Fahrschule für Flugroboter

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In den letzten Jahren haben Drohnen über den militärischen Bereich hinaus ganz neue Einsatzgebiete erobert. Heute ist die Technik soweit, dass technisch interessierte Handwerker von der Technologie genauso profitieren können wie Marketingabteilungen und Fotojournalisten. Anders als Privatleute braucht man für den kommerziellen Einsatz eine Aufstiegsgenehmigung. Die wiederum erfordert einen Sachkundenachweis, den man zum Beispiel durch den Besuch eines Multikopter Trainings erbringen kann. Wir waren beim Unternehmen U-ROB GmbH zum „Basis Multikopter-Training”.

Rechtlicher Rahmen für Drohnen

Schon seit 11 Jahren beschäftigt sich Unternehmensgründer Joseph Metz mit der Drohnenfotografie. Mit dieser Spezialisierung verbindet der Bielefelder Unternehmer seine Leidenschaften für Technik und Fotografie. Mit den Jahren sind vielfältige Kontakte zu Herstellern, aber auch zu Politik und Behörden entstanden, die die Entwicklung von Seminaren für angehende Drohnennutzer möglich machten. Bis heute ist die Nutzung von Flugrobotern in Deutschland nur teilweise geregelt. So gibt es aktuell keine Verpflichtung zu einem Drohnenführerschein. Während Privatleute weitestgehend unkontrolliert fliegen und lediglich eine Haftpflichtversicherung brauchen, verlangt der Gesetzgeber von professionellen Nutzern für die gleichen Fluggeräte zusätzlich einen Sachkundenachweis. Wie der genau aussieht, ist jedoch bisher nicht abschließend definiert. „Unsere Teilnahmezertifikate sind bisher stets anerkannt worden“, erklärt Joseph Metz, in dessen Schulungen neben einem umfangreichen Theorieteil auch Praxisübungen gemacht werden.

Theorie auf dem Weg zur Sachkunde

Das Seminar beginnt in einer Gewerbehalle im Südosten von Bielefeld. Mitarbeiter Dirk Höxtermann begrüßt die Seminarteilnehmer und steigt gleich ein in die Theorie. Ähnlich der Straßenverkehrsordnung gibt es auch für den Luftraum Regelungen. Anhand von Luftfahrtkarten zeigt der Elektrotechniker den Teilnehmern, worauf man bei der Auswahl eines Startplatzes achten muss. Generell dürfen Privatpersonen im „unkontrollierten Luftraum“ theoretisch bis 2500 Fuß (762 Meter) aufsteigen. Wer immer wieder kommerziell, also auch für Marketing oder Journalismus, unterwegs ist, muss sich jedoch um eine Aufstiegserlaubnis kümmern. Um nicht jedes Mal neu Kosten und Bürokratie zu erzeugen, hilft oft die allgemeine Aufstiegserlaubnis für ein Bundesland, die die maximale Flughöhe jedoch auf 100 Meter limitiert. In der Praxis macht das nicht viel, denn für alle Nutzer gilt, dass man nur so hoch steigen darf, wie man das Fluggerät ohne Hilfsmittel gut sehen kann. Bei den meist nur ein bis fünf Kilogramm schweren Fluggeräten endet die Sicht oft schon deutlich früher. Trotzdem kommt man um den Blick auf eine dafür vorgesehene ICAO-Karte nicht herum, denn rund um Flughäfen und besondere Industrieanlagen können weitere Einschränkungen gelten. Gleiches gilt auch über öffentlichen Verkehrswegen. In geschlossenen Stadtgebieten erwartet das Ordnungsamt eine Vorab-Information bei einer kommerziellen Nutzung. Beachten muss man neben anderen Regelungen wie der Ausweichpflicht gegenüber allen anderen Luftfahrzeugen natürlich auch das Persönlichkeitsrecht von evtl. aufgenommenen Personen.

