Dienst im Namen der Menschlichkeit

19 Uhr - Einladung zur Einsatzbesprechnung...
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Menschlichkeit

Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, entstanden aus dem Willen, den Verwundeten der Schlachtfelder unterschiedslos Hilfe zu leisten, bemüht sich in ihrer internationalen und nationalen Tätigkeit, menschliches Leiden überall und jederzeit zu verhüten und zu lindern. Sie ist bestrebt, Leben und Gesundheit zu schützen und der Würde des Menschen Achtung zu verschaffen. Sie fördert gegenseitiges Verständnis, Freundschaft, Zusammenarbeit und einen dauerhaften Frieden unter allen Völkern.

Unparteilichkeit

Die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung unterscheidet nicht nach Nationalität, Rasse, Religion, sozialer Stellung oder politischer Überzeugung. Sie ist einzig bemüht, den Menschen nach dem Maß ihrer Not zu helfen und dabei den dringendsten Fällen den Vorrang zu geben.

Tag 1 - Donnerstag, 3. September - Nachmittags, auf der Arbeit

Tag 1...
Erst Voralarm und dann die SMS zur Einsatzbesprechung für die Führungskräfte... Morgen wird eine Unterkunft für Hilfsbedürftige eingerichtet; es wird mit etwa 300 Personen gerechnet.
Samstag bin ich in der ersten Schicht vor Ort - und gespannt auf die persönlichen Eindrücke.

Tag 2... Freitag, 4. September

Gut daß ich mir für heute frei genommen hatte...
Wir wissen kaum wieviele, aus welchen Ländern, welcher Religion, Hautfarbe, Alter, Geschlecht, Gesunde, Kranke, Behinderte, Schwangere, Traumatisierte...
Gerade stellen wir bei uns Zuhause ein paar Säcke mit Kleidern, Spielen und Spielzeug zusammen. Auch die Nachbarn spenden.

Denn Eines wissen wir sicher: Da kommen Menschen die Hilfe brauchen.

Wieviel T-Shirts und Pullover braucht der Mensch?

Tag 2 ... gegen 19 Uhr

Auf das Beste hoffen - mit dem Ärgsten rechnen. Die Kinder werden sich über ein paar Spielsachen und Leckereien bestimmt freuen, und ein paar Bücher (z.T. auf Englisch) sind auch dabei. Zwei Notfallrucksäcke aus der Bereitschaft geholt, Sauerstoff, zwei Handfunkgeräte, Polohemden zum Wechseln für allen Fälle (verschmutzung, Blut, Infektion...), und natürlich die PSA (Persönliche Schutzausrüstung)...
Mundschutz ist hoffentlich vor Ort.

Die Nachbarn und wir haben ad hoc 7 Säcke mit Kleiderspenden zusammengetragen.
Neben der Sanitätsstation in Stärke 1/4, KTW und Fahrdienst werden morgen früh noch mehrere Helfer, darunter meine Frau mit dabeisein um die Hilfsbedürftigen zu begleiten.

Leider waren die Rückmeldungen auch Urlaubs- und Krankheitsbedingt nicht überwältigend, dabei hätten die gegenüber Flüchtlingen eher kritisch eingestellten Menschen die Chance nutzen können sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen..

Um 6:30 wird Dienstbeginn sein; wir haben dann schon eine dreiviertelstunde Anfahrt hinter uns.

Tag 3... Samstag, 5. September

04:45 - die Nacht ist zuende. Duschen, Frühstück - und die Fahrt zum Sammelpunkt.
06:30 - Briefing und Fahrt zur Aufnahmeeinrichtung. Dort geben wir unsere Spenden ab, andere Helfer haben auch gesammelt.
07:30 - Wir bauen auf. Erst ein Behandlungs- und Arztzimmer, ein Materiallager. Froh daß es wenigstens Tische, Stühle und ein paar Regale gab - den "Rest" steuern wir bei. Auch die Steckdosen und Lampen funktionieren - zum Teil.
Briefing durch die Betreiberfirma. Die Zusammenarbeit klappt besser als erwartet; ebenfalls vor Ort Feuerwehr, THW und Polizei.
Es kommen Leute vorbei die spontan Spenden vorbeibringen... darunter auch Kuscheltiere.
Das Gebäude ist verwinkelt; Ortserkundung unerläßlich. Der lange Leerstand ist unübersehbar. Die Kühlräume im Keller sollen verschlossen werden, eine potentielle Todesfalle für neugierige Kinder.
Gegen 8:30 soll der erste Bus ankommen. Er kam gegen 13 Uhr...

