Entnazifiziertes „Haus der Deutschen Kunst“: Ai Weiwei „So sorry“ - Ornament und Verbrechen

Bekannt wurde Ai Weiwei hierzulande 2007, bei der Documenta in Kassel, als er 1001 Chinesen für sein Kunstprojekt einfliegen ließ. Und nun die große Ausstellung in München.
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  • Bekannt wurde Ai Weiwei hierzulande 2007, bei der Documenta in Kassel, als er 1001 Chinesen für sein Kunstprojekt einfliegen ließ. Und nun die große Ausstellung in München.
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Es sei „die Kunstausstellung des Jahres“ titelte die Süddeutsche Zeitung (SZ) über die aktuelle Schau im Münchner „Haus der Kunst“ (HdK); früher „Haus der Deutschen Kunst“ (HdDK). Dort zeigt der chinesische Regime-Kritiker Ai Weiwei momentan seine Werke. Die Tages und Wochenpresse berichtete darüber, dass der Architekt und Künstler Ai Weiwei am 12. August von einem Polizisten in China zusammengeschlagen wurde. Er war als Zeuge in Sachen Schüler-Sterben wegen eines Erdbebens aufgetreten (Chengdu). In Deutschland plante der bekannte und umstrittene documenta12-Künstler („Fairy Tale“, Template“ siehe w. unten) zu dieser Zeit für das HdK seine erste große Einzel-Ausstellung. Das HdK ist durch Ausstellungen über sog. „Nicht-Entartete ‚deutsche’ Kunst“ im HITLER-Reich (seit 1937) berühmt-berüchtigt. Zwischen den herrschenden Kunst-Ideen der Nazi-Zeit und denen der herrschenden Klasse in China gibt es Parallelen. Die künstlerische Potenz des Staats-Kritikers Weiwei wird heute in China und der BRD infrage gestellt. Ist dies berechtigt? Ketzerische Frage: Genießt Ai Weiwei etwa Immunität? (1)

Neo-Readymade-Star Ai Weiwei machte aus seinem Krankenhaus-Aufenthalt in München künstlerischen Aktivismus. Er veröffentlichte Handybilder auf Twitter sowie in seinem Ausstellungs-Blog, und Ai empfing die Journalisten an seinem Bett, entband die Ärzte der Schweigepflicht. Zensur im Internet hat er erlebt; in China unterliegen die neuen Medien einer starken Kontrolle. US-Präsident Barack Obama forderte gerade in Peking die Einhaltung der „universellen“ Menschenrechte; Grund- und Freiheitsrechte – Meinungs- und Religionsfreiheit - sollten auch in der Volksrepublik gelten. Diese Rechte wünscht sich auch der Regimekritiker Weiwei, der mit seiner (Anti)Kunst einen kritischen Beitrag dazu leisten möchte, um zu einer glücklicheren und friedlichen Welt zu kommen.

ZEITGEIST damals (Unrechtsstaat der Nationalsozialisten und „Entartete Kunst“) und heute (Kulturpolitik in China): Verboten – ausgegrenzt – verfemt; was einmal echte ‚deutsche Kunst’ sein sollte.

Unerwünschte „Verfallskunst“ auf dem Gebiete der Malerei und der Bildhauerei hatten die NAZIs zum Zwecke einer die „Moderne Kunst“ diffamierenden Ausstellung ausgewählt und „sichergestellt“. „Konfisziert“ wurde so genannter „Kunstverfall“ 1937: moderne Kunstwerke aus 32 deutschen Museen; vgl. Bildergalerie und (2).

Was man unter "deutscher" Kunst zu verstehen habe, zeigte man damals im HdDK. Das HdDK (damals auch „Neuer Glaspalast“ genannt) war Mitte Juli 1933 als „Anstalt des öffentlichen Rechts“ gegründet worden. Zwischen 1933 und 1937 hatten der bayrische Staat, die Stadt München und Spitzenfunktionäre der deutschen Wirtschaft und Industrie den Bau des HdDK gefördert: Siemens, Flick, Krupp, Bosch, Opel, Sachs u.a.m. - siehe die Bronzetafel der sog. „Grundsteinspender“ in der Bilderserie.

Gleichzeitig setzte mit der Beschlagnahmung von insgesamt rund 16.000 modernen Kunstwerken, die zum Teil ins Ausland verkauft oder zerstört wurden, eine „Säuberung“ der deutschen Kunst-Sammlungen ein. Kaum zu glauben: Auch „Moderne Musik“ wie der Swing (Jazz) wurde auf einer am 24. Mai 1938 eröffneten Ausstellung „Entartete Musik“ ebenso rücksichtslos diffamiert, d.h. an den Pranger gestellt, verurteilt und geächtet. Als Ausdruck des „Kulturverfalls“ wurde „moderne Kunst“ gebrandmarkt. Hitler – der „Führer“ – initiierte in München die Hofgarten-Arkaden-Schau 1937: Gleichzeitig und parallel in Laufnähe zur ominösen HdDK-„Kunst“-Schau 1937 wurde die „Entartete Kunst“ gezeigt; vgl. dazu mehr in http://de.wikipedia.org/wiki/Entartete_Kunst#Die_N... .)

Im heutigen HdK (damals anrüchigen „Haus der Deutschen Kunst“ - HdDK) wurde 1937 dagegen gezeigt, welche nicht-verspottete Kunst das Hitler-Regime gefördert hat. Die „Große Deutsche Kunstausstellung“ von 1937 hatte als Initiator Joseph Goebbels; Leitung Adolf Ziegler.

