„Der Wirtschaftsstandort Friedberg ist erfolgreich“: Ein Interview mit Friedbergs Bürgermeister Dr. Peter Bergmair

Der Rathauschef beim Halbmarathon | Foto: Franz Scherer
5Bilder
  • Der Rathauschef beim Halbmarathon
  • Foto: Franz Scherer
  • hochgeladen von Joachim Meyer

An kommunalpolitischen „Brennpunktthemen“ mangelte es im abgelaufenen Jahr nicht. Der Katalog reichte vom Wittelsbacher Schloss über „Hubschrauberlärm“ bis hin zum „Schweinemastbetrieb in der Friedberger Au“. myheimat sprach mit Friedbergs Bürgermeister Dr. Peter Bergmair über das Instrument des Bürgerentscheides, die Ausweisung zusätzlicher Baugebiete und die Konsolidierung der städtischen Finanzen.

myheimat: Herr Dr. Bergmair, zäumen wir das „kommunalpolitische Pferd“ von hinten auf und arbeiten uns kalendarisch dann Schritt für Schritt nach vorne. Beginnen wir mit dem Bürgerentscheid zum Wittelsbacher Schloss. Den Stadtrat und die Medien schien dieses Thema stärker zu beschäftigen als die Friedberger Bürger. Worauf führen Sie die geringe Wahlbeteiligung von 31,6 Prozent zurück?
Bergmair: Die geringe Wahlbeteiligung und das Ergebnis sind dahingehend zu deuten, dass die bisherige Entscheidung des Stadtrats zum Vollausbau des Schlosses weiterhin gilt. Wir kennen die Friedberger als eine politisch sensible und engagierte Bürgerschaft, die bereit ist, politische Fragen in die Öffentlichkeit zu tragen. Das bedeutet, die geringe Beteiligung signalisiert ein gewisses Maß an Zustimmung.
myheimat: Eine grundsätzliche Frage stellt sich in diesem Zusammenhang zum Instrument des Bürgerentscheides. Weder das Ratsbegehren noch das Bürgerbegehren erreichte das erforderliche Quorum. Damit entfaltete kein Bürgerentscheid eine bindende Wirkung. Ist dieses Verfahren dennoch aus Ihrer Sicht gerechtfertigt, was Kosten und den Zeitfaktor anbelangt?
Bergmair: Dieser Bürgerentscheid hat für die Stadt mit ca. 40.000 Euro – ohne Personalstunden – zu Buche geschlagen. Günstiger wird diese Form der direkten Demokratie, wenn man den Bürgerentscheid mit einer anstehenden Wahl koppeln kann. Das war bisher meistens der Fall, dieses Mal jedoch nicht möglich.
myheimat: Es gilt jetzt der ursprüngliche Stadtratsbeschluss und trotzdem bleiben noch viele Fragen offen. Als Stichwörter seien die Punkte Parkplatzsituation, Betriebskonzept, Veranstaltungssaal und Kosten genannt. Wie sieht denn nun der genaue Fahrplan für die nächsten Jahre aus?
Bergmair: Der genaue Fahrplan muss jetzt zügig erarbeitet werden, denn der Bürgerentscheid hatte ja die Arbeiten am Projekt für Monate gestoppt. Derzeit kann man Folgendes festhalten: Der Zeitplan geht von einer Bauzeit von 32 Monaten für den ersten Bauabschnitt aus. Der Baubeginn sollte spätestens bis Ende 2012 erfolgen. Ansonsten droht, dass wir zugesagte Fördermittel verlieren. Es gibt also keinen Anlass, sich zurückzulehnen – ganz im Gegenteil: Die Arbeit beginnt jetzt erst richtig, und ich werde mich weiter dafür einsetzen, Zweifler zu überzeugen.
myheimat: Für einigen Gesprächsstoff sorgte im abgelaufenen Jahr auch die Debatte um die Ansiedlung von zwei Hubschrauber-Unternehmen in Augsburg und den damit verbundenen Hubschrauberlärm. Was können Sie hier im Interesse der Bürger erreichen?
Bergmair: Ich lege Wert darauf, den Bürgern jeweils offen zu sagen, was man erreichen oder nicht erreichen kann. So ist es der Stadt Friedberg vor einigen Jahren nicht gelungen, ins Planfeststellungsverfahren für den Flughafen im Interesse der Anwohner einzugreifen. Es wird wohl abermals schwer werden, rechtlich gegen diesen Hubschrauberbetrieb vorzugehen. Für mich geht es um zwei Ziele: Zum einen, Ansatzpunkte für eine politische Einflussnahme zu finden, und zum zweiten, mehr Transparenz im tatsächlichen Betrieb herzustellen.
myheimat: Eine Neverending Story scheint das Thema „Schweinemastbetrieb in der Friedberger Au“ zu sein. Mit 16:10 Stimmen wurde ein neuer Bebauungsplan abgelehnt. Welchen Verhandlungsweg mit den Landwirten haben Sie nun im Kopf?
Bergmair: Ich hoffe, dass es uns gelingt, die nächsten Schritte so diskret wie möglich zu tun. Ansonsten wären unsere Bemühungen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Natürlich dreht sich jetzt alles um die Frage, ob es gelingt, einen Ersatzstandort zu finden. Es gibt allerdings leichtere Aufgaben. Dennoch werden wir einen neuen Standort suchen. Ich habe bereits öfters darauf hingewiesen, dass wir derzeit keine geeignete Ersatzfläche im städtischen Eigentum anzubieten haben, welche den Anforderungen der Landwirte genügt.
