weiter.

„Ich freue mich Sie alle hier heute begrüßen zu dürfen und bin gespannt, was wir im Nachgang zu den Special Olympics mithilfe dieser Veranstaltung auf die Beine stellen können, damit Sport miteinander zur normalen Sache wird. Wir Verbände haben ein großes Interesse Chancen und Möglichkeiten zu erörtern. Wir wollen Kontakte knüpfen, wir wollen Kooperationspartner finden und mit Ihnen gemeinsam den Status Quo von unserer SportRegion ermitteln. Weitere Ziele für heute sind es Herausforderungen zu erkennen, erste Hilfestellungen zu geben und sich untereinander und miteinander zu vernetzen. Ich freue mich auf einen interessanten Tag und hoffe, dass wir durch den Impuls des Vortrags, der Workshops heute so viel Input kriegen, dass wir zusammen an einer tollen Sache weiterarbeiten können.“
Ulf Meldau, Regionssportbund Hannover, 1. stellv. Vorsitzende

Der Präsident des Behinderten-Sportverbandes Niedersachsen, Karl Finke, unterstrich in seinem Grußwort die Bedeutung eines inklusiven Netzwerks für Stadt- und Region Hannover.

„Und wir haben ja quasi vor der Haustür gute Beispiele, wie so etwas auch nachhaltig funktioniert, so Finke. Angefangen hat es mit dem Projekt LINAS (Lingen integriert natürlich alle Sportler). Daraus hervorgegangen sind ähnlich Projekte im Emsland (INDUS) und in Braunschweig (BINAS). Ich bin mir sicher, dass wir mit den starken Partnern, die sich jetzt auf den Weg gemacht haben, ein gutes, und vor allem nachhaltiges inklusives Netzwerk hinbekommen werden.“ Und an die Veranstaltungs-Teilnehmer gerichtet ergänzte Finke:“ Wichtig ist, dass Menschen mit Behinderung von Anfang an in die Planungen mit einbezogen werden. Denn sie sind die wahren Experten. Und nur bei echter Partizipation können wir nach dem Motto „Nichts über uns ohne uns“ von echter Inklusion sprechen.“
Karl Finke, Behinderten-Sportverband Niedersachsen, Präsident

Das Team United des Reit- und Voltigierclubs Wedemark übernahm nun für die nächsten Minuten das Zepter. Am und auf dem mobilen Holzpferd „Klaus“ zeigten die jungen Sportler ihre Choreographien aus mehreren akrobatischen Elementen. Auf diese Weise wurde das Publikum auf subtile Art und Weise auf das Thema Miteinander eingestellt, das bei Inklusion im Vordergrund steht. Denn unter der Leitung von Iris Berthold voltigieren behinderte und nicht-behinderte Jugendliche gemeinsam – und das funktioniert super, was die Darbietung ansehnlich demonstrierte. Und neben dem sichtbaren Spaß innerhalb der Gruppe, kann sich auch ihre sportliche Leistung mehr als sehen lassen. RVC heißt TEAM, so ihr Schlachtruf. Und das TEAM feiert seit mehreren Jahren nicht nur lokal, sondern auch international Erfolge. Der Gewinn der Silbermedaille bei den Special-Olympics 2016 in Hannover belegt dies eindrucksvoll.

Im nächsten Programmpunkt versuchte Rainer Schmidt selbst mit dem Publikum das Ziel Behindertensport als Teil des normalen Sports mit der Ausgangsfrage: „Wie und wo kann der Sport mit Menschen mit Behinderungen verortet werden?“ zu erörtern und lieferte zu dem Thema viele Anekdoten und persönliche Erfahrungen aus seinem eigenen Leben.