Adolf HITLER sagte in der Eröffnungs-Rede im HdDK am 18.7.1937: „Bis zum Machtantritt des Nationalsozialismus hat es in Deutschland eine sogenannte ‚moderne Kunst’ gegeben, d.h. also, wie es schon im Wesen dieses Wortes liegt, fast jedes Jahr eine andere. Das nationalsozialistische Deutschland aber will wieder eine DEUTSCHE Kunst, und diese soll und wird wie alle schöpferischen Werte eines Volkes eine EWIGE sein“. Vgl. Abb. „Ausstellungsführer“ (2), S. 8 und meine Bilderserie. Das 32-seitige agitatorisch aufgebaute Pamphlet begleitete eine Tournee, eine Wander-Ausstellung der Bilderstürmer-Diffamierungsaktion „Entartete Kunst“ von 1938-1941 durch das Großdeutsche Reich (Großstädte). Ausgewählte Zitate aus Reden Hitlers über die Kunst („Der Führer“ - von 1933-1937) wurden S. 6,8,10,12,16,18,20,28 und 30 - durch Großschrift hervorgehoben – in der Broschüre (Preis 30 Pfg.) abgedruckt.

Ai Weiweis „So sorry“ im entnazifizierten Kunsttempel HdDK (= HdK)

Wer heute die Weiwei-Ausstellung besucht, sollte sich unbedingt parallel zur Weiwei-Kunst im langen Flur des HdK über KUNST-Geschichtliches informieren: Dokumentiert sind u.a. mit Bildbeispielen, „Vorläufer“ des HdDK, „Kunst und Propaganda“ (1937-1939 wurde der „Tag der Deutschen Kunst“ gefeiert), HdDK - „Nach dem Krieg“ („Entnazifizierung des Baus“), „Ausstellungsleitung“, „Einzug der Moderne“ (HdKWestflügel - Staatsgalerie moderner Kunst), „Kritischer Rückbau (Nazi-Kunsttempel ohne „architektonische Entnazifizierung“). Die Besucher einer PICASSO-Ausstellung konnten 1955 das berühmte Anti-Kriegsbild „GUERNICA“ im entnazifizierten HdDK sehen; vgl. Bildergalerie!

Münchner Ärzte entdeckten bei dem im Untergeschoss des HDK wohnenden Künstler Ai Weiwei (AWW) als Folge der Schläge eine lebensgefährliche Gehirn-Blutung. Der Fall Weiwei ging weltweit durch die Medien: Willkür, Machtmissbrauch und Unterdrückung in China wurden diskutiert. Im Haus der Kunst in München gab Weiwei Interviews.

Als AWW Mitte September in München eintraf, musste er im Klinikum Großhadern notoperiert werden - wegen Hirnblutungen. Chinas Regimekritiker ließ sich fotografieren, Bilder gingen um die Welt: Die blutigen Narben der Operation waren noch deutlich zu sehen. In AWWs BLOG sind im Internet zwei Dokumente des Klinikums zur OP wiedergegeben: Blog http://blog.aiweiwei.com/

Der Künstler setzt sich in der Ausstellung „So Sorry“ („So traurig“) auch mit dem Thema der vielen bei einem Erdbeben ums Leben gekommenen Schulkinder von Sichuan auseinander (HdK-Fassaden-Groß-Bild). Ai Weiwei sagte hierzu: „Wir wissen, dass mehr als 5000 Kinder wegen der baulichen Mängel der Schulgebäude gestorben sind, und nicht allein wegen des Erdbebens. Ich habe eine Untersuchung begonnen. Viel zu lange schon wird das Leben einzelner Menschen in unserer Gesellschaft nicht wirklich ernst genommen.“ Gegenüber der SZ (16.09.09) betonte AWW auch, dass sein „gesellschaftlicher Standpunkt“ und sein „Standpunkt als Künstler“ eng „miteinander verknüpft“ sind. Er „hoffe, dass die chinesische Gesellschaft „gerecht wird, dass alle gleiche Chancen haben“. Siehe Obamas Forderung in der Volksrepublik.

Der wegen seiner politischen Aktivitäten im Erdbebengebiet in Sichuan verhaftete und von der Polizei geschlagene Ai Weiwei hätte wegen Gehirnblutungen beinahe die Eröffnung seiner ersten großen Ausstellung nicht miterlebt. Der kurze Titel der Ausstellung „So sorry" weist auch darauf hin, dass Weiweis Vater, ein Schriftsteller und Mao-Anhänger, 1957 mit seiner Familie in die chinesische Wüste verbannt wurde, wo er nicht mehr schreiben und lesen durfte. Erst 1978 wurde er rehabilitiert - mit einem knappen "Sorry". Die Opfer des Erdbebens von Sichuan dagegen haben überhaupt keine Worte der Entschuldigung bekommen.

Aufsehen erregte Ai Weiwei schon vor einigen Jahren in China, als er bei den Planungen des Pekinger Olympia-Stadions, dem "Vogelnest", als Ideengeber involviert war. Später distanzierte Ai sich von den Olympischen Spielen und dem Stadion, da er die Sportveranstaltung für Propaganda-Zwecke missbraucht sah.

