"ALPENRAND IN RÖMERHAND"

Römische Legionärstruppe am Alpenrand
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- Ein Museum an sieben Orten.

Unter diesem Motto hatte am 13.04.2013 die Projektgruppe im Namen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, und die Kommission zur vergleichenden Archäologie römischer Alpen- und Donauländer der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu einem öffentlichen Kolloquium nach Bernbeuren eingeladen. Anlass war die 2000Jahr-Feier der Gründung der ältesten römischen Siedlung auf dem Auerberg im Jahre 12/13n.Chr. Zu diesem Zeitpunkt begann wissenschaftlich nachweisbar der Beginn erster römischer Bautätigkeit auf diesem Voralpenplateau - dem Auerberg (Gemeinde Bernbeuren). Im Rahmen einer Zusammenarbeit von sieben Römerstätten rund um den Auerberg, wurde dieses Vernetzungsprojekt 2013 durch das EU-Förderprogramm LEADER unterstützt. Hauptziel dieses Projektes ist eine „vernetzte“ Präsentation der bisher einzeln auftretenden Römerstätten, die die römische Geschichte in dieser Region von der frühen Kaiserzeit bis zum Untergang des „Imperium Romanum“ im 5.Jhdt aufzeigen. In diesem Projekt sind 7 Ostallgäu-Gemeinden und deren Aktionsgruppen aus Bernbeuren, Peiting, Kohlhunden, Schwangau, Altenstadt und Schongau, sowie ergänzend der Ortschaft Epfach (LKr.-Landsberg/Lech) mit integriert.

Zu besagten Event kamen ca. 350 Besucher in den Festsaal der „Auerberghalle“ in Bernbeuren, die der Schirmherr – Bgm. Heimo Schmid (Bernbeuren) zu Beginn der Veranstaltung begrüßen konnte. Organisiert und eingeladen dazu hatte die „Interessengemeinschaft Auerberg“, vertreten durch Frau Barbara Zach, Herrn Peter Ernst und Helmut Gehlert ( Auerbergmuseum).

Nach den Begrüßungsworten durch Prof. Dr. C. Sebastian Sommer (Ltr. Abteilung Bodendenkmalpflege) des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, der eingehende Worte zum Anlass dieses Kolloquiums fand, sowie der Grußworte durch Bgm. Schmid, hatten eine Reihe von wissenschaftlichen Referenten von 10:30 – 18:00, diverse Vorträge zu diesem Thema. In jeweils 20minütigemTurnus konnten neueste Forschungsergebnisse und Erkenntnisse dem breitgefächerten Publikum vorgestellt werden.
Mit dem Einführungsthema „Die Römer auf dem Auerberg“ brachte Dr. G. Weber vom Archäologischen Park Kempten (APC) die Zuhörer zuerst über römische Bauweise (Pfostenbauhütten) in anschaulicher digitaler Darstellungsform aufgrund der bislang aufgefundenen Grabungsergebnissen nahe. Anzumerken ist hierbei die 15 v.Chr. begonnene römische Eroberung des Alpenraumes durch den Feldherrn „Drusus“, sowie „Tiberius“ - dem späteren röm. Kaiser (14-37n.Chr.) die in weiterer Folge zur Gründung einer römischen Befestigung im Frühjahr 13v.Chr. führte. Dendrologische Untersuchungsergebnisse von Holzfragmenten der entstehenden Militär- und Handwerkersiedlung aus diesen Zeitraum, wurden vom nachfolgenden Referenten - F. Herzig dargestellt. Nach einer kleinen Kaffeepause, referierten In weiterer Folge zum Thema „Auerberg - Chronologie und Importe“ – Herr Dr. B. Ziegaus vom Archäolog. Staatssammlung in München, über römische Münzfunde vom Auerberg und deren Gliederung. Frau Dr. A. Rottloff vermittelte den Zuhörern Untersuchungsergebnisse an aufgefundenen Glasfragmenten, Terra-Sigillata, Tassen und Schminktiegeln und deren praktische Verwendung im Originalzustand an restaurierten Beispielen. Darauf folgend brachte Dr. Chr. Flügel über „Auerbergtöpfe“ – Hammelgulasch für Roms Soldaten, damalige Fleischkonservierungsmethoden für Transporte und deren weitere Verwendung den Zuhörern näher.

Zum Abschluss des Vormittagsprogrammes, wurde der langjährige Grabungsleiter am Auerberg seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, Herr Prof. em. Dr. Günter Ulbert, für sein Schaffenswerk im Dienste der wissenschaftlichen Archäologie von ehemalige Schülern und Nachfolgern des Grabungsprojektes geehrt.

In der Mittagspause hatten dann die Besucher neben einer schnellen Menüküche auch die Gelegenheit, sich an dem ausgestellten Bücher-Informationsmaterial zu informieren, sowie an kleinen „römischen Erfrischungen (Honigwein) und Wurst-Probe-Häppchen, dargeboten durch den Museumsverein aus Kohlhunden, zu laben.

