Atemberaubend - Der Rochefortgrat im Montblanc-Gebiet (Fotos: Kurt und Markus Wolter)

Unterwegs auf Traumpfaden.
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In den Alpen gibt es unzählige großartige Bergtouren, die man machen kann. Ob Wanderungen durch Täler oder zu Gipfeln hinauf. Ob Klettertouren an Steilwänden oder die Besteigung eines Drei- oder Viertausenders. Ob das Überqueren eines Gletschers oder sogar das Klettern an Eiswänden. Es gibt für den Naturliebhaber und auch den Abenteurer eine Menge Möglichkeiten, und für jeden ist das Passende dabei, egal ob einfach oder schwierig. Es muss nur Spaß machen.
Eine Art von Bergsteigen aber, die hat ihre ganz besonderen Reize. Meistens spielt sie sich in den mittleren oder höheren Regionen der Alpen ab. Das ist die Gratkletterei, das Erklimmen der sogenannten Himmelsleitern. Diese Grate können durch Fels oder Eis führen. Aber sie haben eines gemeinsam. Oft sind sie schmal, manchmal extrem schmal, und zu beiden Seiten geht es tief hinunter. Das ist es, was das Bergsteigen gerade in einem solchen Gelände besonders attraktiv macht. Einigermaßen sicher und bergerprobt sollte man dabei schon sein. Schwindelfreiheit ist Voraussetzung, und Balance ist dabei oft gefragt. Wer einmal auf schmalem Grat unterwegs war, der weiß, wie faszinierend das sein kann. Der Körper ist angespannt, man ist voll konzentriert. Und das bei jedem Schritt. Denn bei jedem muss man an schmalen Passagen aufpassen. Ein Fehltritt könnte Schlimmstes zur Folge haben. Aber es kribbelt im Bauch, und das Leben spürt man dabei so intensiv, wie es viel intensiver nicht sein könnte. Und dann die Tiefblicke zu beiden Seiten. Oft sind sie so eindrucksvoll und großartig, dass Staunen angesagt ist. Man genießt gerade diese Touren ganz besonders.
Überall wo es Berge gibt, gibt es auch Grate, die meist zu irgendwelchen Gipfeln hinaufführen. In Deutschland gibt es zum Beispiel den Grat am Watzmann, der dessen drei Gipfel miteinander verbindet. Vom Kreuzeck über den Mittelgipfel zur Südspitze hin. Er ist gut versichert, und wirklich schmal ist er auch nicht. Bei guten Verhältnissen kann er auch von gut trainierten Wanderern mit Bergerfahrung gemacht werden. Zur einen Seite schaut man ins Wimbachtal hinunter, zur anderen tief unten auf den Königsee. Eine eindrucksvolle Tour.
Ein anderer Grat in den Deutschen Alpen, der wesentlich länger und anspruchsvoller ist, ist der Jubiläumsgrat, der bei Garmisch von der Alpspitze zur Zugspitze führt. Schwindelfreiheit, hochalpine Erfahrung und Klettern in den unteren Schwierigkeitsraden sind hier gefragt. Oft ist der Grat sehr schmal, extrem ausgesetzt, und lang ist er sowieso. Also eher etwas für erfahrenere Berggeher, aber eine grandiose Tour.
Der längste und schwierigste Grat in den Alpen befindet sich am Montblanc. Er ist ebenfalls ein Grat aus Fels, aus Granit. Es ist der Peuterey-Grat. Vom italienischen Entreves aus an seiner südlichen Flanke kann er bestaunt werden. Steile Türme und Zacken gilt es zu überwinden. Nur für Extrem-Bergsteiger ist das möglich.
Der berühmteste Grat der Alpen aber, der liegt in einem ganz anderen Gebiet. Ja, sogar in den Ostalpen. Es ist im Gegensatz zu den bisher erwähnten ein Firngrat, und er befindet sich im Berninagebiet. Natürlich ist es der Biancograt. Er ist eine wahre Himmelsleiter und er ist genau das, was man sich unter einem traumhaften Grat vorstellt. In klarer Linie strebt er dem Himmel entgegen. Allein dessen Anblick in Natura ist ein Genuss, und man möchte am liebsten sogleich seine Steigeisen unterschnallen und diese magische Linie hinaufsteigen.