Ai Wewei und die BUERGELiade-documenta

Bekannt wurde Ai Weiwei hierzulande 2007, bei der Documenta 12 in Kassel (BUERGELiade bitte googeln), als er 1001 Chinesen für ein umstrittenes „Kunst“-Projekt einfliegen ließ. Neben der großen HdK-Ausstellung in München wollte Weiwei eigentlich auch zur Frankfurter Buchmesse reisen. Seine Teilnahme hat er aber abgesagt: wegen gesundheitlicher Probleme, wie er sagte. China war in diesem Jahr Gastland in Frankfurt (vgl. (3)).

In riesigen Containern wurden die im HdK ausgestellten beeindruckenden Holzstämme und Möbel aus China über Hamburg nach München transportiert. Seit Wochen lebte Ai Weiwei im Untergeschoss des HdK, um den Aufbau seiner Ausstellung zu begleiten. Ob er dabei in der Toilette seine Anti-KUNST-Duftnote gesetzt hat ist die Frage: Beim Besuch des HdK fotografierte ich ein Pissoir mit „ART“-Markierung – eine Anspielung auf Marcel DUCHAMP?

Zu Duchamps Ready-made-Antikunst: Ohne die DUCHAMP-Readymade-Ikone von 1913 wäre der Antikünstler BEUYS nicht in Berlin vertreten, formulierte ich in einem anderen Beitrag: http://www.myheimat.de/gladenbach/kultur/hamburger... .
Mit dem „einsamen“ in Berlin derzeit gezeigten DUCHAMP-Anti-Kunstwerk (Schemel & Fahrradreifen, 1913 - "Roue de bicyclette") werde Sammler-„Kunst“ (DADAISMUS z.B.) heute nicht plötzlich SUPER sagte ich. Nicht-Kunst-Interessierte sollten wissen, dass Marcel DUCHAMP die ersten „Readymades“ der Kunstgeschichte ins Museum gebracht hat: Berühmt ist auch M.D.s „Fontaine“/ Brunnen/„Urinoir“ aus Sanitätsporzellan; sign. R. Mutt, 1917. Der DUCHAMPISMUS wird heute noch als „Durchbruch für die moderne Kunst“ gelobt.

In der Bilderserie dokumentiere ich zur gewiss interessant-sehenswerten und wegen Monumentalität beeindruckenden Weiwei-Ausstellung, wie auf einem Podest auf Holzplatten aufgeklebte Foto-Bilder liegen, in denen Ai Weiwei den „Stinkefinger“ auf Gebäude gerichtet zeigt (Weißes Haus und andere Gebäude): Neben ein derartiges Foto hat Ai Weiwei ein Zitat anbringen lassen: "Ich bin nicht grundsätzlich negativ. 'Fuck off' ist die Einstellung, die ich als Einzelperson gegenüber Institutionen und Machtstrukturen habe." Fuck off lautete sein Angriff auch auf die documenta-Institution, die ihn zur BUERGELiade einlud:

Im Internet dokumentierte ich zur d12 2007 in einem SZ-Kommentar (03.04.2007) vor der d12-Schau:

„Alles-ist-erlaubt-documenta“ und Dada-Nachfahre Weiwei

Auf die Frage, “ob es wirklich Kunst sei, 1001 Chinesen in eine Ausstellung mitzunehmen“, antwortete Ai Weiwei im SZ-Interview: „Es ist Kunst, wenn man es Kunst nennt (…)“. Was wir zum „Märchen“-Projekt („Fairytale“) zu erwarten haben, ist als „konzeptuelle Kunst“ eine Art von Nicht-Kunst und/oder Anti-Kunst: Das Projekt passt in BUERGELs „Das bloße Leben“-Motto-Show , die auch Nicht-Kunst/„eat-art“ des Kochs Adrià zeigen will. Die Stiftungen Leister Foundation und Erlenmeyer Stiftung zahlen 3 Mio. Euro - eingefädelt durch den Luzerner Galeristen Urs Meile. Bekannt geworden ist, dass Ai ein "F" auf seinem Hinterkopf stehen hat, das für sein documenta-Projekt "Fairytale" (Märchen mit 5 X 200 Chinesen) stehe. Aber es könnte auch "Fake" heißen, Fälschung, sagte Weiwei (HNA v. 27.03.07); wie der Name seines Ateliers. „Fage“ in der chinesischen Sprache kommt aus dem Englischen. Wir werden hierzu belehrt bei wikipedia (English; „The worst thing you can say to anyone“.) Die Frage sei erlaubt: Ist es dem OB Kassels, Kunst-Staatsminister CORTS sowie Ministerpräsident KOCH bekannt, was Ai Weiwei zur documenta meint: Im Internet finden wir ein provozierendes Foto-Werk mit aufgestelltem Hand-Mittel-Finger („Stinke-Finger“)!

Ai Weiwei arbeitet als bekennender Nachfahre der Ready-made-„Anti-Kunst“ (Duchampismus) und der Dadaismus-Rebellion mit Anti-Kunst und Nicht-Kunst des Protests, Schocks, Skandals (scandal-art). Im Dada-Geist gestaltete Ai Weiwei auch das provozierende Foto-Bild vom aufgerichteten S(…..)-Finger: mit langem Arm über der Karlswiese (ohne die 3,5 Mio. teure abzureißende Buergel-Asphalt/Glas-„Kathedrale“), den S-Finger aufrecht in Richtung Orangerie. Legt Weiwei hiermit den Finger in eine offene Wunde?