Aufbauend auf diese kulinarischen Gelegenheit, referierten nach der Mittagspause - Prof. Dr. J. Peters und Frau B. Zach über die frühzeitlichen Tierwelt des Auerberges, und der „Speisekarte aus der Latrine“. Anschließend brachte Frau Dr. Maike Sieler vom Archäolog. Park Xanten (APX) Ausführungen über Terra Sigillata, dem röm. Essgeschirr aufgrund Funden in Kempten (Cambodunum) den Zuhörern nahe. Über Handel und Wandel – Lieferungen mediterraner Nahrungsmittel und deren wirtschaftliche Verteilung mittels Amphoren ins nördliche Raetien während der frühen Kaiserzeit, referierte danach Dr. Fl. Schimmer.

Nach der nachmittäglichen Kaffeepause brachte den Zuhörern - Dr. W. Zanier – die Okupation in der 1. Phase durch die Eroberung des Alpenrandes, als auch der darauffolgenden 2. Phase der zivilen Besiedelung in Kooperation mit der anwesenden Bevölkerung durch die römischen Truppen nahe. Über das nahegelegene Brigantium (Bregenz) informierte Dr. K. Oberhofer/Prof. Dr. G. Grabherr. Neue Forschungsergebnisse über die frühe Besiedlung Augsburgs vorerst mit dem Militärlager (Augsburg-Oberhausen), als auch später im Augsburger Stadtzentrum durch die Legion Secunda II, trug Dr. E. Deschler-Erb vor. Anhand aufgefundener Werkzeuge, Waffen, Fibeln und Keramiken konnte diese Station als „gemischte Militärbasis“ mit Nachschublager (Pioniere) identifiziert werden. Der Stadtarchäologe von Augsburg - Dr. S. Gairhos zeigte die Entwicklungsphasen vom ausgehenden Militärlager zur späteren zivilen Ansiedlung in den ersten 50-70 Jahren der frühkaiserlichen Zeitepoche auf. Abschließend wurde über die Romanisierung der umliegenden Lokalbevölkerung durch Dr. B. Steidl (Archäolog. Staatssammlung München) berichtet, sowie Fragen zur Funktion des Auerbergs in der Provinz Raetien durch Prof. Dr. M. Mackensen) aufgeworfen.

Zum Abschluss der Referate bot sich die Gelegenheit anhand einer Schlussdiskussion durch Prof. Dr. B. Sommer bis 18:30 auf einzelne aufgeworfene Fragen zu den vorherigen Themen, die auf reges Interesse stiess. Auch eine kurze heftig aufgeworfene Thematik, ob der Auerberg mit dem von Strabon (griech.-röm. Berichterstatter), erwähnten keltischen Ort „Damasia“ identisch sei, konnte aber nicht wissenschaftlich belegt werden, da bislang keine keltischen Funde auf diesem Berg ausgegraben wurden. Interessant jedoch war der Tatbestand, dass die römische Station auf dem Auerberg, nur während einer kurzen Zeitperiode von ca. 40 Jahren erfolgte, und danach wieder aufgegeben wurde. Alles in allem konnten die Besucher dieser Veranstaltung sich über viele interessante Neuigkeiten informieren.

Den abendlichen Rahmen ab 20:00 konnte danach für einige weiterhin Interessierte Zuhörer ein ausführliches Referat durch Martin Wölzmüller zum Thema Auerberg – 2000 Jahre danach – Rundblick und Ausblick, abgerundet werden. Es ist den Initiatoren dieser Veranstaltung zu wünschen, dass sich durch diesen „historischen“ Auftakt die Zusammenarbeit der verschiedenen Römerstätten weiterhin verbindet, und viele Besucher und auch Touristen sich über diesen historischen Zeitraum, der frühen kulturellen Entwicklung des Alpenvorlandes und seiner daraus entstehenden Kulturvölker ein ausführliches Bild verschaffen können !

Gez. Alfred Platschka
(webmaster: Lechrain-geschichte.de)

Weiterführende Weblinks:

Römersiedlung am Auerberg

Auerberg Museum im Kiebelehaus/Bernbeuren

Interessengemeinschaft Auerberg

Via damasia - Römersiedlung am Auerberg

Lechrain Geschichte

Literaturmaterial:

Ulbert, Günter, Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 45: Der Auerberg I
Topographie, Forschungsgeschichte und Wallgrabungen. 1994. 246 S.: In Leinen
C.H.BECK ISBN 978-3-406-37500-2

L. Bakker, Augusta Vindelicum. Augsburgs Weg vom römischen Garnisonsort zur Hauptstadt Raetiens. In: Die Römer zwischen Alpen und Nordmeer (Mainz 2000) 88-94.
W. Czysz/K. Dietz/H.-J. Kellner/Th. Fischer, Die Römer in Bayern (Stuttgart1995).
Ch. Ertel, Landschaftsbezogenes Bauen in Brigantium. Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 134, 1990, 63-86.
P. Gleischer, Topographisches zum antiken Brigantium. Montfort 37, 1985, 283-290.
G. Gottli HiO_Reg_AGS Augsburg_Stadt.html eb (Hrsg.), Geschichte der Stadt Augsburg. 2000 Jahre von der Römerzeit bis zur Gegenwart (Stuttgart2 1985).

Bürgerreporter:in:

Alfred Platschka aus Igling

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