Tipps für Start und Technik

Nach der Einführung in die rechtlichen Rahmenbedingungen geht Dirk Höxtermann auf die technische Seite des Drohnenstarts ein. Damit für die spätere Rückkehr alles einwandfrei funktioniert empfiehlt er, den Startplatz in einer Größe von mindestens drei mal drei Metern auch als Landezone gut sichtbar abzusperren. Um Ärger zu vermeiden, empfiehlt er eine vorherige Absprache mit dem Grundstückseigentümer. Sichten sollte man zudem den Kp-Wert, mit dem die Funktionsfähigkeit der GPS-Satellitennavigation gemessen werden kann. Nur wenn der Wert unter 4 liegt und wenig Sonnenstürme die Navigation stören, sollte man die Drohne aufsteigen lassen. Im Seminar stehen zum Testen sogenannte Quadrokopter bereit. Dabei handelt es sich um Flugroboter mit vier Antriebs-Rotoren. Für komplexere Anwendungen kann man auch Hexakopter oder Octokopter mit entsprechend mehr Rotoren kaufen. U-ROB setzt im Seminar vorrangig auf Technik des chinesischen Herstellers DJI. Mit den Geräteserien Phantom (ca. 1.000 Euro) und Inspire (ca. 3.500 Euro) hat dieser in den letzten Jahren eine starke Marktposition aufgebaut. Wer einen modernen Quadrokopter mit der richtigen Kamera kauft, kann rund 20 Minuten qualitative Videos oder Fotoaufnahmen machen, die aus der Luft direkt übertragen oder gespeichert werden können. Das nötige Equipment passt in einen handlichen Koffer und ist selbst ohne ausgeprägte technische Begabung leicht zu bedienen. „Unfälle passieren nur, wenn man mehrere Fehler auf einmal macht oder durch Kollisionen“, bestätigt U-ROB-Geschäftsführer Joseph Metz. Falls doch einmal etwas schief geht ist es wichtig, dass man dokumentieren kann, alle Vorgaben erfüllt zu haben. Wie bei großen Flugzeugen enthält der Flugroboter eine Art elektronisches Fahrtenbuch, das Flugzeiten, -orte und –höhen aufzeichnet.

Drohnenstart unter dem Windrad

Das erleben die Seminarteilnehmer später beim praktischen Teil. Mit einem lauten Summton erhebt sich der Quadrokopter vom Boden in die Luft. Zuvor hat Dirk Höxtermann ihn aus dem Transportkoffer genommen und anhand einer Checkliste die Flugfähigkeit geprüft. Das ist wichtig, denn fällt bei dem Gerät nur einer der vier Motoren aus, würde es wie ein Stein zu Boden fallen. Vor dem Startbefehl folgte der Blick in die Umgebung am Boden und in die Luft. Gesteuert wird das Fluggerät über eine Fernbedienung mit zunächst zwei Hebeln. Einer ist für Auf- und Abstieg und die Drehung in der Luft verantwortlich. Der andere sorgt für Schub in die richtige Richtung. Nach den ersten Übungen beherrschen die meisten Teilnehmer den Quadrokopter ziemlich schnell. Schwierig ist es nur, gleichzeitig das Fluggerät in der Luft und die Kameraaufnahmen und Statusinformationen auf einem auf die Fernbedienung aufgesteckten Tablett zu sichten. Wer Vorerfahrung hat und während des Seminars einen Prüfungsflug machen möchte, kann dies im Vorfeld buchen. Unter den wachen Augen des Seminarleiters gilt es dann nicht nur den Start richtig vorzubereiten, sondern auch in der Luft Aufgaben zu erfüllen und später eine gekonnte Landung zu machen. Dabei wird teilweise nicht nur der komfortable GPS-Modus verwendet, bei dem die Drohne sich trotz Wind an Ort und Stelle hält, sondern der kompliziertere Attitude-Modus.