Websites offenbaren Weiweis Verfilzung im Kunstmarkt (Galerien in Peking, Luzern, New York), die in Kassel durch Seilschaften ihre Krönung finden wird. Gefordert wird seit dem „Fall documenta“ (Prof. Friedhelm Hufen in Neue Juristische Wochenschrift 17/1997, S. 1112-1114, S. 1177) von politischen Amtsinhabern eine Transformation von der „Alles-ist-erlaubt-documenta“ zur „Beste-Gegenwarts-KUNST-documenta“. Hierzu das Modell einer emanzipierten „Hessischen documenta Akademie“ (HdA: Hessian documenta Academy). Mehr dazu unter www.art-and-science.de - Link PDF documenta 12 mit 7 Essays, documenta-Demokratisierung, Kunstbeurteilung-Kriterien.

Wissen sollte man: Die Idee zu d12-„Fairytale“ entwickelte Weiwei zusammen mit dem Sammler und Ex-Botschafter Uli SIGG aus der Schweiz. Neben Reis und Mohn präsentiert Polit-Rebell BUERGEL mit Frau Noack zur d12 – zeitgenössische KUNST sollte dokumentiert werden – die verpflanzten 5 x 200 Chinesen (plus 1 Weiwei). Zum Wert der Chinesen-Verpflanzungsaktion: "Es ist nicht wichtig, ob es Kunst ist. Das Leben ist viel größer als die Kunst." Die Kosten - 3 Mill. Euro für den „Märchen“-Macher Weiwei (ohne Kunstbegriff arbeitend!; FAZ) – bekam Ai Weiwei durch die Kommerz-Seilschaft Galerie Urs Meile (Luzern)/Leister Foundation/Erlenmeyer Stiftung ersetzt. Adaptiert wurde dem West-Kunstbetrieb der „globalisierte“ Ai gemäß dem proklamierten d12-bloße-Leben-Motto. Weiwei sollte und wollte uns das Nach-Dada/Duchampismus-Märchen schmackhaft machen.

Claus Kleber stellte 2007 im ZDF-heute-journal in seiner Abmoderation des Beitrags zu Weiweis „Fairy Tale“ die berechtigte Frage: „Ob das wirklich Kunst sein kann?“ Im ZDF-Beitrag (14.05.) sagte eine Teilnehmerin: Ich mag gar keine Kunst. Ich verstehe nichts davon. Was die Kunst-Kritik zu Fairytale sagte, siehe im Internet: http://www.art-and-science.de/2.htm - „Mahnmal der 101 Verrisse“: „Mahnmale als Denkmale sind KÜNSTLERISCH gestaltete Objekte, die mit dem Ziel geschaffen wurden, an ein geschichtliches Ereignis (historische Personen, Gruppen) über die Zeiten hinweg öffentlich zu erinnern. Durch seine öffentliche Präsenz will das Verrisse-Mahnmal mahnend an das negative historische Ereignis documenta 12 (2007) erinnern. Im Betrachter (User/Leser) sollen die 101 Verrisse Betroffenheit erzeugen und das Erinnern über die Generationen hinweg tradieren.“ (Zitat W.H. ebenda.)

Documenta 12-Readymade-Objekte werden auch wieder in der Münchner HdK-Ausstellung gezeigt:

Ai Weiwei liebt Provokatives: Zur d12 betonte Ai Weiwei wiederholt, dass es ihn überhaupt nicht interessiere, ob das, was er macht, “KUNST“ sei. Weiweis größte Provokation war es, als er eine zweitausendjährige Han-Vase fallen ließ - auf Video aufgezeichnet hat und als Kunst-Performance publizierte: Monitore im HdK zeigen dieses Video; siehe auch das Titelfoto zum HdK-Katalog.

Größer war sicher die d12-Readymade-Provokation: Ai Weiwei rebellierte – wie beschrieben - zur elitären documenta (noch vor der d12), indem er meinte: „Fuck you documenta“! - Ai schuf ein provozierendes Foto-Bild-Werk mit Karlswiese&Orangerie samt Stinke-Finger (s.oben). Das Bild konnte ich mit Genehmigung Weiweis für die symbolische Titel-Collage/Montage-Gestaltung meines 4. documenta-Buches verwenden; hierzu nochmals DANKE an Ai Weiwei! (Vgl. Bildergalerie-Fotos und (4).)

Die für ihre Märchen-Reise zur d12 benutzten schwarz-weißen Trolleys sind neben den Liegen in einem zur d12 benutzten Übernachtungs-Zelt im HdK zu sehen. Weiwei, der die „klassische Künstlerpose“ für “überholt” und “sentimental” empfindet, fotografierte zur d12 die 1000 Märchen-Chinesen (Botschaft-Bilder), die an den Wänden des großen Raumes mit Baumwurzeln im HdK ausgestellt sind (Ganzkörper-Porträts in Frontal-Symmetrie).

Ai Weiwei ließ diese Chinesen in Kassel in Massen auftreten. Im HdK blicken die in Einzelporträts als Fototapete gestalteten Mäner und Frauen im Mittelsaal des Hauses herab auf „Rooted upon“ von 2009: einen meditativen Totholz-„Wald“ aus 100 Baumwurzelteilen; symmetrisch auf „Soft Ground“ (2009) arrangiert, einem in der Provinz Hebei gewobenen Wollteppich von 380 Quadratmetern. Der Teppich imitiert in sorgfältiger Mimikry die Abnutzungsspuren der Solnhofener Platten des Museumsbodens. Die Architektur des Nazibaus wird damit teilweise zugedeckt.

