„Respekt!“ Helmut Gieber über das kulturelle Jahr in Gersthofen, das vor allem vom Jubiläum der Stadthalle geprägt war

Kulturreferent Helmut Gieber auf der Eislauffläche auf dem Gersthofer Rathausplatz. Im Hintergrund ist die Stadthalle zu sehen | Foto: Sebastian Kochs
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  • Kulturreferent Helmut Gieber auf der Eislauffläche auf dem Gersthofer Rathausplatz. Im Hintergrund ist die Stadthalle zu sehen
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mh bayern: „Feiern mit Freunden“ hieß es heuer anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Stadthalle. Welche Erwartungen hatten Sie an das Jubiläum und wurden diese auch erfüllt?

Helmut Gieber: Mit dem Jubiläumsprogramm wollten wir unserem zahlreichen Publikum erstens eine noch breitere Palette an Veranstaltungen bieten. Hier denke ich insbesondere an die Skulpturenausstellung „Alltagsmenschen“, die trotz der unschönen Beschädigungen ein fulminanter Erfolg war, sowie an die drei ausverkauften Open-Air-Aufführungen des Bayerischen Jedermanns. Zweitens wollten wir darstellen, dass einige unserer Wegbegleiter, wie Haindling, Gerhard Polt, die Well-Brüder oder Lisa Fitz, genau wie die Stadthalle auch nach 20 Jahren noch überaus erfolgreich aktiv sind. Und drittens gebe ich zu, dass wir uns nach 20 Jahren Betriebszeit der Stadthalle auch ein wenig selbst feiern wollten.

mh bayern: Wenn Sie die letzten 20 Jahre Revue passieren lassen: Was war…

mh bayern: … maßgeblich für den Erfolg der Stadthalle?

Helmut Gieber: Erfolgsgaranten waren und sind, erstens eine technisch und optisch immer noch beeindruckende „Hardware“, sprich das Gebäude und sein Innenleben. Zweitens: Vertrauensvolle Bürgermeister und Stadträte, die die Stadthalle als positiven Imageträger schätzen und die erforderlichen finanziellen Mittel bereitstellen und mir den notwendigen Entscheidungsspielraum einräumen. Und Drittens: Eine hoch motiviertes Mitarbeiterteam und zwar vom Einlass- und Garderobenpersonal über den Kartenvorverkauf bis hin zu den Verantwortlichen in der Verwaltung und Technik.

mh bayern: …. ein absoluter Besuchermagnet?

Helmut Gieber: Unerreicht wird wohl der Run auf die Tickets für Monika Gruber bei letzten beiden Gastspielen bleiben. Während beim ersten Mal rund 600 Interessenten eine lange Schlange über den gesamten Rathausplatz bis hinauf in die Bahnhofstraße bildeten und die Tickets innerhalb einer knappen Stunde vergriffen waren, ist beim zweiten Termin wegen der gigantischen Telefonnachfrage kurzzeitig das Leitungsnetz zusammengebrochen.

mh bayern: … der größte Reinfall?

Helmut Gieber: Von wirklichen Reinfällen, echten Katastrophen, Skandalen und totalen Enttäuschungen sind wir in den ganzen 20 Jahren verschont geblieben. Natürlich waren einige Veranstaltungen dabei, die nicht unserem Qualitätsansprüchen genügten oder deren Besucherzustrom hinter unseren Erwartungen geblieben sind.

mh bayern: … der Hauptgrund für stets konstante Besucherzahlen?

Helmut Gieber:Für konstante Besucherzahlen sind die große Programmvielfalt, eine glückliche Hand bei der Programmauswahl, Marktkenntnis, Mut zu Neuem und eine gute Vernetzung mit Künstlern und Anbietern verantwortlich.

mh bayern: Welches Fazit ziehen Sie zu den „Alltagsmenschen“? Viele Gersthofer mochten die Ausstellung und empörten sich über den Vandalismus, dem viele Figuren zum Opfer fielen. Wie beurteilen Sie die sehr deutlichen Worte von Bürgermeister Michael Wörle, der die Zerstörer als „asozial“ und „Vollidioten“ beschrieb?

Helmut Gieber: Bei den „Alltagsmenschen“ hatten wir ein noch nie da gewesenes positives Feedback. Auf die Zerstörungen und Beschädigungen von insgesamt sechs Figuren haben viele Bürgerinnen und Bürger so reagiert, als wären sie selbst unmittelbar betroffen. Das hat uns Ausstellungsmacher etwas über die Enttäuschung und auch ein Stück Wut hinweggetröstet. Dass Bürgermeister Michael Wörle nach dem vierten „Attentat“ auf Facebook deutliche Worte fand, ist für mich nachvollziehbar. Die Berichterstattung darüber hat der Ausstellung letztlich sogar nationale Beachtung verschafft. Bedauerlich ist, dass die Täter leider trotz Auslobung einer Belohnung von insgesamt 2.000 Euro bis heute nicht gefasst werden konnten.

mh bayern: Ballonmuseumscup, Kunstpreisverleihung, kulturina… Auch jenseits des Angebots in der Stadthalle hat Gersthofen kulturell einiges zu bieten: Was waren in diesem Jahr kulturelle Höhepunkte in Gersthofen?