myheimat: Lassen Sie uns ein wenig über ein weiteres kommunalpolitisches Brennpunkt-Thema in Friedberg sprechen, das einen langfristigen Einfluss auf die Entwicklung der altbairischen Herzogstadt haben wird. Es geht um die Tatsache, dass Baugrundstücke in Friedberg eher Mangelware sind. Wie steht es um die Ausweisung zusätzlicher Baugebiete, um junge Familien in den „Grenzen der Stadt“ zu halten?
Bergmair: Es erweist sich als schwierig, neues Bauland für Wohnen auszuweisen. Umso mehr setze ich mich auch persönlich dafür ein, Wohnmöglichkeiten auf neuen Flächen zu entwickeln beziehungsweise Baulücken, die geeignet sind, zu schließen. Einige wenige Beispiele: In der Kernstadt befinden sich bei zwei Projekten 27 Geschoßwohnungen im Bau bzw. sind bereits fertig gestellt. In Hügelshart können 21 Wohnhäuser gebaut werden, in St.Afra zehn. In Rederzhausen lösen wir Probleme, indem wir die Gefahr durch Regenfälle vermindern, und ermöglichen gleichzeitig ca. 30 Wohnhäuser. Bei der Aufplanung für Friedberg-Süd beteiligen wir die Eigentümer, Bürger und Interessenten. Zu Beginn des neuen Jahres soll hier der erste Bebauungsplan für den Bereich Nordwest gestartet werden.
myheimat: Dagegen bietet die Entwicklung der Gewerbegebiete erfreuliche Perspektiven. Die Vermarktung des Friedberg-Parks an der A 8 läuft bereits auf Hochtouren und auch der Business-Park schreibt seine „Erfolgsgeschichte“ weiter. Wie lautet Ihre Strategie für weitere Gewerbeansiedlungen in Friedberg?
Bergmair: Es stimmt, wir haben in den letzten Jahren – übrigens höchst erfolgreich – unseren Schwerpunkt auf die Gewerbeansiedlung gelegt. Da war einiges aufzuholen. Wir haben unsere Flächen auf der Weltfachmesse ExpoReal vorgestellt. Im Businesspark stehen noch einige wenige Flächen zur Verfügung, und es ist ja nicht verkehrt, wenn wir dort noch eine kleine Reserve haben. Im Friedberg Park an der Autobahn baut sich ein konstantes Interesse auf. Wir freuen uns, dass wir mit dem beurkundeten Verkauf einiger Flächen bereits gut gestartet sind.
myheimat: Die Gewerbesteuern sind eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen. Wie lief das Jahr 2011 unter diesem Gesichtspunkt?
Bergmair: Wir gehen in den aktuellsten Schätzungen davon aus, dass wir heuer gut über 13 Millionen Euro an Gewerbesteuer einnehmen. 2010 waren es im Ergebnis 11,13 Millionen Euro, das heißt wir haben ein deutliches Plus zu verzeichnen – ein Anstieg, der über dem Bayerndurchschnitt liegt und den Erfolg unseres Wirtschaftsstandorts bestätigt. Für 2012 erwarten wir ähnliche Einnahmen wie heuer.
myheimat: Am Beginn des Jahres lag die Verschuldung der Stadt Friedberg bei 48,3 Millionen Euro. Über die Investitionen ins Wittelsbacher Schloss sprachen wir bereits. Welches Konzept zur Reduzierung der Schulden können Sie den Friedberger Bürgern in den nächsten Jahren anbieten?
Bergmair: In der Tat ist es so, dass mich die aktuelle Diskussion um die Schulden der öffentlichen Hand berührt. Die steigende Sensibilität auf Seiten des Bürgers ist erkennbar. Ich verbinde damit die Hoffnung auf die Bereitschaft, die bekannten Wunschlisten auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen. Die Botschaft ist klar: Wir müssen bei unseren Haushaltsberatungen für 2012 darauf achten, keine Neuverschuldung zuzulassen und eventuell erste Schritte in den Schuldenabbau zu tun. Die Wirtschafts- und Finanzkraft unserer Stadt ermöglicht beides.
myheimat: Nach all den politischen Gesprächsgegenständen wie immer an dieser Stelle eine „private“ Frage zum Abschluss: Welcher Moment, welche Begegnung im abgelaufenen Jahr hat Sie persönlich am meisten beeindruckt?
Bergmair: Das war die Antrittsrede der neuen Präsidentin der Universität Augsburg. Professorin Dr. Sabine Doering-Manteuffel hat mich – genauso wie die anderen Festgäste – tief berührt und begeistert. Es ist ihr gelungen, den eigenen Werdegang und das Lebensgefühl unserer Generation mit den neuartigen Aufgaben, welche die Universität in Gegenwart und Zukunft bereit hält, zu verbinden – großartig!

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

106 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.