Mehr zum monumentalen Teppich, den Ai Weiwei hat fertigen lassen: Ai hat die 996 Solnhofener Bodenplatten im Haus der Kunst einzeln fotografiert und in Peking von 50 Teppich-Knüpferinnen nachweben lassen, minuziös, inklusive der Gebrauchs-Spuren aus 70 musealen Jahren und der Dendriten und Fossilien aus den 150 Millionen Jahren zuvor. 'Softground' ist ein Werk, das den Boden des NAZI-Baus „zugleich versteckt und ausstellt, kopiert und verfremdet“ (! - SZ). Darauf stehen „wurzelverknöcherte Strukturen, teils expressiv wie knotige Hände von Kokoschka, teils fremd und still und majestätisch wie paläontologische Funde“.

An die (misslungene) d12 erinnert Weiweis „Template“ (vgl. hierzu Weiwei am 30.09.09 in http://aiweiwei.blog.hausderkunst.de/?tag=template):

Die Kunstfertigkeit der in der Weiwei-Ausstellung präsentierten “Holzkonstruktionen” lobte der Regime-Kritiker in seinem Blog. Anhand von historischen, detailgetreuen Modellen werden sie als „Kunst“ präsentiert. Man kann sagen, dass Ai Weiwei sich in seinen Werken „vor all jenen verneigt, die über Jahrtausende dieses große kulturelle Erbe geschaffen haben“. (http://aiweiwei.blog.hausderkunst.de/?p=882)

Weiweis "Template"-Pech auf der d12 (2007)

Ai Weiwei der seinen Krankenhaus-Aufenthalt in München für künstlerischen Aktivismus genutzt hat (Handybilder auf Twitter, Ausstellungsblog, Empfang von Journalisten an seinem Bett etc.) hatte mit der documenta 12 auch Pech: Das HdK erinnert an die Panne (Pleite) des vom Sturm zerstörten d12-Werkes „Template“: Ai zurückerinntert auch, wie sich handwerkliche Kunstfertigkeit in China unter kaiserlicher Gewaltherrschaft derart zu entfalten wusste. Die Münchner Institution, „für die Leistungsschauen deutscher Kunst errichtet“, sei dafür „inhaltlich und formal der geeignete Rahmen“, erklärte ein informierter Weiwei. Der Anti-Künstler konfrontiert den Ausstellungsbesucher mit einer Fülle an Objekten – und gleich auch mit den geläufigen China-Zitaten und Klischees: in einer Kunstkritik ist zu lesen:

„Holzschemel, Tempeltüren und -pfeiler aus der Qing-Dynastie. Webteppiche, die nicht nur chinesisches Textilhandwerk, sondern auch zart hingehauchte Tuschezeichnungen reminiszieren? Alles da. Fragile, kunstvoll bemalte Porzellanarbeiten? Süßwasserperlen? Rosenholz? Auch. Anklänge an die Tee-Zeremonie? Neolithische chinesische Vasen? Die gefüllten Apothekergläser eines mandschurischen Krämerladens? Jawohl, alles da.“

Wie sein künstlerisches Vorbild Marcel DUCHAMP nutze Ai Weiwei die Assoziations- und Assimilationsmöglichkeiten industriell oder auch manufakturell entstandener Objekte, nur füge er diesem Katalog das „ancient Readymade“ hinzu: „Das er in eine neue, aktualisierte Daseinsform überführt“: Den aus Holztüren der Ming- und Qing-Dynastie errichteten Tempel Template (2007), bei der letzten BUERGELiade-documenta in Kassel spektakulär zusammengebrochen, hat Ai Weiwei in der Mittelhalle wieder als Ruine aufgebaut. Die chinesischen Vasen des Neolithikums wurden derweil in Industriefarbe eingetaucht oder gleich zermahlen (Dust to Dust, 2009). Und eine Tonne duftender Teeblätter wurde zum schwarzen Kubus gepresst (Ton of Tea, 2006). (5)

Monumentaler Schriftzug – Schulranzen-Ornament zum Verbrechen „lächerlich“ & „schlecht“?

Weiwei entwickele im entnazifizierten HdK seine eigene Art „monumentaler Propaganda“ ist zu lesen: An der Fassade des Ausstellungshauses bildet der Regime-Kritiker in großen Schwüngen den chinesischen Schriftzug ab: „Sieben Jahre lang lebte sie glücklich in dieser Welt“. „Remembering“ (2009) heißt die Arbeit, und der Satz stammt von einer der vielen trauernden Mütter, deren Kinder im Mai letzten Jahres bei dem verheerenden Erdbeben in Sichuan umkamen. Der Ausstellungstitel „So sorry“ bezieht sich auf die offizielle Parteilinie im Kontext der Naturkatastrophe: „Statt Versäumnisse zu untersuchen, statt Alter, Anzahl und Namen der Toten herauszugeben, beschränkte sich die offizielle chinesische Seite angesichts von Trauer und Leid in oberflächlich ausgesprochenen Mitleidsbekundungen.“ (5) Weiwei hat die Tragödie seither nicht mehr losgelassen.