Helmut Gieber: Die Premiere unserer ersten Auftragsinszenierung mit dem Kindertheater „Der Traum vom Fliegen“ war schon ein Highlight. Das international angesehene Kinder- und Jugendtheater EUKITEA hat unsere Ideen perfekt in Szene gesetzt. Jetzt hat das Ballonmuseum ein eigenes Stück anzubieten und die Resonanz auf die bisherigen sechs Aufführungen im Jahr 2015 war sehr erfreulich. Die Leistungen der Kunstpreisträger in der Sparte Musik waren so außerordentlich gut, dass wir uns kurz entschlossen zu einer CD-Produktion entschlossen haben. Die kulturina hat sich inzwischen zu einem Markenzeichen für Gersthofen entwickelt. Wir beteiligen uns hier gerne mit einem eigenen Programmangebot im und um das Ballonmuseum. Die neue Sommerlesereihe „Auserlesen“ auf der Dachterrasse und der erst kürzlich gestartete Offene Bildungs- und Lerntreff in der Stadtbibliothek sind zwar nicht so spektakulär, aber dennoch ein sehr wertvoller Beitrag im Gesamtangebot. Dies gilt ebenso für die beachtlichen Aktivitäten unserer örtlichen vhs und aller Kulturvereine einschließlich Musikvereine und dem Kulturkreis.

mh bayern: Wie ist Ihre Meinung zur geplanten Theatersanierung in Augsburg? Als das Kongress am Park umgebaut wurde, gastierten die Augsburger Philharmoniker in der Stadthalle. Können Sie sich beim Theater eine ähnliche Kooperation vorstellen? Und wenn ja: Sollte Gersthofen sich dann finanziell an der Theatersanierung beteiligen?

Helmut Gieber: Aus der temporären Verlagerung der Augsburger Philharmoniker hat sich eine dauerhafte Verbindung ergeben, die sich in einem regelmäßigen Neujahrs- und Familienkonzert in der Stadthalle ausdrückt. Zu Intendantin Juliane Votteler habe ich eine sehr offene, freundschaftliche Verbindung, verbunden mit großem Respekt vor ihrer Leistung. Die Kulturregion Augsburg braucht ein starkes Theater, deshalb war die Entscheidung, ob saniert wird, alternativlos. Diskussionsfähig ist lediglich die Frage des Wie. Eine Kostenbeteiligung der Stadt Gersthofen steht meines Erachtens nicht zur Debatte. Gersthofen hat sich mit Stadthalle, Bibliothek, Ballonmuseum, Musikschule usw. in Sachen Kultureinrichtungen selbst sehr hochwertig aufgestellt. Eine Kostenbeteiligung der Stadt Augsburg an unseren Objekten war umgekehrt nie ein Thema.

mh bayern: Zum Stadthallen-Jubiläum trat Gerhard Polt auf, der gerne der Gesellschaft den Spiegel vorhält. Wenn Sie in Polt-Manier dem „Durchschnittsgersthofer“ etwas über seinen Kulturkonsum etwas sagen müssten, was wäre das?

Helmut Gieber: In einer kürzlich erschienenen Umfrage in der Augsburger Allgemeinen antworteten circa 65 Prozent von circa 1.000 Befragten, dass sie schon einmal oder mehrfach in der Stadthalle Gersthofen waren. Gerhard Polt würde dieses unerwartet erfreuliche Ergebnis kurz und knapp kommentieren: „Respekt!“

mh bayern: Vom Rückschau auf 20 Jahre Stadthalle, nun abschließend ein Ausblick…

…. in die nähere Zukunft: Was sind die Kultur-Highlights 2016?

Helmut Gieber: Meine persönlichen Highlights sind: Josef Hader, Hagen Rether, Luise Kinseher im Kabarett, das Schauspiel „Der Mentor“ mit Volker Lechtenbrink, die Show „Let‘s Burlesque“, der erstmalige Auftritt der legendären Ersten Allgemeinen Verunsicherung aus Österreich, die Konzerte von „Blechschaden“ und der „CubaBoarischen“. Aktuell bin ich noch in Verhandlungen mit Iris Berben und Martin Stadtfeld. Sofern wir uns hier einigen, wäre dieser besondere Abend meine absolute Nummer 1.

mh bayern: … in die fernere Zukunft: Was erhoffen Sie sich für die Stadthalle in den nächsten 20 Jahren?

Helmut Gieber: …dass die Stadthalle weiterhin der über die Region hinaus wirkende Kulturbotschafter für Gersthofen bleibt und ich auch in 20 Jahren noch als alter Herr und Privatier ein interessantes und abwechslungsreiches Programm genießen darf.

mh bayern: Herr Gieber, vielen Dank für das Interview!

myheimat-Team:

Tanja Wurster aus Augsburg

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