10 Uhr... Es werden wohl nicht 300 sondern eher 500 Hilfsbedürftige. Zwei weitere Behandlungszimmer werden erkundet und eingerichtet.
Dann die erste Pause - gegen 11 Uhr. Endlich Kaffee...

Gegen 13:30 der erste Bus - dann der zweite von vieren an diesem Nachmittag. Direkt am Bus die erste Sichtung und Aufnahme von Behandlungsbedürftigen, darunter auch schwangere Frauen.
Gut daß unser San-Bereich mit Männern und Frauen gleichmäßig besetzt ist, das gilt auch für die Ärzte. Auch sie sind ehrenamtlich dort.
Unsere ersten Patienten; es wird offensichtlich daß diese Menschen die letzen Nächte wenig geschlafen und gefroren haben.
Die Kinder erst verängstigt, unsicher. Die schokoladenen "Trostpflaster" und die Kuscheltiere tun das Ihre. Viele Kinder behalten ihre Teddies ja noch als Erwachsene.... "Diesen Teddy hab ich vom Roten Kreuz - damals als wir nach Deutschland kamen..." Was kann schöner sein als diese Erinnerung?
Für wieviele war es die erste warme Mahlzeit seit Tagen?
Improvisation ist gefragt... für ein Kind mit Leibschmerzen hatten wir keine Wärmflasche. Aber eine Infusion im Wasserbad erhitzt tut es auch!

15:00 - Während wir im Sanitätsbereich jetzt weniger zu tun haben sind die Kollegen/innen in der Registrierung total überlastet. Sie leisten den Hauptteil der Arbeit.
Die Menschen warten - geduldig, müde. Aber froh.
Kein Stress, kein Streit, kein böses Wort. Und auch keine Bedrohung von Aussen.

17 Uhr - zwei LKW mit Kleiderspenden kommen an und werden entladen.
Einer aus der DRK-Kleiderkammer, einer mit spontanen Spenden aus der Bevölkerung - er hatte ein paar Stunden an einem zentralen Ort gestanden und war randvoll; ein weiterer ist noch auf dem Weg. Kleider aller Art, Schuhe, Spielzeug bis hin zum Korbballständer.
Die Hilfsbedürftigen packen selbstverständlich mit an beim Entladen.

18 Uhr - die Frühschicht meldet sich ab.
Wir fahren heim - mit Erfahrungen die besser kaum sein könnten, auch wenn die eigenen Schwächen hier und da wieder deutlich wurden.

Wir waren sehr froh dabei gewesen sein zu dürfen...
Was wohl die Kollegen/innen der Spät- und Nachtschicht erleben? Es werden noch Busse mit Menschen erwartet die über Ungarn kamen. Was dort abging konnten wir verfolgen.
Aber dürfen Leute wie Orban entscheiden was aus Europa wird?
Die Menschen die zu uns kamen waren mehrheitlich Syrer - viele junge Männer, Familien. Viele sprachen zumindestens etwas Englisch, sind großteils gut ausgebildet, darunter viele Ingenieure, aber auch Ärzte. Sie möchte selbst auch helfen.

Im "ARD Brennpunkt" sehen wir am Abend auch einen Bericht des BR u.a. über eine Familie die später bei uns ankam.

Der Bericht des ZDF die fast den ganzen Tag bei uns waren sehen wir voraussichtlich am 3.November um 20:15

Bürgerreporter:in:

Edgard Fuß aus Tessin

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