Sich in die Kunst zu retten, könne Elfenbeinturm bedeuten – oder Gefängnis: Letzteres riskiere Ai Weiwei nun doch, nachdem er „lange durch seine internationale Prominenz geschützt schien“. Bei ihm sei alles, was er tut, sagt oder schreibt, politisch: „Mag auch die ästhetisierende oder antikisierende Rezeption bei manchem der glatten, perfekt ausgeführten Exponate dem Auge schmeicheln, Inhalt und Hintergrund sind nicht nur mit der Geschichte, sondern vor allem auch mit den Widrigkeiten des heutigen China verbunden.“ (Ebenda in der Kunstkritik.) „Ich bin mein eigenes Readymade“, lässt der Künstler verlauten.

Die Kunstzeitung (SCHMID, Chefredakteur) – bezweifelt indessen Ai Weiwieis „künstlerische Potenz“: Er genieße „Immunität“, seine Skulpturen und Installationen in Kassel & München offenbarten „eine zum billigen Effekt neigende Haltung“ – „die völlig im Widerspruch zum vermeintlich ernsten Inhalt steht“. Der Kunstjournalist meint: „Allein jene lächerliche, bunte, völlig am dramatischen (Todes)Thema vorbeigleitende Schulranzen-Wandgestaltung ist skandalös schlecht.“ Fazit des KZ-Chef (1): „Kurzum: „So Sorry“, sorry, ist eine Ausstellung, die mit viel PR, aber wenig mit Kunst zu tun hat.“

Richtig ist: Weiwei rächt sich im Internet Blog-schreibend, Video-filmend und fotografierend am undemokratischen chinesischen System, stellt dessen Zensur-Behörde bloß und singt Loblieder auf das Internet, in dem seiner Meinung nach in den letzten zehn Jahren die wichtigsten politischen Debatten in China überhaupt erst initiiert wurden. „Und treibt sie mutig voran“ ist zu lesen (5). Ein Anti-Kunst-Künstler vom Schlage eines Joseph BEUYS (jahrelang staatlich geförderter documenta-Star).

Symmetrien des Hierarchischen - nicht evolutionär

„Symmetrische Gebilde, axiale Architekturen und Stadtentwürfe bieten sich geschlossenen, ‚stimmigen’ und hierarchisch gegliederten Gesellschaftsordnungen als Repräsentationsschema an“, schrieb Werner HOFMANN 1969 ((6); Hofmann förderte ars evolutoria später – siehe Homepage art-and-science.de; evolutorischer Symmetriebegriff). Hingegen könne „Asymmetrie in Opposition zu affirmativer Endgültigkeit, überheblicher Strenge und Feierlichkeit treten“. Gegen derartige symmetrisch orientierte Herrschaftsarchitekturen rebellierte Weiwei eindrinlich mit dem Stinke-Finger (siehe oben). Asymmetrie benutzt Ai insofern im Werk – damit vergleichbar meiner ars evolutoria -, dass Symmetriebrechung genutzt wird (= Asymmetrisation), die zu Mutationen mit neuen Symmetrien ( = Symmetrisation) führt. (Siehe Bilderreihe.) Also geht es Ai Weiwei um Traditionen aufbrechenden Wandel, ohne zu zerstören! Dass „Template“ in Kassel zerstört wurde (beinahe wurde Ministerpräsident Koch und der Bundespräsident Köhler vom wackligen Werk beim d12-Besuch erschlagen!), hat Ai natürlich nicht gewollt.

Um „neue Schönheit“ geht es Ai meines Erachtens - um ein Wort von Umberto ECO zu benutzen: Marcel DUCHAMP habe als „hellsichtiger Vertreter“ der Readymade-Revolte mit dem Urinoir/Fontäne-Readymade (s.o.) auf „paradoxe Weise die Verklärung des Objekts durch die Funktion“ eindeutig „denunziert“, sagt ECO: „Wenn der Prozess der Kommerzialisierung die Schönheit der Objekte schafft, dann lässt sich jedes gewöhnliche Objekt seiner Funktion als Gebrauchsgegenstand berauben und zu einem Kunstwerk umfunktionieren“. Durch das „neue Objekt“ habe der Künstler „das Monopol auf die Bilder und die Schönheit verloren“, glaubt ECO (irrtümlich) in seiner Schrift „Die Geschichte der Schönheit“. (Vgl. Weiweis Werk und ars evolutoria; (7), S. 377.)

Im autoritären China von heute und in Deutschland zu Nazi-Zeiten veranschaulich(t)en sozialistisch-marxistischer bzw. nationalsozialistischer Realismus die staatserhaltenden Werte; Idealbilder des angeblich Normalen und Gesunden, für deren Propagierung die KünstlerInnen im dogmatisch abgeschirmten Staat mit dogmatischem Kunst-Begriff zu sorgen haben bzw. hatten. Siehe hierzu auch den kommunistischen Dogmatismus in der DDR-Kunst.

Eine von allen Institutionen und Entfremdungen befreite und offene Welt, müsste „notwendig auch die Kunst entinstitutionalisieren“, folgerte HOFMANN mit Bezug auf die MARXsche Beschreibung einer „Wiederkehr des Irdischen Paradieses“ in der Deutschen Ideologie (1845/46; Hofmann ebenda (6), S.12). Ai Weiwei liebt die dadaistsiche Provokation; dies bewies er mit seinem staatlich geförderten documenta12-Auftritt und auch nunmehr im staatlichen HdK. Dass die documenta-Institution mit der BUERGELiade (d12) die fortgesetzte Lenkung des künstlerischen Geschehens auch 2007 betrieben hat, habe ich im 4. documenta-Buch nachgewiesen. (Vgl. (4).) Dass auch die keine maßstabsetzende Kunstauffassung der documenta 12 nicht zu den Beschützern der schöpferischen Kunst-Freiheit zu zählen ist, dokumentiert mein Internet-„Mahnmal der 101 Verrisse“ (s.o.): das angebliche „Weltkunst“-Propaganda-Schaufenster der privatrechtlich agierenden staatlichen documenta-Institution wurde durch böse Kritiken heftig zertrümmert.