Schritt-für-Schritt-Einführung

Was es damit auf sich hat, haben die Seminarteilnehmer zuvor in der Theorie erfahren. Bei der wurden die verschiedenen Funktionen der Drohnen anhand der mit den DJI-Geräten mitgelieferten Software Schritt für Schritt durchgearbeitet. Dabei erfuhren Einsteiger vom „Return-Home“-Modus, der das Fluggerät bei abnehmender Akkuleistung oder auf Knopfdruck automatisch in die Ladezone zurückbringt und wurden gewarnt, den Quadrokopter möglichst nicht unmittelbar über sich fliegen zu lassen, da dort die Reichweite der Fernbedienung am geringsten ist. Gewarnt wurde auch davor, die Drohnen bei ungeeignetem Wetter oder mit halbvollen Akkus starten zu lassen. Da die meisten professionellen Anwender ihre Drohnen wegen der mit ihnen erstellten Fotos oder Videos starten lassen, nimmt auch dieses Thema breiten Raum im Seminar ein. Tipps zu Einstellungen, Bildformaten und Software zur Nachbearbeitung wurden genauso geboten wir Informationen zur Inspire-Drohne, die mit Hilfe einer zweiten Fernbedienung von zwei Piloten genutzt werden kann. Während der Eine das je nach Windgeschwindigkeit bis zu 60 km/h schnelle Fluggerät steuert, kann der andere ausschließlich die unter dem Rumpf des Quadrokopters angebrachte Kamera steuern und für optimale Bilder sorgen. Das ist zum Beispiel für Seminarteilnehmer Steffen Traut aus Siegen interessant, der die Technologie gemeinsam mit seinem Bruder für Fotoaufträge einsetzen möchte. Genau schaut sich die Technik auch Handwerker Ronald Blattert aus Wiesbaden an. Er möchte mit einer Drohne mit aufgestecktem Propellerschutz die Dächer seiner Kunden vermessen. Interessant sind Quadrokopter auch für viele Privatleute. Eine geplante Urlaubsreise gab für Michael Dreier und seinen Sohn Niclas aus Freiburg den Ausschlag für die Anmeldung beim Drohnen-Seminar in Bielefeld.

Das Resümee

Das Seminar erklärt in gut acht Stunden die wichtigsten Grundlagen, damit beim Kauf und späteren Start nichts schief geht. Größte Hürde ist für viele Anwender der Kaufpreis, denn wer die Technik wirklich nutzen möchte, muss nicht nur das Fluggerät, sondern auch die Kamera bewusst auswählen. Zubehör wie Fernbedienung, Transportkoffer und auch die Schulung machen die Anschaffung zu einer Investition. Bei U-ROB hat man für seine Kunden für verschiedene Zielgruppen Komplettpakete geschnürt. Nach dem Kauf halten sich die Kosten in Grenzen. Ein Akku mit mindestens 100 Lade- und damit Flugzyklen kostet je nach Fluggerät rund 120 Euro. Für 1,20 Euro ist man damit rund 20 Minuten in der Luft. Bisher ist der Drohnenflug eine Männerdomäne – auch in Bielefeld sind 95 % der Kunden Männer. Doch inzwischen wagen sich auch Frauen an die Thematik heran – ob als Gartendesignerin, Journalistin oder Marketingexpertin. Wer zunächst einmal schnuppern möchte, ist beim Seminar genauso richtig wie der Fortgeschrittene, der seine Fachfragen stellen möchte. Künftig ist U-ROB mit den Schulungen zu Luftrecht, Meteorologie, Aerodynamik, Fluggeräten und Betriebsabläufen nicht mehr nur in Ostwestfalen, sondern an Standorten überall in Deutschland aktiv. Standorte in den Regionen Braunschweig, Bremen, Dresden, Gotha, Hagen, Hamburg, Mannheim und München werden im März 2016 eröffnet.

Bürgerreporter:in:

Christian Kolb aus Essen

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