So erinnerte sich der in der DDR aufgewachsene „Jungpionier“

Herr Hartmut Richter führt eine friedliche Revolution um  Aufklärung der DDR Verbrechen
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  • Herr Hartmut Richter führt eine friedliche Revolution um Aufklärung der DDR Verbrechen
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Nach einem sehr interessanten Rundgang durch das Haus 1 des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Lichtenberg, hörte man nun bei einem Glas kühlen Wassers eine Biographie des einstigen „begeisterten Jungpionier“, die unbegreiflich ist. Eine Stunde führte der 65 Jährige die Besucher nun durch sein turbulentes Leben.
So erinnerte sich der in der DDR aufgewachsene „Jungpionier“ daran, wie seine positive Einstellung sich schlagartig änderte. Er sollte nämlich seine Mitschüler dem sogenannten Pionierleiter verraten, ob diese Westfernseher schauten. Richter muckte erstmals auf und weigerte sich. Ebenso weigerte er sich der kommunistischen Jugendorganisation FDJ beizutreten. Mit 13 Jahren musste er den Mauerbau an der Bernauer Straße mit ansehen. Von dort war er öfters zu seiner Cousine in den West-Berliner Bezirk gereist. Nun war dies vorbei, aber nicht sein Freiheitsdrang.
Bei seinem ersten Fluchtversuch 1966 wurde Richter in einem Zug von der Tschechoslowakei nach Österreich vor der österreichischen Grenze mit einer Landkarte aufgegriffen, in die er mit dem Fingernagel seinen geplanten Fluchtweg eingeritzt hatte.
Er wurde für fast ein halbes Jahr wegen „Passvergehens“ in das Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit in Potsdam gebracht und zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Er darf seinen Eltern einen Brief schreiben und täuschte Reue vor, wissend, dass dieser vorher gelesen wurde.
Schon bald unternahm Richter einen zweiten Fluchtversuch. Diesmal durchschwamm er, trotz Bewachung der Grenzgruppe, einen Kanal nach Berlin-West. Dieses Abenteuer in der er meist tauchte, dauerte ganze vier Stunden.

Nach dieser erfolgreichen Flucht fuhr Hartmut Richter für einige Jahre zur See und lebte in Hamburg. Auf Grund einer Amnestie in den 70er Jahren wurde er Westbürger und konnte nun ohne rechtliche Folgen in die DDR reisen. Darin entdeckte er nun die Möglichkeit, seinen Freunden und Bekannten in der DDR zu helfen. Er durften auf den Transitstrecken von und nach West-Berlin als Bundesbürger nur noch bei einem „begründeten Verdacht“ kontrolliert werden. Diese Regelung nutzte er aus und verhalf in den folgenden drei Jahren 33 Menschen in seinem Kofferraum versteckt, die Flucht nach West-Berlin.
Er wusste jedoch nicht, dass er schon ein Verdächtiger war. Als er seine Schwester und deren Freund 1975 im Kofferraum hatte, wurde er am Grenzübergang kontrolliert und alle drei verhaftet. Auch diesmal kam der damals 28 Jährige ins Untersuchungsgefängnis Potsdam. Wegen staatsfeindlichem Menschenhandel in 18 nachgewiesenen Fällen wurde er in einem Schauprozess zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt.

Fünfeinhalb Jahren später wurde er in den Westen durch Freikauf entlassen, blieb jedoch ein gefährlicher Staatsfeind.
Nach dem Mauerfall konnte er seine 50cm hohe Stasiakte einsehen, und weiß nun, dass seine „physische Vernichtung“ geplant war. Heute kämpft er weiter in einer friedlichen Revolution um die Aufklärung der Verbrechen in der DDR

Bürgerreporter:in:

Christl Fischer aus Friedberg

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