Nichtsdestotrotz: Die Politik(er) in Hessen und im Bund halten trotz des Buergeliade-Scherbenhaufens am veralteten und dringend reformbedürftigen - nicht-demokratischen sowie nicht ideologiefreien – blickverengenden hessischen „Aushängeschild documenta“ fest. Eine neue documenta-Bewusstseins-Bildung mit anderer (Natur-und-Kunst)Wirklichkeits-Aneignung forderte ich in Essays und diversen Web-Artikeln: eine Befreiung von Kunst und KünstlerInnen von starren documenta-Lehren - zwecks schöpferischer Erneuerung der Kunst und Reform des kulturell überholten bürgerlich-kapitalistischen (Kunst-Markt)Zeitgeistes. (Dazu diverse Internet-Artikel.)

„Auch schlechte Kunst ist Kunst“, hatte Marcel DUCHAMP einmal bemerkt, der gegen angeblich unanfechtbar Idealschönes – gegen traditionelle regelsetzende erstarrte Kunst-Dogmen-Autorität -, durch Readymades-ins-Museum-bringen rebelliert hat. Siehe ECOs Meinung zu „neuer Schönheit“ weiter oben.

Der Anti-Kunst-Polit-Rebell Weiwei – „Pandabär der Kunstszene“ (SZ) – „habe Glück, dass China so böse zu ihm ist, denn hierzulande erregt er geradezu hysterisches Interesse“, schrieb Alex RÜHLE in der Süddeutschen Zeitung: „Dabei ist er kein Künstler aus Kalkül“, sondern Ai Weiwei sei als „Pandabär der internationalen Kunstszene: So schön tapsig dick, so ruhig und gutmütig - und akut vom Aussterben bedroht.“ Die SZ-Rühle weiter am 13.10.09.: Im Einführungstext des Kataloges heißt es, Ai sei einer der "einnehmendsten" Künstler unserer Zeit. „Genau das macht die Gefahr aus. Seine Werke sind leicht konsumierbar, er gibt gerne humorvolle Interviews, und so wurde er zu einer Art Pandabär der internationalen Kunstszene(…)“.

Alex RÜHLE interpretiert Ai Weiweis Kunst so:

"Ich gebrauche mich selbst als Readymade", sagte er einmal. „Die Ausstellung im Münchner Haus der Kunst, die erstmals einen Überblick über sein Gesamtwerk gibt, zeigt, dass genau das den Wert seines Werkes ausmacht. (…) Duchamp und Warhol, die prägenden Vorbilder für sein Werk (…) so wirken denn auch viele seiner Arbeiten wie aus den Sechzigern. Da wird Pop verschmolzen mit Aktionskunst, neolithische Vasen werden als Readymades mit Industriefarbe überzogen, mit dem Coca-Cola-Schriftzug versehen oder zu Staub zermahlen. Mehrere Nebenräume stehen voll mit getischlerten Werken, montiert aus Stühlen, Tischen, Tempelfriesen aus der Qing-Dynastie, die der frenetischen Modernisierungswut der letzten Jahrzehnte zum Opfer gefallen sind“. (SZ 13.10.09:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/425/490798/text/
In der FAZ kommentierte ich die HdK-Weiwei-Ausstellung (am 14. und 15.10.09 – (6)):

Ai WEIWEI: Kein Nachfahre des ORNAMENT-Hassers Adolf LOOS

KUNST von Ai WEIWEI charakterisiert Niklas MAAK mit dem Begriffspaar „Ornament und Verbrechen“ – durch Adolf LOOS 1908 in einem polemischen Aufsatz bekannt geworden: Der moderne Mensch braucht das ORNAMENT nicht, er verabscheut es, war LOOS’ These. LOOS sah es - evolutionär betrachtet – richtig so: Der Mensch macht schon als Embryo und dann nach der Geburt alle Entwicklungsphasen des Tierreichs durch; Gedanken die Erich HAECKEL zuerst formulierte (als Biogenetisches Grundgesetz). Das Ornamentieren sei der „Uranfang der Bildenden Kunst“ behauptete der Architekt; es sei beim Kind natürlich. A.L. hatte die „Erkenntnis“ gewonnen, dass „Evolution der Kultur gleichbedeutend sei mit dem Entfernen des Ornaments aus dem Gebrauchsgegenstand“. Der Mensch könne angeblich kein neues Ornament hervorbringen, ORNAMENTLOSIGKEIT sei heute angesagt. Die „Sklaverei des Ornaments“ solle man vergessen, alles Ornamentierte sei zu verachten (RÜCKSCHRITT). WEIWEI ist nicht als Nachfahre von LOOS zu sehen: Ai WEIWEIs Ranzenbild offenbart die Bildmacht des Massen-Ornaments – allerdings gegen jene gekehrt, die mit ihm Propaganda betrieben. Es entstehe „hier aus der Masse der Ranzen die Geschichte eines Opfers - stellvertretend für tausende“, formuliert MAAK.

