Von St. Marien schlägt es wittenbergisch...

Das Rathaus am Obermarkt in Gelnhausen wurde im Jahre 1333 als Kaufhaus erbaut.
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Die alte Freie Reichsstadt Gelnhausen ist nicht nur eine Reise wert, denn der Besucher findet hier ein 'Marburger Haus', die wohl engste Stelle der Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig und zwei beeindruckende Kirchen.

Der alte Handelsweg von Frankfurt nach Leipzig führte auch durch die Stadt Gelnhausen, die am Südhang des Vogelsbergs liegt. Durch die Ebene vor der Stadt schlängelt sich der Fluß Kinzig, der im Mittelalter bis hier schiffbar war. Die Türme der Marienkirche sind weithin sichtbar und zeigen uns den Weg über die Alte Leipziger Straße zum Obermarkt in der Altstadt.

Der Obermarkt ist ein guter Ausgangspunkt für eine kleine Entdeckungsreise und liegt zwischen der Peters- und der Marienkirche. Die schönen Fachwerkhäuser lassen den Betrachter immer wieder kleine Besonderheiten an der Fassade entdecken, bevor der Blick auf das Rathaus fällt. Das Rathaus steht direkt an der Ecke zur Kuhgasse. Es wurde im Jahre 1333 ursprünglich als Kaufhaus erbaut und seit dem 15. Jahrhundert ist es das Rathaus der Barbarossastadt. Ein Blitzschlag vernichtete im Jahre 1736 das Obergeschoß des Gebäudes.

Schöffer-Denkmal

Direkt am Eingang zur Holzgasse sehe ich auf der rechten Seite ein wenig versteckt ein Denkmal stehen. Es stammt aus dem Jahre 1880 und erinnert an Konsul Konrad Heinrich Schöffer. Unter einem Erzmedaillon mit dem Bildnis von Konrad Heinrich Schöffer lesen wir: "Ihrem Bürger Conrad Heinrich Schöffer die dankbare Vaterstadt 1880." In Gelnhausen wurde er am 03.10.1815 geboren und zog im Jahre 1838 nach Amsterdam. Hier war er als Kaufmann im Kaffeegroßhandel sehr erfolgreich tätig und kehrte im Jahre 1860 als vermögender Mann in seine Heimatstadt Gelnhausen zurück. Ihm war es eine Herzenssache, sein möglichstes zur Förderung und Verschönerung seiner Vaterstadt zu tun. Im Alter von 63 Jahren verstarb Konrad Heinrich Schöffer am 13. August 1878 an einem Lungenleiden. (Quelle: "Zwischen Vogelsberg und Spessart - Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen 1972" - Seite 54 - 56 von Rob. Lutze).

Die Peterskirche

Die katholische Peterskirche steht in schlichter Bescheidenheit am westlichen Rand des Obermarktes. Fachleute gehen davon aus, dass die Kirche bereits im 13. Jahrhundert entstanden ist und im Jahre 1225 wichtige Bauteile vollendet waren. In dem 1831 erschienenen Buch des Landbaumeisters Ruhl wird sie als 'verfallene Kirche' bezeichnet, deren Reste vom Einsturz bedroht seien. Die katholische Pfarrgemeinde begann in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts mit dem Umbau der Peterskirche, was jedoch mit vielen Schwierigkeiten verbunden war. An das Querschiff wurde ein rechteckiger Chor aus heimischem Sandstein angebaut. Außerdem wurden zwei Türme von fast 40 m Höhe errichtet. Unter dem Chorraum entstand eine Krypta. Die Anschaffung der Glocken und der Innenausbau der Kirche verschlangen die letzten Geldreserven. Zwischen 1961 und 1964 wurde eine gründliche Renovierung der Peterskirche notwendig. (Quelle: "Zwischen Vogelsberg und Spessart - Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen 1978" - Seite 29 - 32 von L. Hundelshausen).

Von St. Marien schlägt es wittenbergisch

Die fünftürmige Marienkirche zieht immer wieder die Blicke auf sich und der Betrachter entdeckt stets Besonderheiten. Erstmalig wird die Marienkirche im Jahre 1223 erwähnt. Im Jahre 1238 war der Bau wohl in seinen wesentlichen Teilen fertiggestellt. Etwa um 1220 kommt Meister Heinrich Vingerhut nach Gelnhausen und wurde mit dem Weiterbau der Marienkirche beauftragt. An der malerischen Ausgestaltung der Kirche war er wohl kaum mehr beteiligt. Das Prämonstratenserstift 'Selbold' (heute Langenselbold) hatte bis zur Reformation im Jahre 1543 allein die Pfarrechte in Gelnhausen. Im Verlauf der Jahrhunderte erlebte die Marienkirche eine Vielzahl von Reparaturen, Umbaumaßnahmen und Veränderungen. Dennoch ist die mittelalterliche Bausubstanz erstaunlich gut erhalten. (Quelle: "Zwischen Vogelsberg und Spessart - Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen 1960" - Seite 34 - 39 von Prof. Dr. Meyer-Barkhausen).

