Dithmarschen: Grüne Deiche, weißer Sand, Weite, Watt und Meer

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Eine Oase der Ruhe, Erholung und Beschaulichkeit ist Dithmarschen, der grüne Landkreis an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste, von Lübeck einmal quer rüber.

„Na, mi Deern, da staunst du, ein Fünftonner auf’m Markt, und voll nur mit Kartoffeln." Es ist weniger das Staunen, eher die Erinnerung an meine Kindheit, die der Markt von Meldorf bei mir hervorruft. Überhaupt fühle ich mich in der ländlichen Umgebung Dithmarschens um Jahre zurückversetzt. Da ist der frühgotische Backstein-Dom, in dem Orgelklänge ertönen, wie sie auf der Welt nicht schöner klingen können. Ein Grund, warum hier „Internationale Sommerkonzerte“ stattfinden. Bei einer Führung erfährt man dann, dass der „Dom“ eine Bauernkirche ist, errichtet von Großbauern, die im 13. Jahrhundert die Republik Dithmarschen regierten. Ungewöhnlich zudem ihre bemalten Kuppeln.

Stur und dickköpfig seien sie, sagt man denen „da oben hinter den Deichen“ nach. Wenn dem so wäre, hat die Geschichte schuld. Denn durch die Jahrhunderte haben sich die freiheitsbewussten Dithmarscher Bauern gegen Eindringlinge wehren müssen und noch dazu gegen die Naturgewalten der Nordsee. Aber dann kam der 17. Februar 1500. Mit dem Schlachtruf „Wahr di, Garr – de Bur, de kumt“ („Hüte dich, Garde, der Bauer, der kommt“) sollen sich der Überlieferung nach einige Hundert Bauern einem gut gerüsteten dänischen Söldnerheer von 12.000 Mann, der gefürchteten „Schwarzen Garde“ unter Junker Stentz, widersetzt und so den letzten Eroberungsversuch dänischer und holsteinischer Fürsten abgewehrt haben.
Klar, dass im Jahre 2000 die „500 Jahre Schlacht bei Hemmingstedt“ gebührend gefeiert wurden. Und nicht nur dieses Ereignis und nicht nur 2000. Beim Feiern nämlich zeigt sich, dass die Dithmarscher so stur gar nicht sind und Gästen Tür und Tor öffnen. Übrigens kann man sich das Denkmal zur Erinnerung, die Dusend-Düwels-Warft bei Epenwöhrden, jederzeit ansehen.

Wie eine Insel ist die einstige Freie Bauernrepublik von Wasser umgeben: im Norden von der Eider begrenzt, im Osten vom Nord-Ostsee-Kanal, im Süden von der Elbe und im Westen von der Nordsee. Dithmarschen gilt als Deutschlands ältester Landkreis, dessen Grenzen etwa seit der Zeit Karls des Großen unverändert geblieben sind. Dithmarschen, das Land zwischen Geest, den höhergelegenen sandigen Altmoränen-Gebieten, und Marsch. Seit 1870 wurden dem Meer in fünfzehn Kögen etwa 4000 Hektar Neuland abgewonnen. Der jüngste Koog, der Speicherkoog, wurde 1985 geschaffen. 1934 hieß der Dieksander Koog noch nach dem Manne, dem die Ehre zuteil wurde, ihn einzuweihen: Adolf-Hitler-Koog. Hauptorte der Marsch sind Wesselburen, Büsum und Marne, die der Geest die Kreisstadt Heide mit einem der größten Marktplätze Deutschlands und Meldorf mit dem „Dithmarscher Dom“.

Der Hauptwerbeträger heißt Kohl, und jedes Jahr im September widmet man ihm eine ganze kulinarische Woche, die „Dithmarscher Kohltage“. Denn Deutschlands größtes geschlossenes Kohlanbaugebiet (2.800 Hektar) liegt hier, und alljährlich werden 80 Millionen Kohlköpfe geerntet. Man feiert sechs tolle Tage mit Spiel und Spaß, Information und Unterhaltung, Kunst und Kultur, leckerem Essen und Trinken und den Kohlregentinnen Silke I. und Maren I. Zwei neue werden für 2017 und 2018 gesucht. (www.dithmarscher-kohltage.de).

Feriengäste haben immer eine Menge zu tun. Sie können in Friedrichskoog und in Büsum das Sturmflut-Sperrwerk besichtigen, in Brunsbüttel die Schleusenanlagen, durch die der internationale Schiffsverkehr den Weg von der Nordsee zur Ostsee findet. Falls jemand die Deiche abradeln will: 14 Kilometer sind es an der Elbe und 118,7 Kilometer Seedeiche bis zum Eidersperrwerk im Norden. 14 echte Wind- und eine Wassermühle, die älteste von 1842 in St. Michaelisdonn, behaupten sich erfolgreich gegen die 300 oder mehr Windkraftanlagen mit den surrenden Rotorblättern. Eine der größten Gondeln des Windparks im Kaiser-Wilhelm-Koog war, abmontiert, auf der EXPO 2000 in Hannover zu sehen.
Museen gibt es 14 an der Zahl. Bestimmt nicht langweilig wird einem das Dithmarscher Landesmuseum in Meldorf mit Landarztpraxen und „Höker“läden um 1900, einer Tank- und einer Bahnstation, wie sie nur noch die Älteren von uns live kennen.
Immer wieder zieht die Seehund-Aufzucht-Station in Friedrichskoog Schaulustige an. Streicheln darf man die Tiere aber nur in der kindgerechten Ausstellung: die seidigen Felle fühlen, auf Knopfdruck den Heulerton hören.

Wenn es warm ist, sucht man die Badestrände am Trischendamm auf, in der Meldorfer Bucht, am Wesselburener Koog oder, weithin bekannt, in Büsum, seit 1949 staatlich anerkanntes Heilbad. Nach der Devise, man müsse nicht erst am Stock gehen, um etwas für seine Gesundheit zu tun, lockt die Kurverwaltung mit einem modernen Kurmittelhaus und günstigen Wochenpreisen. Spaß und Spiel dürfen dabei nicht zu kurz kommen. Das Familienbad versteht es, sich in Szene zu setzen. An Sommertagen ohne Regen ist Wattenlaufen mit Musik angesagt. Im Takt der Kurkapelle marschieren die Urlauber auf samtig fein geriffeltem Meeresboden bis zur Flutkante, spielen „Reise nach Jerusalem“, tanzen und lassen sich „wattentaufen“. Das kommt gut an – seit über hundert Jahren. Und die ersten Schlafstrandkörbe wurden in Büsum aufgestellt.

Feriengäste müssen natürlich nicht immer Kohl essen. Noch gibt es Krabben, Büsumer Krabben, frisch vom Kutter. In der Haupturlaubszeit lädt Rieke jeden Nachmittag Kleine und Große ins Haus des Gastes ein, gegen einen kleinen Obolus Mehlbüdel (den Weißen mit Eiern, den Bunten mit Rosinen und den Schwarzen mit Blut), Labskaus und Krabbensuppe zu kochen. Vorher aber müssen die Krabben gepult werden. Auch das lehrt sie. Sogar, wie ein echter Eiergrog gerührt wird. Gegen ein kleines Entgelt dürfen die Großen ihn auch trinken.

Bürgerreporter:in:

Elke Backert aus Hamburg

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