Als Talkmaster führte Rainer Schmidt anschließend das Fachgespräch mit der Leitfrage: „BEST PRACTICE BEISPIELE“ Wie funktioniert Inklusion? Die Expertenrunde bestand aus Sabrina Rathing (Handicap Kickers), Iris Berthold (RVC Wedemark), Kai Schröder (ehem. Paralympics-Teilnehmer und Mitarbeiter im Behinderten-Sportverband Niedersachsen) sowie Laura Hardy und Herbert Krüger (Athletensprecher Special Olympics 2016).

„Eigentlich gibt es keine besonderen Unterschiede zum Trainingsalltag anderer Mannschaften, allerdings ist der Betreuungsschlüssel beim inklusiven Sport deutlich höher. Und wir als Trainer sind mehr mittendrin und machen viel mit. Von außen ist dann oft gar nicht erkennbar- wer ist Trainer oder Sportler ist. Alle sind aktiv dabei. Dies unterstützt aber auch die Motivation. Aber natürlich gibt es eine Leitkultur, dass der Trainer das Sagen hat. Beim Endspiel sind wir als Trainer aber auch gern dabei. Es ist ja unser Hobby und wir wollen Spaß haben und nicht nur am Rand stehen.“
Sabrina Rathing, Handicap Kickers, 1. Vorsitzende

Nach dem Mittagessen ging es für die Teilnehmenden in ihre ausgewählten Workshops. Die Auswahl bestand aus Netzwerkbildung mit Frank Eichholt, Kreativwerkstatt für Vereine mit Kai Schröder und Jörg Beismann sowie Inklusive Sportstunde in der Gymnastikhalle mit Diana Ringwelsky.

Im Workshop A berichtete Frank Eichholt anhand des Projekts LinaS (Lingen integriert natürlich alle Sportler) darüber, wie ein erfolgreiches Netzwerk aufgebaut werden kann.
Frank Eichholt ermutigte die Teilnehmenden dazu, sich einzubringen und mitzumachen. Aus seiner Erfahrung heraus sind viele Kooperationen notwendig, um inklusiven Sport nachhaltig zu verankern. Allerdings, erklärt der ehemalige LinaS-Projektleiter, sei der Aufbau einer nachhaltigen Struktur mit gemeinsam getragener Strategie nicht von heute auf morgen zu erreichen. Eine besondere und noch entscheidendere Rolle als bei nichtbehinderten Kindern, spielten Eltern und Angehörige. Ferner bedürfe es Helfer im Verein, wie Trainer und Übungsleiter, die eine fachliche Kompetenz aufwiesen im Umgang mit Behinderten.

Doch zuallererst sollte eine entscheidende Frage gestellt für die SportRegion Hannover geklärt werden: „Wollen die Menschen mit Behinderung in einem Verein Sport treiben?“
Es sei nämlich ein Unterschied, ob Eltern und Angehörige wollen, dass die Jugendlichen im Verein Sport treiben oder ob die Jugendlichen selbst im Verein aktiv sein wollen.

Für die SportRegion Hannover bestünde eine besondere Situation, weil in der Landeshauptstadt auch Landesverbände wie Landessportbund, Behinderten-Sportbund und Special Olympics Niedersachsen ansässig sind. Eine gute Voraussetzung sich qualitativ zu vernetzen. Und die Vernetzung habe bereits begonnen. Diese Veranstaltung entstand in kooperativer Zusammenarbeit der großen Organisationen vor Ort mit Bezug zum organisierten Sport. Jetzt gilt es das Potenzial und das Interesse der Teilnehmenden zu nutzen, um das Netzwerk möglichst breit aufzustellen. Als Feedback kam aus der Runde, dass eine Zusammenarbeit an einem Netzwerk für die SportRegion Hannover gewünscht sei.

Im Workshop B nutzten die Referenten Kai Schröder vom Behinderten-Sportverband und Jörg Beismann als Vereinsberater der SportRegion verschiedene Methoden, um die Teilnehmenden für die Thematik zu sensibilisieren und auf vorhandene Hürden aufmerksam zu machen. Nachdem jeder der Teilnehmer den Inklusions-Selbstcheck „Zielsetzung mit Analyseraster“ für Vereine für sich bzw. seinen eigenen Verein durchgeführt hat, fanden sich mehrere 4er-Gruppen als neugegründete fiktive Vereine zusammen, um fortan sich mit der Umsetzung von inklusiven Angeboten in ihrem Verein beschäftigten.