Das Jahr 1916 war das Schicksalsjahr für die Glocken der Marienkirche. Die alten, kleineren Glocken verblieben der Kirche, die drei großen jedoch wurden geholt: Die Friedensglocke, die Lutherglocke und die Kaiserglocke, die allein ein Gewicht von 69 Zentnern hatte. ...Zwei volle Tage standen die Glocken vor der Kirche, damit die Einwohnerschaft Abschied nehmen konnte. (Quelle: "Zwischen Vogelsberg und Spessart - Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen 1968" - Seite 126 von G.R.).

Das folgenschwerste Unwetter seit Menschengedenken erlebte das Kinzigtal am 29. Mai 1911.
Es war ein Montag. Dunkle Gewitterwolken hingen über dem Kinzigtal. Bereits in den Vormittagsstunden entlud sich das erste Gewitter. Nachmittags kam von Westen her ein neues schweres Gewitter, das mit katastrophalen Folgen das Kinzigtal heimsuchte. Unaufhörlich ergoß sich ein nicht endenwollender Wasserstrom auf die nördlichen Höhen von Gelnhausen bis Haitz und Lieblos, der katastrophale Folgen brachte. ... (Quelle: "Zwischen Vogelsberg und Spessart - Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen 1968" - Seite 128 - 129)

Eine Stadt stellt sich vor

"...Der Name 'Geilenhusen' taucht in einer Urkunde des Klosters Banz aus dem Jahre 1123 auf. ...Im Jahre 1108 hören wir erstmals von den 'Grafen von Gelnhausen'. ...Sie sterben, mit Sicherheit im Mannesstamme, noch im 12. Jahrhundert aus, ... Im Jahre 1158 kauft der Erzbischof von Mainz die Burg Gelnhausen... Im Jahre 1165 erwirbt der deutsche Kaiser die Hälfte der Burg Gelnhausen vom Erzbischof in Mainz als Lehen... Der Kaiser begann um diese Zeit wohl auch schon mit dem Ausbau der Burg Gelnhausen. Um das Jahr 1170 müssen schon Teile derselben fertig gewesen sein. ...Am 25. Juli 1170 verkündete Friedrich I. von Hohenstaufen, genannt Barbarossa, die Erhebung Gelnhausens zur Stadt. ...Die erste Ummauerung, der sogenannte innere Bering mit festen Toren, dürfte um 1200 bis 1210 fertig gewesen sein. ...Bis zum Ende der Stauferzeit entwickelt sich die Stadt zu einem bedeutenden Fernhandelsplatz. Es waren besonders die Gelnhäuser Grautuche, deren Weg wir bis in den schwäbisch -allemannischen Raum und weiter bis tief in die Schweiz verfolgen können. ...Der Reichtum der Stadt mußte damals sehr bedeutend gewesen sein, denn im Reichssteuerkataster des Jahres 1242 steht Gelnhausen nach Frankfurt an zweiter Stelle. ...Gelnhausen bildete schon früh mit den Städten Frankfurt, Wetzlar und Friedberg den Wetterauischen-Städtebund. Im Jahre 1254 trat sie dem großen Rheinischen-Städtebund bei. ...Im Jahre 1349 verpfändete Kaiser Karl IV. die Stadt an Günther von Schwarzburg. ...Im Jahr 1395 wütete in Gelnhausen die Pest. 2.100 Menschen fielen ihr zum Opfer. ...Im Jahre 1433 sind die Grafen von Hanau die Pfandherren. ...Bis zu Beginn des 30jährigen Krieges dürfte Gelnhausen etwa 10.000 Einwohner in seinen Mauern beherbergt haben. ...Die Einwohnerzahl verminderte sich schnell und im Jahre 1685 zählte die Stadt erst wieder 200 Bürger. ...Im Jahr 1746 kam Gelnhausen an Hessen-Kassel und mit dem Auflösen der alten Reichsverfassung, im Jahre 1803, ist Gelnhausen schließlich ein unbedeutender kurhessischer Landort. Im Rahmen einer neuen Provinzialordnung wurde im Jahr 1821 Gelnhausen Kreisstadt und nur langsam begann ein wirtschaftlicher Aufstieg. ...Derzeit leben etwa 22.000 Menschen in der Barbarossastadt Gelnhausen.(Quelle: "Zwischen Vogelsberg und Spessart - Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen 1970" - Seite 34 bis 41 von Karl Schreiber).

Sehen Sie sich meine Aufnahmen an und begeben sich so auf einen virtuellen Spaziergang durch Gelnhausen.

Bürgerreporter:in:

Hans-Christoph Nahrgang aus Kirchhain

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