Immer unterwegs für die Stefan-Morsch-Stiftung: Dieter Engbersen

In Coesfeld kennt ihn jeder: Engbersen organisiert immer wieder Typisierungs- und Benefizaktionen für die Stefan-Morsch-Stiftung
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Alles begann mit einem Zeitungsbericht vor gut 15 Jahren: In der Uniklinik Münster lagen zwei leukämiekranke Kinder, die dringend eine Stammzelltransplantation brauchten. Dieter Engbersen wohnte damals in Coesfeld und der Artikel über die beiden Kinder ließ dem Familienvater keine Ruhe. Er entschloss sich etwas zu tun. Seitdem engagiert sich der heute 59-Jährige für die Stefan-Morsch-Stiftung. Er ist ein Organisationstalent: Fast 50 Typisierungsaktionen hat er auf die Beine gestellt. Und er fährt gerne Rad. Bei der Hilfe für Leukämie-und Tumorkranke verbindet er oft beides. Immer wieder geht er auf Benefiz-Tour. Ein Beispiel: Seine Fahrt nach St. Petersburg 2003, über die er Tagebuch geführt hat:

„Eigentlich wollte ich nach Moskau“, schreibt er. Das aber wird ihm ausgeredet – von seinen Radfreunden, aber auch von Emil Morsch, dem Vorstandsvorsitzenden der Stefan-Morsch-Stiftung, für die er auf der Tour Spenden sammeln will. In Barcelona war er schon 2001 gewesen, 2002 war er in Trondheim. Also was sollte einen Mann wie ihn hindern nach Moskau zu radeln - mitten durch Weißrussland. Damals nicht unbedingt für eine niedrige Verbrechensquote bekannt.

Dieter Engbersen lässt sich umstimmen und umlenken. St. Petersburg heißt das Alternativziel. Dorthin pflegt die älteste deutsche Spenderdatei gute Kontakte: „Ich wollte Grüße von Herrn Gorbatschow überbringen.“ Der ehemalige Staatschef stand seit ein paar Jahren wegen seiner Frau Raissa mit der Stiftung in Verbindung. Bis heute arbeitet das Internationale Suchzentrum der Birkenfelder Datei als Spendersucheinheit unter anderem für das Transplantationszentrum St. Petersburg (EBMT-Team 725).

Engbersens Plan für die 2400 Kilometerstrecke von Coesfeld über Bremen nach Rostock und via Fähre nach Dänemark. Dort von Kopenhagen bis Stockholm und mit dem Schiff nach Finnland. Dann wieder radeln von Helsinki bis St. Petersburg: Start, 6. Juni, Ankunft 29. Juni, Tagesleistung also zirka 150 bis 180 km.

Die Kosten für diese Fahrt werden privat getragen und der Jahresurlaub muss herhalten. Die Radtour ist mit dem Spiel gekoppelt „Spenden und Gewinnen“. Das Brauhaus Stephanus in Coesfeld stellte drei Hauptpreise. Die drei Mitspieler, welche die genaue Kilometerzahl tippten, die Dieter Engbersen mit dem Rad von Coesfeld nach St. Petersburg benötigt, erhalten einen Gewinn.

Bis Kopenhagen verläuft die Tour erst einmal ohne Komplikationen. Doch, weil er morgens um 5 Uhr zum Zug nach Malmö muss und in seiner Pension um diese Zeit noch keiner da ist, wird Engbersen zum Herrn der Diebe: „Mit meinem Leatherman (Multifunktionswerkzeug) habe ich das Schloss an dem Schuppen abgebaut, in dem mein Rad sicher untergebracht war. Ich habe mein eigenes Rad geklaut“, lacht er. Aber damit sollten die Probleme an diesem Tag nicht zu Ende sein: „Im ersten Zug nach Malmö waren noch sehr wenige Fahrgäste, aber der Schaffner gab mir unmissverständlich zu verstehen, dass ich nicht mit dem Rad den Zug nutzen durfte. Bis 9 Uhr ist der Zug für Räder tabu, weil für die Berufspendler der ganze Platz benötigt wird.“ Engbersen hört sich die langatmigen Belehrungen des Schaffners an – bis, ja bis der Zug in Malmö ankommt.

Der Weg durch Schweden war Natur pur. Nur, dass in dieser Natur die Straßen nicht immer dort entlang gebaut wurden, wo man sie gerade braucht. Und ein Navigationsgerät fürs Fahrrad hat der Coesfelder damals noch nicht: „Ich musste nach Norden Richtung Stockholm, aber die Landstraße führte nach Westen.“ Er nimmt also eine Schnellstraße, die nach Norden führt, so wie er sich das wünschte. Nahezu beiläufig erzählt der Tourenfahrer: „Nach einigen Kilometern wurde aus der Schnellstraße eine Autobahn. Kein Autofahrer hat gehupt oder sich aufgeregt. Nur auf den Brücken wurde es eng, die „Radspur“ bzw. die Standspur fehlte aus Platzgründen.“ Er nimmt die erste Abfahrt, radelt nach Stockholm und meldet sich von dort aus bei der Coesfelder Zeitung, um seinen „Sponsoren“ zu Hause einen Zwischenstand zu geben.