Und dann gibt es da noch einen Grat, der ist, wenn auch er nicht steil nach oben führt, so aber doch nicht weniger schön. Es ist der Rochefortgrat im Montblanc-Gebiet. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde er durch Schwarz-Weiß-Aufnahmen eines berühmten Fotografen weltweit bekannt. Speziell durch eine Gratpassage, die das Tortenstück genannt wird. Dabei handelt es sich um übereinandergestapelte Schneeschichten, einem Tortenstück ähnlich. Der Grat bietet, wenn man auf ihm unterwegs ist, nicht viel weniger als atemberaubende Anblicke. Zur Linken geht es steil 1000 Meter tief zum Eis des Glacier des Periades hinunter. Zur Rechten sind es sogar über 2000 Meter bis zum Boden des Ferret-Tales. Meist ist der Grat vollkommen ausgesetzt. An manchen Stellen ist er nicht viel mehr als 30 Zentimeter breit. Einen Ausrutscher sollte man sich an diesen Stellen nicht erlauben. Und wenn es doch dazu käme, dann müsste der Seilpartner auf die Gegenseite des Grates abspringen. Nur so könnte ein Sturz ins Bodenlose vermieden werden. Und bei jedem der Windstöße, die in diesem luftigen Gelände in fast 4000 Metern Höhe sehr heftig sein können, muss man mit beiden Beinen festen Stand haben.
Und natürlich ist allein das Erreichen des Grates eine sehr schöne Tour. Von Entreves, wo es wesentlich ruhiger und gemütlicher zugeht als auf der chamonixer Montblanc-Seite, gondelt man 2000 Meter hinauf. Doch wenn man beim Aussteigen aus der Bergbahn denkt, man sei oben, dann hat man sich getäuscht. Denn nun folgt eine steile und nicht enden wollende Treppe, die durch einen langen Tunnel zur Turiner Hütte hinaufführt. Dort oben angekommen, lässt man sich erst mal völlig erschöpft auf einer der Holzbänke nieder. Die schweren Rucksäcke mit der Ausrüstung für ein paar Tage haben uns in dieser dünnen Luft alles abverlangt. Doch schnell ist man wieder fit, denn die Aussicht zu allen Seiten ist grandios. Nach Westen hin auf den Monte Bianco, wie der Montblanc in Italien genannt wird. Zur anderen Seite die Südansicht des Rochefortgrates mit dem Felszahn des Aig. Dent du Geant. Tief unten das Aostatal um Courmayeur, und dahinter Richtung Süden die schneebedeckten, glänzenden Gipfel des Gran Paradiso.
Plant man also diese Grattour, dann kann man zum Beispiel auf der Turiner Hütte übernachten, denn am besten führt man die Tour früh morgens im gefrorenen Firn durch. Später bei aufgeweichtem Untergrund wird es vermutlich zu gefährlich werden.
Wir mögen es jedoch lieber etwas abenteuerlicher. Und so haben wir unser Zelt in dreieinhalbtausend Metern Höhe in der Einsamkeit des Deant-Gletschers aufgestellt. Noch im Stockdunkeln geht es dann in der darauffolgenden Nacht eine steile Firnrinne hinauf, bevor man wildes Felsgelände, kombiniert mit einigen Schnee- und Eispassagen, erreicht. Doch das wird problemlos überwunden. Dann steht man unter dem Granitturm des Dent du Geant, und damit hat man einen freien Blick auf diesen fantastischen Grat. Von da an heißt es: alle Sinne angespannt und einfach genießen. Schritt für Schritt. Man erlebt Eindrücke, die man nie vergessen wird, und die man natürlich auch mit der Digital-Kamera festhält. Und diese Bilder, und auch einige von anderen Graten, möchte ich an dieser Stelle vorstellen, auch wenn sie die wirkliche Schönheit dieser grandiosen Landschaft kaum wiedergeben können.

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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