(Ein Leser –TR- in der FAZ dazu am 15.10.: „Interessant, Ihre Betrachtung, Werner Hahn (wernerhahn) - nur eines stimmt nicht: Adolf Loss war kein Ornamenthasser, das ist Unfug. In seiner Polemik 'Ornament und Verbrechen' spricht er sich gegen aus seiner Sicht sinnfreies, also gesellschaftlich obsolet gewordenes Zierwerk aus. Wer sich mit der Ästhetik der Jahrhundertwende befasst, merkt schnell, dass das Ornament seinerzeit überwiegend das Niveau leeren Kitschs hatte. In diesem Zusammenhang sind seine Angriffe auf den damaligen Zeitgeist zu werten.“)

Ai WEIWEI: Nachfahre des ORNAMENT-Verteidigers Henry van der VELDE

Dass ORNAMENTIK mit Symmetrien als geometrische Kunst gesehen werden kann, gleichsam als Akt der Ästhetik wie der Mathematik/Geometrie und (!) EVOLUTION, erkannte der Architektur-Theoretiker LOOS noch nicht. Der Zusammenhang von Geometrisierung und EVOLUTIONISIERUNG ist eine innovative neue Sichtweise. LOOS bekämpfte den Ornament-Verteidiger und Jugendstil-Wortführer Henry van der VELDE, der die gewaltlose, organische Überwindung der Museumskultur befürwortete. Und: HvdV hoffte auf eine „wirkliche Vereinigung von KUNST und LEBEN“!

WEIWEIs ORNAMENT-Liebe zeigt sich im RANZEN-Bild, „KUBUS“ (Tee-Pressung), seinem „Vogelnest“-Beitrag (Olympische Spiele) und auch in der vom Sturm 2007 bei der BUERGELiade (d12) zerstörten Skulptur „Template“ (Turm aus Holztüren); auch in dem Baumwurzeln-Irrgarten mit Teppich und in der Hocker-Kurven-Skulptur. WEIWEI arbeitet mit Installationen, Performance und Fotografie(serien) als bekennender Nachfahre der Ready-made-„Anti-Kunst“ sowie der Dadaismus-Rebellion mit Anti-Kunst und Nicht-Kunst des Protests, Schocks, Skandals (scandal-art). Im Dada-Geist machte er Fotos von Nackten und vom aufgerichteten Stinke-Finger vor Gebäuden: Reichstag, Weißes Haus, Orangerie in Kassel. Finger in offene Wunden?

Abschlussbemerkung zu ORNAMENT und Verbrechen

Will uns die FAZ provozieren?

So fragte ich an anderer Stelle zu einem Artikel über EVOLUTION: Der FAZ-Satz, der mich irritierte lautete, es könne „natürlich auch sein, dass der liebe Gott uns mit all dem Schmuck, den er so erfunden hat, nur ein wenig auf die Probe stellen will“? Gemeint war z. B. auch das prächtige symmetrienreiche Pfauenrad-Gefieder. Ich empfahl Literatur-Studium zum Thema „Pfauenrad-Evolution“. Was dieser FAZ-Artikel aber richtig sah war: ORNAMENT ist KEIN VERBRECHEN, was HAECKEL mit seinen „Kunstformen“ voller Symmetrien belegen wollte und konnte. Hierzu mehr in meinem Artikel „DARWIN-Jahr 2009: Kampf um die SICHT der EVOLUTION und des Doppel-AUGES“ im WEB. Die ENTSTEHUNG des Pfauenrad-Gefieders konnte DARWIN nicht erklären. Die ENTSTEHUNG von (schönen) Natur-Formen wird durch R. FRIEBE (FAZ) und DARWIN nicht erklärt, sondern vorausgesetzt. C.R.DARWIN 1860: „(…) die Sicht einer Pfauenfeder (…) macht mich krank. (…) Anblick eines Pfauenschwanzes (…) wird mir schlecht!“ (Mehr – am 11.01.09 - http://community.zeit.de/user/wernerhahn/beitrag/2...)

Literatur – Anmerkungen

(1) SCHMID, Karlheinz: Ai Weiweis künstlerische Immunität. In: Kunstzeitung, Nr. 159/November 2009, S. 03.

(2) Entartete “Kunst“ – Ausstellungsführer“. Reprint der Ausgabe München, Berlin 1937. Köln 1988. (Ende 1937 - nach der Eröffnung des HdDK - erschienen.)

(3) Werner Hahn zur Buchmesse 2009 im Internet: http://community.zeit.de/user/wernerhahn/beitrag/2...

(4) HAHN, Werner: DOCUMENTA DEMOKRATISIERUNG. Wege zu einer Hessischen documenta Akademie mit d12–Kritik. Gladenbach 2007 (Ausgestellt im Buchladen zur d12 in Kassel.)

(5 Kunstkritik: http://www.artnet.de/magazine/reviews/pschak/pscha...

(6) HOFMANN, Werner: Kunst und Politik. Über die gesellschaftliche Konsequenz des schöpferischen Handelns. Spiegelschrift 1, Köln 1969 (Verlag der Galerie Der Spiegel).

(7) ECO, Umberto: Die Geschichte der Schönheit. München 2006.

(8) MAAK, Niklas: Kunst von Ai Weiwei – Ornament und Verbrechen. In FAZ v. 13.10.2009 (http://www.faz.net/s/RubEBED639C476B407798B1CE808F...~E61F66FDAB8594B879BE50842E1F33315~ATpl~Ecommon~Sspezial.html )

Bürgerreporter:in:

W. H. aus Gladenbach

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