Auf der Fähre nach Helsinki kommt ihm seine Lenkertasche abhanden - geklaut: „ Alles Wichtige war weg, Pass, Visa für Russland, Kreditkarten, Bargeld, Kamera und volle Fotofilmrollen. Ich dachte die Fahrt ist jetzt zu Ende. Nach dem ich den Diebstahl beim Kapitän gemeldet hatte, tauchte die Lenkertasche wieder auf, es fehlten „nur“: Bargeld, Fotoapparat, die vollen und leeren Filmrollen.“

Im Regen strampelt er durch Finnland. Engersen sieht´s positiv: „Keine Mücken!“ Die letzte Etappe von Hamina nach St. Petersburg, 268 km, wurde unfreiwillig in einem Rutsch gefahren. Der erste Ort in Russland war Vyborg: „Der Ort war so „dunkel und unfreundlich“, dass ich Angst hatte anzuhalten und fuhr somit zum nächsten Ort auf meiner Landkarte.“ Dieser „Ort“ war aber eine Kaserne, drei Kilometer links und rechts der Straße nur Militär und dann nur Müll: „Gegen 23 Uhr wollte ich mich etwas ausruhen. Ich schob mein Rad in den Birkenwald.“ Dann baute er sich ein kleines „Nachtlager“ aus Birkenzweigen. „Doch ich wurde überfallen – von Tausenden von Mücken.“ Er entschließt sich weiterzufahren: „Gegen 4:00 Uhr war mir die Weiterfahrt verwehrt, die Brücken über die Neva waren für den Schiffsverkehr hoch gezogen.“ Um 6 Uhr steigt er wieder aufs Rad und fährt bis vor die Uniklinik in St. Petersburg.

Dort wird 2003 gerade in Zusammenarbeit mit der Stefan-Morsch-Stiftung eine Station für Leukämiekranke eingerichtet. Man freut, sich über den Gast aus Deutschland. Doch der hatte gerade 268 km hinter sich und war 28 Stunden auf den Beinen: „Als erster konnte ich auf der noch nicht eröffneten Station, ein Bett nutzen, um zu schlafen - für eine Stunde. Emil Morsch rief an und freute sich, dass ich gut angekommen bin.“

Er wechselt von der Station ins Gästezimmer eines der Ärzte, erkundet die Stadt und das Bernsteinzimmer und knüpft neue Kontakte. Das fällt Dieter Engbersen nicht schwer. Er ist so einer. Er zieht los und andere mit: „Die Gattin von Präsident Putin, Ludmilla, konnte ich leider nicht treffen. Die Schirmherrin der dortigen Leukämiehilfe war mit ihrem Mann auf Dienstreise, dafür gab es ein offizielles Gespräch mit Prof. Boris V. Afanasyev, Leiter der Abteilung für Hämatologie, Transfusiologe und Transplantologie. Bei diesem Gespräch hat ein Verwandter von Coesfelder Radsportfreunden, Stefan Seredük, gedolmetscht. Stefan Seredük von der Bank of St. Petersburg ist von der Idee Leukämiekranken zu helfen, so begeistert, dass er seinen Direktor der Bank dazu bewogen hat, die Klinik finanziell zu unterstützen.“

So hat der Coesfelder in St. Petersburg Menschen an einen Tisch gebracht, die eigentlich nur ein paar Kilometer auseinander waren. Dieter Engbersen ist stolz darauf und die Stiftung ist stolz ihn an ihrer Seite zu wissen. Nicht nur weil er sich mit Haut und Haar für die Hilfe für Leukämiekranke einsetzt, sondern weil er auch ein guter Geschichtenerzähler ist: „Auf dem Weg zum Flughafen kam uns Putin mit Frau entgegen - in sieben schwarzen Limousinen mit Motorradpolizei und Blaulicht. Leider einen Tag zu spät, damit wir uns treffen konnten. …“

Aber in Düsseldorf am Flughafen wartet seine Nichte Yvonne: „ Wir haben an dem Abend fast alle Altbiersorten probiert … und dann wollte ich mit dem defekten Rad nach Coesfeld fahren.“ Seine Ex-Frau hat ihn dann abgeholt …

Stefan-Morsch-Stiftung plant einen Tag der Retter in Coesfeld

Jeden Tag sind viele verschiedene Hilfsorganisationen im Einsatz, um uns allen in Notsituationen zu helfen. Diese wichtige Arbeit ist nur möglich, weil es viele Menschen gibt, die sich ehrenamtlich engagieren. Das weiß vor allem auch die Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands älteste Stammzellspenderdatei, die in den fast 30 Jahren ihres Bestehens schon Dutzende Typisierungsaktionen im Raum Coesfeld organisiert und mehr als 20 000 potenzielle Stammzellspender hier gefunden hat. Zusammen mit anderen Hilfsorganisationen plant sie deshalb am Sonntag, 23. August 2015, auf dem Coesfelder Marktplatz einen „Tag der Retter“. Zeitgleich findet im Stephanus-Brauhaus ein Stammzellspender-Treffen statt.

Die Stefan-Morsch-Stiftung bittet um Geldspenden. Warum?

Es gibt im deutschen Gesundheitssystem kaum öffentliche Mittel für die Typisierung von neuen Spendern. Auch die Krankenkassen dürfen nach den geltenden Sozialgesetzen die Kosten der Ersttypisierung von Spendern nicht übernehmen. Die Kassen sind nur für die Vergütung von Leistungen für einen konkreten Patienten zuständig und dazu zählen Ersttypisierungen bei der Neuaufnahme von Spendern nicht. Die Spenderdatei finanziert die Typisierung deshalb überwiegend aus Spenden. Für die Neuaufnahme eines Spenders entstehen der Stefan-Morsch-Stiftung Kosten in Höhe von mehr als 50 Euro.

Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die gemeinnützige Stiftung seit 1986 Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. So werden täglich Stammzell- oder Knochenmarkspender aus der stiftungseigenen Spenderdatei von mehr als 400 000 potentiellen Lebensrettern weltweit vermittelt. Die Stiftung ist Mitglied der Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD).

Bürgerreporter:in:

Annika Zimmer aus Birkenfeld

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