Physiotherapeutin aus Metzingen gibt Patient Chance im Kampf gegen Blutkrebs

Um einem fremden Blutkrebspatienten zu helfen spendet Mareen Roller Stammzellen bei der Stefan-Morsch-Stiftung.
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Die Physiotherapeutin Mareen Roller aus Metzingen (Kreis Reutlingen) war noch in der Ausbildung, als sie sich vor vier Jahren als Lebensretterin bei der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands älteste Stammzellspenderdatei, registrierte. Im Dezember 2014 meldet sich die Stiftung bei ihr: Die 26-Jährige ist die genetisch passende Stammzellspenderin für einen Leukämiepatienten. „Da hab ich gar nicht lange überlegt. Verrückt, dass ausgerechnet ich helfen kann! Das ist was total Besonderes.“

Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland etwa 11 000 Menschen an bösartigen Blutkrankheiten wie etwa der Leukämie. Oft reicht die Behandlung mit einer Chemotherapie oder Bestrahlung nicht aus. Dann ist die Übertragung gesunder Blutstammzellen die einzige Hoffnung auf Leben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn sich ein passender Stammzell- bzw. Knochenmarkspender zur Verfügung stellt, der die gleichen genetischen Merkmale hat, wie der Patient.

Und genau das hat Mareen Roller 2011 gemacht: an der PT Akademie, der Schule für Physiotherapie an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Tübingen. Eine Klassenkameradin hat den Vorschlag gemacht, dass sich die Klasse gemeinsam typisieren lässt und dann haben sie sich einfach bei der Birkenfelder Stammzellspenderdatei gemeldet. Mitarbeiter der Stefan-Morsch-Stiftung besuchten dann die Klasse, klärten die Auszubildenden genau über die Typisierung und Stammzellspende auf und nahmen dann 33 Auszubildenden eine kleine Blutprobe ab – ein Fingerhut voll. „Für mich war gleich klar, dass ich mich registrieren lasse. Ich möchte anderen Menschen helfen und es schadet mir ja nicht“, sagt Mareen Rollen.

Aus den Proben wurden im Labor die Gewebemerkmale bestimmt und bei der Spenderdatei gespeichert. Seitdem stehen sie anonym im deutschen Zentralregister (ZKRD) in Ulm, wo sie mit denen der Patienten weltweit verglichen werden können. Mit jedem neu gewonnenen Spender erhöht sich somit die Chance, dass einem leukämiekranken Patienten das Leben gerettet werden kann.

Mittlerweile arbeitet Mareen Roller in einer Metzinger Praxis für Physiotherapie – Physioloft Schur. Nach Feierabend wechselt sie in ihre Baustellen-Kleider und fährt zu dem knapp 90 Jahre alten Haus, das sie von Ihrem Opa geerbt hat. Zusammen mit ihrem Freund und ein paar Helfern renovieren sie es. Elektrik, Rohre, Wände – viel haben sie schon bewältigt: „Wir haben eigentlich fast alles eingerissen und neu gemacht“, erzählt sie stolz. „Im Sommer können wir hoffentlich einziehen.“ Die Zeit für Fußballtraining macht sie sich trotzdem. Seit fünf Jahren steht sie für den TSV Glems im Tor.

Im Dezember 2014 bekommt sie dann einen Brief aus Birkenfeld, dem Sitz der Stefan-Morsch-Stiftung: Die 26-Jährige kommt als Spenderin für einen an Leukämie erkrankten Menschen in Frage. „Darüber habe ich mich gefreut! Man hört öfter was darüber. Aber es ist was anderes, wenn man selbst involviert ist – was Besonderes.“ Nach einer erneuten Blutuntersuchung bekommt sie eine Absage: „Ich bekam ein Schreiben, dass ein anderer Spender gefunden wurde. Das war okay. Ich dachte, vielleicht kann ich dann ein anderes Mal helfen.“ Vier Wochen später dann die Überraschung: „Ich bekam wieder einen Anruf und wurde gefragt, ob ich doch noch bereit bin, zu spenden – klar bin ich das.“ Warum es nun doch so kam, weiß sie nicht.