Im Workshop C erwartete die Teilnehmenden eine aktive Sportstunde mit Diana Ringwelsky (Referentin der SportRegion) mit den Schwerpunkten Wahrnehmung und Selbsterfahrung sowie Tipps zur Anpassung bestehender Angebotsinhalte. Hier konnten interessierte Teilnehmende u.a. erfahren, wie es ist, scheinbar einfache Aktivitäten mit einer Einschränkung zu erleben. Auf dem Programm standen neben Balancieren und Slalomparcours mit Sichtbehinderung auch Puzzeln mit Handschuhen, Fangspiele mit Rechenaufgaben sowie ein Rollstuhlparcours.

Einig waren sich die Teilnehmenden, dass durch das Ausprobieren und Selbsterfahren der Blick für die Schwierigkeiten von eingeschränkten Funktionen differenzierter wurde. Verständnis wurde geweckt und für Probleme sensibilisiert.

Zum Thema Umsetzung kamen die Teilnehmenden der einzelnen Workshops auf unterschiedliche Ergebnisse: Herrschte im praktischen Workshop C eher Erstaunen darüber, wie einfach die Erfahrungen in die Praxis umgesetzt werden könnten, war die Erkenntnis in Workshop B, der Kreativwerkstatt, dass die Umsetzung ein Prozess ist und Zeit bedarf. Die Teilnehmenden in Workshop A nahmen den Vortrag als Anregung an und äußerten sich interessiert an der Mitarbeit an einem nachhaltigen Netzwerk.

Am Ende fassten die Referenten noch einmal in Kurzform ihre Inhalte und die Ergebnisse zusammen, bevor Ulf Meldau mit den abschließenden Worten die Veranstaltung beendete:

„Ich habe heute auch wieder einiges gelernt. Das MITEINANDER müssen wir im Sportalltag einfach groß schreiben. Ich bin mir sicher, dies war ein fruchtbarer Tag. Ich habe mitbekommen, dass viele Organisationen zusammengekommen sind und dass sehr sehr viele Menschen sich unterhalten und entsprechend erste kleine Netzwerke für sich gesponnen haben. Und genau das ist es ja, das wir mit dieser Veranstaltung anregen und erreichen wollten. Ich nehme für mich und meinen Verein, aber auch für meinen Sportbund mit, dass wir noch einiges an Überzeugung leisten müssen, damit sich die Vereine auch öffnen und Inklusion leben können bzw. Inklusion zur Normalität wird. Dabei sein ist alles – könnte ein schöner Leitgedanke sein, denn Nichts ist schöner als Sport zu treiben und Spaß zu haben. Wir wollen den Sport leben! Nehmen Sie die Anregungen des heutigen Tages mit. Bleiben Sie uns treu und tragen Sie den Inklusionsgedanken mit nach draußen!“
Ulf Meldau, Regionssportbund Hannover, 1. stellv. Vorsitzende

Gut zu beobachten war übrigens, dass die Teilnehmenden mit geistiger Behinderung in Workshop C völlig unvoreingenommen Mitglieder der Gruppe waren und als Partner gewählt und akzeptiert wurden. - Die Behinderung stand in keiner Form im Mittelpunkt. - Ein erster Schritt…

Mehr Infos zur Veranstaltung sowie Impressionen von der Veranstaltung:
www.sportregionhannover.de/inklusion

[Die Veranstaltung wurde gefördert durch die Niedersächsische Lotto-Sport-Stiftung und unterstützt vom LandesSportBund Niedersachsen.]

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Bürgerreporter:in:

RSB Regionssportbund Hannover e.V. aus Hannover-Mitte

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