Wandern in den Pyrenäen

Schönste Berglandschaften gibt es in Europa nicht nur in den Alpen, sondern auch in den Pyrenäen.
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  • Schönste Berglandschaften gibt es in Europa nicht nur in den Alpen, sondern auch in den Pyrenäen.
  • hochgeladen von Kurt Wolter

Wer gern im Hochgebirge wandert und einmal etwas anderes als die Alpen erleben möchte, für denjenigen können die Pyrenäen ein attraktives Ziel sein. Auf einer Länge von 400 Kilometern erstrecken sie sich vom Golf von Biscaya am Atlantik bis zum Mittelmeer. Sie trennen Frankreich von der Iberischen Halbinsel und verteilen sich damit auf etwa die Hälfte jeweils zu Frankreich und Spanien. Mitten über die höchsten Bergzüge verläuft die Grenze, die aber nur an den wenigen Übergängen erkennbar ist.

Wir hatten uns vorgenommen, in diesem schönen Gebirge die drei höchsten Gipfel zu besteigen. Doch es sollte anders kommen. Nachdem wir den mit 3355 Metern Höhe dritthöchsten Gipfel, den Monte Perdido, erklommen hatten, stellten wir fest, dass die Landschaft dort oben in den Hochregionen auch nicht anders ist als in den uns so vertrauten Alpen. Anders war sie jedoch in den mittleren Höhenregionen. Dort im Nationalpark Ordesa, der vielleicht schönsten Landschaft der Pyrenäen, durchschneiden riesige Canyons die Hochplateaus. In Myriaden von Jahrmillionen haben Eis und vor allem das Wasser ganze Arbeit geleistet. Tief hat es Schluchten in das Gestein hinein gefressen und manchmal 1000 Meter hohe Wände geschaffen. Und diese grandiose Natur war es, die einen ganz besonderen Reiz auf uns ausübte, die doch so ganz anders ist als die in den Alpen. Es war einmal nicht das Gipfelglück, das wir hier kennengelernt haben, sondern eher das Glück in den Schluchten mit ihren türkisgrünen Wildbächen. Was war es für eine Freude, immer mal wieder zwischen den Kaskaden in das Wasser zu springen - auch wenn es meistens eiskalt war - und sich von der Strömung treiben zu lassen. Doch danach wurde uns schnell wieder warm, denn die Temperaturen in der ersten Julihälfte reichten an den meisten Tagen an die 30 Grad heran. Üblich sind um diese Jahreszeit Temperaturen um die 25 Grad. Längere Wanderungen können bei hohen Gradzahlen schon etwas anstrengend werden. Doch man geht nicht immer in der Sonne, und im Schatten ist es gut auszuhalten. Juli und August sind zumindest für die Hochgebirgsregion die beste Reisezeit. Wer nicht ganz so hoch hinaus und den hohen Temperaturen aus dem Wege gehen möchte, dem empfehle ich den September.

Wer in den Alpen unterwegs ist, der ist gut ausgeschilderte und gut markierte Wanderwege gewohnt. Das ist in den Pyrenäen zum Großteil anders. Dieses Gebirge ist längst nicht so zersiedelt, und das ist auch gut so, denn gerade das suchen wir auch. Landschaften, die nicht von einem Wegenetz überzogen sind, die längst nicht so erschlossen sind und in denen man sich den Weg oft selbst suchen muss. Natürlich mit Hilfe von Wanderführern. Doch ohne diese ist man nicht selten hoffnungslos verloren. Ebenso gibt es bedeutend weniger Hütten. Doch darauf verzichten wir gern, biwakieren wir doch sowieso meistens und schlafen unter freiem Himmel. Das macht bedeutend mehr Spaß als gegen Hüttenwände zu starren, zumal sich in der Nacht über uns ein eindrucksvoller Sternenhimmel ausbreitet. Die Milchstraße mit ihren vielen hellen Sternenwolken ist klar und deutlich auszumachen, löst sich in ihre Strukturen auf. Und immer wieder ziehen Sternschnuppen und Satelliten ihre Bahn. Es ist schwer, bei so viel Großartigkeit am funkelnden Firmament wieder in den Schlaf zu finden. Doch sowie sich der Morgenhimmel rötlich einfärbt, ist man sofort wieder auf den Beinen, egal wie viel oder wenig man auch geschlafen hat. Voller Tatendrang springt man aus dem Schlafsack und ist bald wieder unterwegs, unbekanntes Terrain zu erkunden. Und es gibt so viel Großartiges zu entdecken.
Und auch über das mächtige Ferdervieh staunt man, dem man immer wieder begegnet. Geier sitzen auf den Felsen, hoch oben ziehen Steinadler mit riesigen bewegungslos ausgebreiteten Schwingen in der Thermik ihre weiten Spiralen. Sie spähen nach Murmeltieren aus, deren Warnpfiffe man immer wieder vernimmt. Und die sind hier noch nicht so zahm wie in den Alpen, werden es wohl auch nie werden, weil sie sich vor den zahlreichen Greifvögeln in acht nehmen müssen. Auch Gämsen kann man immer wieder beobachten. Nicht aber mehr den Pyrenäensteinbock, denn der ist an irgendeiner Krankheit ausgestorben. Vielleicht wird er irgendwann wieder ausgewildert werden, gehörte er doch in diese Natur.
Und wir besuchen auch das eine oder andere Geisterdorf, von denen es im Hoch-Aragon etwa 100 geben soll. Seit vielen Jahrzehnten verlassen, verfallen sie immer mehr. Niemand mehr wollte im Zeitalter der Mobilität und der Landflucht hoch oben in den Bergen leben, in Dörfern, die nur über steile Mauleselpfade erreichbar waren. Doch für uns sind sie abenteuerlich und haben ihren besonderen Reiz.
Das haben aber auch die Dörfer, die noch besiedelt sind. Sie, deren Häuser und kleine Kirchen aus den Natursteinen der Umgebung errichtet sind, passen sich wunderbar in die Landschaft ein. Sie sehen kaum anders aus als vor Jahrhunderten auch, wirken ursprünglich. Und man könnte meinen, dass in ihnen die Zeit stehen geblieben sei.
Und so fühlen wir uns in diesen abgelegenen Gebieten auch, irgendwie zeitlos. Wir fahren über kleine Bergstraßen, auf denen uns nur selten ein Auto begegnet. Immer mal wieder allerdings ein Konvoi aus Jeeps irgendeines Adventure-Unternehmens. Gebuchte Abenteuertouren führen zum Canyoning in eine der Schluchten, ist doch die Sierra de Guara das Eldorado dieser spannenden und abenteuerlichen Sportart in Europa schlechthin.
Ob nun aber abenteuerlich oder einfach nur beim Wandern. Die Pyrenäen haben eine wunderbare Natur zu bieten. Sie sind ein großes Gebirge, und bei einem Besuch kann man deswegen nur einen kleinen Teil davon kennen lernen und erkunden. Deswegen werden wir auch wiederkommen, und dann werden wir wieder Neues entdecken.

Siehe auch: Geisterdörfer in den Pyrenäen - Alte Kulturlandschaften verändern sich

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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