Bevor sie spenden darf muss sie zur Voruntersuchung. Dort wird zu ihrerr Sicherheit abgeklärt, ob sie ganz gesund ist. Und sie wird komplett über die Chancen und Risiken, aber auch über den Ablauf der Spende aufgeklärt.
Mit der Übertragung von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme von Stammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird. Bei der klassischen Methode - der Knochenmarkspende – punktieren die Ärzte den Beckenknochen des Spenders – niemals das Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Mareen Roller hat sich für die Apherese entschieden. Das bedeutete aber auch, dass sie sich ein paar Tage vorher spritzen musste. Ganz einfach war das für sie nicht: „Das war komisch. Ich habe mich noch nie selber spritzen müssen. Jede Spritze war eine Überwindung – aber ich hab es allein hingekriegt.“ Öfter denkt sie an den Patienten: „Mich würde brennend interessieren, wer es ist, wie es ihm geht, was er so denkt. Ich hoffe, dass es ihm bald wieder gut geht.“

Nach der Stammzellentnahme möchte sie andere zur Typisierung motivieren: „So viele wie möglich sollen sich typisieren lassen. Das ist nichts Schlimmes und man kann damit ein Menschenleben retten.“

Die drei wichtigsten Fragen zur Typisierung:

Wie und wo kann man sich typisieren lassen?
Die aktuellen Termine für die Typisierungsaktionen der Stefan-Morsch-Stiftung findet man auf der Homepage. Zudem gibt es dort auch die Möglichkeit, sich online registrieren zu lassen. Über den Button „Online-Registrierung“ auf der Startseite kann man, die Einverständniserklärung ausfüllen und sich ein Entnahmeset zuschicken lassen. In dem Päckchen ist das entsprechende Material, um sich bei seinem Hausarzt eine kleine Blutprobe entnehmen zu lassen oder eine Speichelprobe durchzuführen. Dieses Päckchen wird einfach an die Stefan-Morsch-Stiftung zurückgesendet.
Jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren kann kostenlos als Stammzellspender registriert werden. Freiwillige die älter sind als 40 Jahre und Frauen mit mehr als zwei Schwangerschaften sollten sich vorab auf der Internetseite der Stefan-Morsch-Stiftung (www.stefan-morsch-stiftung.de) informieren. Dort lassen sich auch weitere Ausschlusskriterien nachlesen. Info: Stefan-Morsch-Stiftung, gebührenfreie Hotline (08 00 - 766 77 24)

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient einen passenden Spender findet?
Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Stammzellspender zu finden, liegt in der Größenordnung von 1:10.000 und 1:1.000.000 und ist abhängig von den für eine Transplantation relevanten Gewebemerkmalen (HLA-Werten) des Patienten. Je genauer die Übereinstimmung zwischen den Merkmalen dieses DNA-Teilstückes des Spenders und denen des Patienten ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten für eine Stammzelltransplantation.

Können Stammzellspender den Patienten kennenlernen?
Unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen ist ein Treffen zwischen Spender und Empfänger nach Ablauf von zwei Jahren möglich, wenn beide damit einverstanden sind. Außerdem kann der Spender, soweit der Patient damit einverstanden ist, auch nach der Stammzelltransplantation über den Zustand des Patienten informiert werden. Aber: Leider ist die Gesetzgebung in diesem Bereich von Land zu Land verschieden und eine Kontaktaufnahme zwischen Spender und Empfänger kann nur erfolgen wenn die nationalen Gesetze der Herkunftsländer dies erlauben. In vielen Ländern ist die Kontaktaufnahme aber nach wie vor erlaubt, unter anderem auch in Deutschland und den USA.

Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die gemeinnützige Stiftung seit 1986 Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. So werden täglich Stammzell- oder Knochenmarkspender aus der stiftungseigenen Spenderdatei von mehr als 400 000 potentiellen Lebensrettern weltweit vermittelt. Die Stiftung ist Mitglied der Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD).

Um einem fremden Blutkrebspatienten zu helfen spendet Mareen Roller Stammzellen bei der Stefan-Morsch-Stiftung.
Unter der gebührenfreien Hotline 0800 - 76 67 724 sind Mitarbeiter der Stefan-Morsch-Stiftung erreichbar.
Bürgerreporter:in:

Annika Zimmer aus Birkenfeld

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